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Rautenkranz – Ravenna
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Rautengrube'
ten Hirnhöhle, an dessen hinterm Ende das sog. Atmungscentrum oder der Lebensknoten (s. d.) liegt.
Rautenkranz, in der Heraldik ein an der obern Seite mit Blättern besetzter grüner Schrägbalken, der unter anderm im Wappen von Sachsen und
Anhalt vorkommt und dessen Ursprung sehr verschieden erklärt wird. Nach dem Fürsten F. K. von Hohenlohe-Waldenburg («Der sächsische R.», Stuttg. 1863) ist der R.
lediglich ein heraldisch stilisierter grüner Laubkranz, wobei unter dem Laube das Laub der Raute (lat. ruta) zu verstehen sein
dürfte. Diese gleichzeitig den Namen erläuternde Ansicht ist neuerdings die herrschende geworden.
Rautenkrone, Orden der, königlich sächs. Hausorden, von Friedrich August I. 20. Juli 1807 gestiftet,
hat nur eine Klasse und wird nur an Fürsten und höchste Staatsbeamte verliehen. Das Ordenszeichen ist ein achtspitziges hellgraues Kreuz, durch dessen Winkel sich
eine goldene R. schlingt und dessen silbernes Mittelschild die Buchstaben F. A. mit der Königskrone inmitten eines Rautenkranzes, auf der Rückseite die
Ordensdevise «Providentiae memor» zeigt; es wird an einem grasgrünen Bande von der rechten Schulter zur linken Hüfte getragen;
dazu auf der Brust ein achteckiger silberner Stern. (S. Tafel: Die wichtigsten Orden II, Fig. 5.)
Rautenöl, ein ätherisches Öl, welches durch Destillation der Gartenraute, Ruta graveolens
L., gewonnen wird und vornehmlich aus Methylnonylketon,
CH3·CO·C9C19, besteht.
Rautenstein, ein Edelstein, besonders ein Diamant, dessen Schliffform die Raute (s. Edelsteinschleiferei,
Bd. 5, S. 710a) ist.
Ravage (frz., spr. -wahsch’), Verheerung.
Ravaillac (spr. -wajáck), François, der Mörder Heinrichs IV. von Frankreich, geb. um 1578 zu Angoulême, diente
als Schreiber mehrern Rechtsgelehrten und ließ sich endlich als Schulmeister in seinem Geburtsorte nieder. Auf einer Reise nach Paris trat er auf kurze Zeit in den
Orden der Feuillants. Er ging dann nach Angoulême zurück, geriet hier in Not und gewöhnte sich über den zelotischen Hetzpredigten, die in Heinrich IV., seit der
Erneuerung seines Gegensatzes zu Spanien, den Feind des Katholicismus verdammten, an den Gedanken, die jesuitische Lehre des Tyrannenmordes an diesem Abtrünnigen
zu bewähren. Er reiste zu dem Zweck mehrmals nach Paris und erhielt endlich 14. Mai 1610 Gelegenheit, dem König, dessen Wagen in einer engen Straße hielt, ein
Messer zweimal in die Seite zu stoßen, worauf der König sofort verschied. Der Mörder wurde 27. Mai auf dem Grèveplatze von Pferden zerrissen. Einige schoben die
Schuld auf die Königin Maria von Medici und deren Vertrauten Concini, andere auf den Herzog von Epernon und die Marquise von Verneuil; die meisten aber schrieben
das Attentat dem span. Hofe zu, dem es zumeist zu gute kam und der sich der Jesuiten als Werkzeug bedient haben sollte. Nach allen Anzeichen hat R. jedoch keine
unmittelbaren Mitschuldigen gehabt. – Vgl. Poirson, Histoire de Henri IV, Bd. 4 (3. Aufl., Par. 1866); Philippson, Heinrich IV.
und Philipp III., Bd. 3 (Berl. 1876); Loiseleur, R. et ses complices (Par. 1873).
Ravanūsa, Stadt auf Sicilien, Provinz und Kreis Girgenti, westlich vom Salso, hat (1881) 8481 E. und Handel mit Öl,
Mandeln und Pistazien. ↔
Ravelin (frz., spr. raw’läng), das wichtigste Außenwerk der bastionierten Befestigungsmanier (s.
