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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Richter (Ernst Friedr. Eduard) - Richter (Hans)
Richter, Ernst Fricdr. Eduard, Komponist und
Musiktheoretikcr, geb. 24. Okt. 1808 zu Großschönau
bei Zittau, studierte in Leipzig Theologie und wid-
mete sich später daselbst unter Wcinlig und Men-
delssohn musikalischen Studien. Vei Begründung
des Konservatoriums (1843) wurde er Lehrer der
Komposition, 1852 Organist an der Pcterskirche,
später an der Nikolaikirche. 1868 bis zu seinem
9. April 1879 erfolgten Tode war er Kantor an
der Thomasschule und Musikdirektor an den Haupt-
kirchen Leipzigs. N.s Kompositionen gehören fast
alle dem Gebiet der geistlichen Musik an (Psalmen,
Motetten und Kirchenlieder teils nut Orchester, teils
für Chöre, ferner eine große Messe und ein Orato-
rium, "Christus der Erlöser"), haben sich aber wenig
verbreitet. Mehr Beifall fanden seine theoretischen
Arbeiten "Lehrbuch der Harmonie" (19. Aufl., Lpz.
1892), "Lehrbuch des einfachen und doppelten
Kontrapunkts" (8. Aufl., ebd. 1893; Supplement,
bearbeitet von Alfred Nichter, ebd. 1884), "Lehr-
buch der Fuge" (5. Aufl., ebd. 1886).
Nichter, Eugen, freisinniger Politiker, geb.
30. Juli 1838 zu Düsfeldorf, studierte 1856 - 59
Jurisprudenz und ^taatswisscnschaften zu Bonn,
Heidelberg und Berlin, trat dann ins Verwaltungs-
fach ein und war Ncgierungsrcferendar zu Düsseldorf.
1864, nach seiner Ernennung zum Assessor, wurde er
von Neuwied zum Bürgermeister gewählt, von der
Regierung jedoch nicht bestätigt, und trat, weil er
gegen seinen Wunsch der Vrombcrger Negierung
überwiesen wurde, Ende 1864 aus dem Staatsdienst,
um sich in Berlin vollständig der publizistischen und
parlamentarischen Thätigkeit zu widmen. Die letz-
tere begann er als Vertreter des Kreises Nord-
hausen "1867 im Konstituierenden Norddeutschen
Neichstage; 1871 wurde er von Schwarzburg-Nudol-
stadt und 1874 vom Kreise Hagen in den Deut-
schen Reichstag gewählt, dem er seitdem ununter-
brochen angehört. Auch im preusi. Abgeordneten-
Hause, in das er zuerst 1869 gewählt wurde, vertrat
er seit )870 den Wahlkreis Hagen (nur 1879 - 82
Berlin IV); 1893 aber unterlag er dort, wurde aber
in Berlin II gewählt. Als Mitglied der Fortschritts-
partei gelangte N. bald zu größcrm Einfluß, sowohl
durch seine parlamentarische Wirksamkeit, wie durch
hervorragende Teilnahme an der polit. Agitation
in Reden und Broschüren. 1882 begründete er die
bis 1890 erschienene Wochenschrift "Der Neichs- !
freund", 1885 die "Freisinnige Zeitung", die er noch
jetzt leitet. Seit der Fusion der Fortschrittspartei
mit der Liberalen Vereinigung zur Deutschfreisinni-
gen Partei (1884) war er Vorsitzender des engern
geschajtsführenden Ausfchusscs dieser Partei. Ver-
möge seiner ausgezeichneten rednerischen Gewandt-
heit und Schlagfertigkcit und seiner umfassenden
Kennwisse auf finanzpolit. Gebiete hat N. jahre-
lang bei den Etatsberatungcn im Reichstag wie im
Abgeordnetenhause eine wichtige Rolle gespielt. Der
Umkehr des Fürsten Vismarck in der Wirtschafts-
politik seit 1878 trat R. auf allen Gebieten entschieden
entgegen. Nicht minder bekämpfte er die Vermeh-
rung der indirekten Steuern, die Kolonialpolitik!
