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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rohrbach (in Rußland) - Röhren
Rohrbach, deutsche Kolonie im Kreis Odessa
des russ. Gouvernements Cherson, an der Straße
von Nikolajew nach Wosnessensk, gegründet 1809
von schwäb. Bauern, hat 2485 luth.'E.
Rohrbeckscher Desinfektor, ein Dampfdes-
infektionsapparat, der aus einem eisernen Doppcl-
cylinder besteht, dessen offene Endsciten durch eiserne
Thüren luftdicht verschlossen werden können. Bei
dem Apparat kommt ein neues Princip, das sog.
Druckdifferenzversahren, zur Anwendung. Nachdem
das Desinfektionsgut eine Zeit lang dem Dampfe
ausgesetzt gewesen ist, wird dieser durch eine zwi-
schen den beiden Cylindern angebrachte Kühlvor-
richtung vorübergehend kondensiert, wobei ein Teil
der bei der Kondensicrung des Dampfes frei wer-
denden latenten Wärme an die im Apparat befind-
lichen Gegenstände abgegeben wird, außerdem aber
durch die bei der Kondensation des Dampfes ent-
stehende Luftverdünnung die im Desinfektionsgute
etwa noch enthaltene Luft zum Austritt veranlaßt
wird. Mittels der vorübergehenden Kondensation
der Wasserdämpfe wird erreicht, daß einmal der
Wasserdampf vollständig gesättigt wird, dann die
zu desinfizierenden Objekte luftfrei und deshalb von
dem Dampf vollkommen durchdrungen werden und
endlich eine konstante Temperatur, wie sie zur ge-
hörigen Desinfektion erforderlich ist, im Apparat
herrscht. Durch den N. D. wird eine genügende
Desinfektion leicht bewerkstelligt. Die Apparate
werden in verschiedenen Größen und Formen (lie-
gende, stehende Cylinder) hergestellt.
Der R. D. findet auch Verwendung in den Schlacht-
häusern zum Abkochen des Fleisches kranker Tiere,
das im gekochten Zustand noch in den Freibanken
verkaust werden darf. Mittels desselben gelingt es,
selbst größere Fleisch stücke sicher vollständig durch-
zukochen, so daß auch die centralen Teile die Tempe-
ratur von 100" 0. annehmen und alle in dem Fleisch
etwa enthaltenen Infektionserreger oder Parasiten
abgetötet werden. Endlich hat sich der N. D. auch
bewährt zur Vernichtung von Tierkadavern oder
tierischen Abfällen. - Vgl. Ostertag, Handbuch der
Fleischbeschau (2. Aufl., Stuttg. 1895).
Rohrblatt, der wesentlichste Bestandteil des
Mundstücks von gewissen Holzblasinstrumenten,
bestehend aus einem oder zwei Vlättchen von Rohr,
die man beim Blasen der Instrumente in den Mund
nimmt und durch den Atem zum Erzittern bringt.
Einfaches N. hat die Klarinette, doppeltes die Oboe
und das Fagott. (S. auch Vlasinstrumente.)
Nohrbrunnen, s. Wasserversorgung.
Rohrdommeln (Lowni-ug), eine Gattung aus
der Familie der Reiher (s. d.). Es sind nächtliche
Vögel mit erstaunlich starker Stimme. Sie haben
einen etwas kürzern und dickern Hals als die eigent-
lichen Reiher, der seitlich mit großen langen und
breiten, vorn übereinander zu liegenden Federn,
hinten aber nur mit Flaum bekleidet ist, etwas kür-
zern Schnabel, niedrigere Beine und fast bis zum
Fersengelenk befiederte Unterschenkel. Zu ihnen ge-
hört die große oder gemeine Rohrdommel
(LotÄuruä 8t6iiHri3 FteM., s. Tafel: Stelzvögel
III, Fig. 3), die das gemäßigte Europa und Asien
bewohnt. Sie hält sich in großen Mooren, an den
Ufern der Landseen und in den mit hohem Schilf-
rohre bedeckten Sümpfen auf, ist gegen 90 cm lang,
obenher rostgelb mit schwarzen Querflecken, unter-
seits blässer und schwarz geflammt, von den Mund-
winkeln verläuft ein schwarzbrauner Streifen nach
den Seiten des Halses. Ihr lautes Geschrei ist fer-
nem Ochsengebrüll ähnlich. Die ebenfalls inDeutfch-
land vorkommende kleine Rohrdommel (Lotkw-
rüg minutuZ ^.) ist nur 40 cm lang. Beide Arten
zeichnen sich durch die seltsamen Otellungen aus,
worin sie stundenlang beharren. Sie nähren sich
von Fischen, Fröschen und andern Wassertieren.