Bastionierter Grundriß), in der Regel fleschen- oder lünettenförmig, ursprünglich auch halbrund (Halbmond)
erbaut. In den ältesten Befestigungen diente das R. zunächst gewissermaßen als Brückenkopf zur Sicherung eines aus dem Innern des Platzes über den Hauptgraben
führenden Hauptwegs, somit zu Ausfallzwecken. Mit der Zeit wurde der R. vergrößert und weiter über die Polygonseite vorgeschoben, auch gab man ihm ein Reduit.
Dieses hatte anfangs nur die Form eines gemauerten Tambours; an seine Stelle trat später ein fleschen- oder lünettenförmiges Erdwerk, schließlich ein
bombensicherer Hohlraum. Auch in der polygonalen Befestigungsmanier findet man das R. wieder unter dem Namen
vorgeschobenes Bastion oder Kaponnierendeckwerk.
Ravenna. 1) Provinz im Königreich Italien, in der Landschaft Emilia, grenzt im N. an die Provinz
Ferrara, im O. an das Adriatische Meer, im S. an Forlì und Florenz und im W. an Bologna, hat 1922 (nach Strelbitskij 2134) qkm mit (1881) 218359 E. (unter
Nichtanrechnung von 3 Gemeinden, die jetzt zur Provinz Bologna gehören), nach Berechnung vom 31. Dez. 1892: 223478 E., d.i. 121 E. auf 1 qkm, und zerfällt in
die 3 Kreise Faenza, Lugo und R. mit zusammen 18 Gemeinden. Die Provinz ist bis auf den südwestl. Teil, den die Ausläufer des Apennin durchziehen, eben und
fruchtbar, zum Teil jedoch sumpfig und längs der Küste, die durch die Anschwemmungen des Po im Lauf der Zeit weit in das Meer hinausgerückt ist, mit Dünen
besetzt, auf denen sich einst meilenweit der größte und berühmteste Pinienwald (la Pineta) Italiens hinzog, der den Flotten
der Römer und Venetianer das Bauholz lieferte, jetzt aber zum größten Teil vernichtet ist. Das Klima an der Küste ist ungesund. Die Sümpfe sind durch
Kanalisation sowie durch Anbau bedeutend vermindert. Hauptflüsse sind der Po di Primaro mit Santerno und Senio, Lamone, Montone, Ronco (diese beiden als Fiumi
Uniti vereinigt), Bevano und Savio. Der Kanal Naviglio Zanelli führt von Faenza zum Po di Primaro, der Canale Corsini von der Hauptstadt R. zum Meere (Porto
Corsini). Das Land liefert Weizen, Mais, Bohnen, Reis, Hanf, Kastanien, Wein und Olivenöl, ferner Holz, Seide und Seesalz, Fische und Vieh; die Industrie,
deren Hauptsitz Faenza ist, erstreckt sich auf Fabrikation von Papier, Seide, Leinen- und Baumwollwaren, Fayence, Glas und Leder. Die Provinz wird von den
Eisenbahnlinien Ferrara-Rimini und Bologna-Rimini, die durch Zweigbahnen verbunden sind, sowie Faenza-Florenz durchschnitten. –
2) Hauptstadt der Provinz R., ursprünglich Seehafen, jetzt 10 km vom Meere entfernt und mit demselben durch den 1737
angelegten Canale Corsini verbunden, liegt in den sumpfigen Niederungen zwischen den Flüssen Lamone und Fiumi Uniti, an den Linien Ferrara-Rimini und
Castel Bolognese-R. (42 km) des Adriatischen Netzes, mit Straßenbahn nach Forlì, und ist Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs (seit 493) sowie der
Infanteriebrigade «Toscana». Die Stadt hat (1881) 34270, als Gemeinde 60573, nach Berechnung vom 31. Dez. 1893: 66239 E., in Garnison das 77. und 78.
Infanterieregiment und 1 Eskadron des 23. Kavallerieregiments «Umberto I», zahlreiche Kirchen und Klöster, teilweise aus den
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 650.