und die Begründung der Neichsvcrsicherungsanstal- ^
ten. Seit 1872 hat R. im Reichstag sämtlichen
Militärkommissionen angehört und ist in den Mili-
tärdebatten stets gegen längere Festsetzung der Frie-
denspräsenzstärke eingetreten. Als Mai 1893 ein
Teil der freisinnigen Abgeordneten für die Militär-
vorlage stimmte, erklärte auf N.s Antrag die Mehr-
heit der Fraktion dies für unvereinbar mit der Ge-
samthaltung der Partei. Dies gab Anlaß zu einer
Trennung, wobei die Mehrheit sich als Freisinnige
Volkspartci unter Führung R.s konstituierte, wäh-
rend sich die Minderheit als Freisinnige Vereinigung
bezeichnete. Von größeren publizistischen Schriften
N.s sind zu nennen: "Die Konsumvereine. Ein Not-
und Hilfsbuch für deren Gründung und Einrichtung"
(Berl. 1867), "Das preuß. Etaatsschuldenwesen und
die preuß. Staatspapiere" (Bresl. 1869), "Die Irr-
lebren der Socialdemokratie" (ebd. 1890), "Polit.
AVC-Vuch" (7. Jahrg., Verl. 1892); ferner "Iugend-
erinnerungen" (ebd. 1892) und "Im alten Neichs-
tage. Erinnerungen" (ebd. 1894).
Richter, Gustav, Maler, geb. 31. Aug. 1823 zu
Berlin, besuchte die Berliner Akademie und das
Atelier von Holbein, später in Paris 1844-46 das
von Löon Cogniet, und ließ sich dann in Berlin
nieder. Er besuchte Nom, dann wiederholt Frank-
reich und Italien, 1861 Ägypten, 1873 die Krim.
Zu seinen hervorragendsten Werken gehört: Die
Erweckung der Tochter des Iairus (1856; National-
galeric in Berlin) und das nach seiner Orientreise
gemalte Bild: Bau der ägypt.Pyramiden (1859-73;
Marimilianeum in München). Sein Hauptgebiet
wurde, nachdem er mit drei Brustbildern: Ägypterin,
Odaliskc, Neapolitanischer Fischerknabe, eine un-
gewöhnliche Popularität errungen, immer entschie-
dener das Porträt. Hervorzuheben sind in diesem
Gebiete: Maler Hoguet (1862), Maler Ed. Hilde-
brandt (1865; städtisches Museum zu Danzig), Sul-
tan Abo ul-Asis Chan (1867), der Gesandte Ari-
starchi Bei (1869), Fürstin Carolath (1872), Großfürst
Wladimir (1873; Schloß zu Schwerin), Evviva!
Selbstbildnis mit seinem nackten Kind (1873),
Mutterglück, Gattin des Künstlers mit einem Kind
auf dem Anne, Gräfin Karolyi (1878), Königin Luise
(1879; Museum zu Köln), Gräfin Dönhof (1882),
General Graf von Vlumenthal (1883; Berliner Na-
tionalgalerie). R. war Mitglied der Akademien zu
Berlin, Wien und München. Er starb 3. April 1884
in Berlin. Ein G. Nichtcr-Album (21 Photographien
in Folioformat) und ein Porträtalbum von ihm
(26 Pbotograpbien) publizierte die Photographische
Gesellschaft in Berlin.
Richter, Hans, MusikdirigMt, geb. 4. April
1843 zu Naab in Ungarn als ^ohn des dortigen
Domkapellmeisters, erhielt von diesem den ersten
Musikunterricht und trat 1854 als Chorknabe in die
Wiener Hofkapelle. Als Chorknabe besuchte er das
Gymnasium der Piaristen. Hierauf bildete er sich
1860-65 im Wiener Konservatorium für Kompo-
sition und das Waldhorn aus und wurde Mitglied
des in Wien. 1866-67
lebte er in Triebschen bei Luzern im intimen Verkehr
mit Richard Wagner, der ihm die Kopierung der
Partitur der "Meistersinger" übertragen hatte. Von
Wagner empfohlen, kam er 1868 als Chordirigent
an das Hoftheater zu München, wurde in dem-
selben Jahre zum königl. Musikdirektor ernannt,
ging 1869 nach Paris und Brüssel, wo er 1870 den
"Lohcngrin" erstmals einstudiert hat, und begab sich
dann wieder zu Wagner nach Triebschen, um die
Kopierung der Partitur des "Nibelungenrings"
auszusühren. Er war 1871-75 Kapellmeister und
Direktor der Oper am Nationaltheatcr zu Budapest
und wurde dann erster Kapellmeister am Hofopern-
theater in Wien. N. dirigierte 1876 den "Ning des
Nibelungen" in Vayreuth und 1877 mit Wagner