Röhre, Werkzeug, s. Drchmeißel.
Röhre,Eustachische,s.Gehör(Bd.7,S.689d).
Rohren, Pferdekrankheit, f. Pfeiferdampf.
Röhren (wofür öfters auch Rohre gebraucht
wird), Hohlcylinder von meist kreisförmigem Quer-
schnitt, die zur Leitung von Flüssigkeiten oder Gasen
dienen; auch rechnet man hierzu die abweichenden
Formen der Rohrleitungen mit krummen oder ge-
brochenen Mittellinien (Knieröhren/I - Robren)
sowie diejenigen mit ungleich großem Querschnitt
(Kegelstutzen). Als Material für R. dienen Me-
talle, wie Gußeisen, Schmiedeeisen, Stahl, Messing,
Kupfer, Blei, Zinn; ferner die natürlichen und künst-
lichen Steine, wie Granit, Sandstein, Thon, Por-
zellan, Glas u. s. w.; außerdem Holz und Asphalt.
Eine leicht biegsame Röhre heißt Schlauch (s. d.).
Besondere Wichtigkeit haben die gußeisernen
N., welche leicht herzustellen, wohlfeil und gegen
Temperatur- und Flüssigkeitseinwirkungen wider-
standsfähig sind. Für Gas- und Wasserleitungen
(Straßenleitungen) versieht man diese R. der größern
Haltbarkeit wegen innen und außen mit einem
Teeranstrich; in Fällen, wo ihre Innenstächen, wie
bei der Verwendung in chem. Fabriken, durch Säu-
ren u. s. w. angegriffen werden, erhalten dieselben
einen Emailüberzug. Viel größere Festigkeit als die
gußeisernen besitzen die Schmiedeeisenröhren (s. d.),
welche deshalb in verhältnismäßig geringerer Wand-
stärke und' von geringerm Gewicht hergestellt werden
können und zugleich den Vorteil haben, sich biegen
zu lassen. Sie dienen zur Leitung von Wasier, Gas
oder Dampf unter hohem Druck. Stahlröhren
kommen bei besonders hohem Druck, z. B. bei
hydraulischen Pressen und Accumulatoren, zur An-
wendung. Kupferröhren und Mefsingröhren
lassen gleichfalls eine hohe Spannung zu und haben
dabei den Vorzug, daß sie die Wärme gut leiten
und durch höhere Temperaturen nicht zerstört wer-
den (verbrennen), wie sie auch gegen Flüssigkeiten
größere Widerstandsfähigkeit zeigen. Da sie (na-
mentlich die Kupferröhren) sich leicht biegen lassen,
eignen sie sich vorzüglich für sehr gewundene oder
abgebogene Leitungen. Ihrer ausgedehnten Ver-
wendung steht nur ihr hoher Preis entgegen. (Über
die Herstellung s. Kupferröhren.) Bleiröhren (s.d.)
und Zinnröhren (s.d.) sind ihrer großen Biegsam-
keit wegen vorzugsweise sür provisorische oder öfters
zu ändernde Leitungen in Gebrauch, dagegen sür
hohen Druck nicht geeignet. Zinnröhren oder auch
innen verzinnte Vleiröhren kommen namentlich da
zur Anwendung, wo die Leitung gegen die Flüssig-
keit unempfindlich sein soll, z. V. als Wasserleitungs-
röhren und bei Vierdruckapparaten. Über das M an-
nesmannsche Röhren walzverfahren s.d.
R. aus natürlichem Stein werden nur selten
und hauptsächlich zu landwirtschaftlichen Zwecken
benutzt. Sie bestehen aus dichtem Sand- oder Kalk-
stein; ihre Höhlung wird ausgebohrt. R. aus künst-
lichem Stein, Steinzeug- und Chamotte-
röhren werden durch Pressen der weichen Thon-
masse geformt und dann gebrannt. (S. Thon-
warenfabrikation.) Zur Vermeidung der Durch-