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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schleswig (Regierungsbezirk, Kreis und Stadt)

Herzogtum S. als erbliches Lehn übertragen. Waldemar dankte jedoch 1330 ab, und nun gab Gerhard seinem Neffen S. zurück, behielt aber sich und seinen Nachkommen die Anwartschaft auf das Herzogtum vor für den Fall, daß Abels Geschlecht aussterben würde. Dieser Erbfall trat 1375 ein; die holstein. Grafen nahmen das erledigte Herzogtum in Besitz, und auch Nordfriesland unterwarf sich ihrer Herrschaft. Zu Nyborg auf Fünen kam dann Aug. 1386 der Vertrag zu stande, kraft dessen das Herzogtum S. (mit Nordfriesland) als ein erbliches dän. Fahnenlehn den holstein. Grafen von der Rendsburger Linie zur gesamten Hand überlassen wurde; damit war Schleswig-Holstein (s. d.) gebildet.

Schleswig. 1) Regierungsbezirk der preuß. Provinz Schleswig-Holstein (s. d.), umfaßt die ganze Provinz und zerfällt in 23 Kreise:

Kreise

Hadersleben 1694,10 10120 55966 33 55283 202 8

Apenrade 685,22 4674 27332 40 27123 85 18

Sonderburg 442,23 5896 32177 73 31965 185 7

Stadtkr. Flensburg 29,49 2539 36894 1251 35599 961 75

Landkr.Flensburg 1078,28 7788 40145 37 39941 123 -

Schleswig 1056,22 10942 61603 58 60632 599 162

Eckernförde 787,55 5800 41224 52 39940 1220 15

Eiderstedt 330,51 3152 16062 49 16003 44 2

Husum 850,40 7194 36042 42 35627 402 4

Tondern 1812,52 11325 55067 30 54892 89 20

Oldenburg 836,85 6148 43326 52 43148 130 19

Plön 955,44 6528 59396 62 58391 900 16

Stadtkreis Kiel 15,47 3581 69172 4471 65663 2724 350

Landkreis Kiel 704,38 5558 51147 73 49435 1628 19

Rendsburg 1257,12 8212 58086 46 55911 1874 126

Norderdithmarschen 600,94 6244 36439 61 35961 455 7

Süderdithmarschen* 746,79 7698 45969 59 45125 833 8

Steinburg 935,70 10349 67439 72 66395 906 51

Segeberg 1157,73 5864 38967 34 38528 292 50

Stormarn 927,30 11108 79570 86 77396 1685 309

Pinneberg 794,64 10314 75377 95 74082 838 164

Stadtkr. Altona 21,80 7618 143249 6571 135399 5161 2109

Herzogtum Lauenburg 1182,56 7070 48874 41 48354 471 32

* Einschließlich Helgoland.

Der Regierungsbezirk wird eingeteilt in 1O Reichstagswahlkreise: Hadersleben-Sonderburg (Abgeordneter 1895: Johannsen, Däne), Apenrade-Flensburg (Jebsen, nationalliberal), Schleswig (Lorenzen, Freisinnige Vereinigung), Tondern-Husum (Feddersen, nationalliberal), Norder- und Süderdithmarschen (Thomsen, Freisinnige Vereinigung), Ottensen-Pinneberg (von Elm, Socialdemokrat), Kiel-Rendsburg (Legien, Socialdemokrat), Altona (Frohme, Socialdemokrat), Oldenburg-Plön (Graf von Holstein, konservativ), Lauenburg (Graf von Bernstorff, Reichspartei). - 2) Kreis im Reg.-Bez. S. (s. obenstehende Tabelle). - 3) Hauptstadt der Provinz Schleswig-Holstein und des Reg.-Bez. S., Kreisstadt im Kreis S., halbkreisförmig am westl. Ende der Schlei, an der Linie Hamburg-Vamdrup der Schleibahn und der Nebenlinie S.-Süderbrarup (21,1 km) der S.-Angler Eisenbahngesellschaft, Sitz des Oberpräsidenten, Provinzialschulkollegiums, der königl. Bezirksregierung, des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Flensburg), Hauptsteueramtes und Konsuls für Schweden und Norwegen, ist Dampferstation und hat (1890) 15123 (7980 männl., 7143 weibl.) E., darunter 405 Katholiken und 29 Israeliten, in Garnison das 1., 3. und 4. Bataillon des Infanterieregiments von Manstein Nr. 84 und das Husarenregiment Kaiser Franz Joseph von Österreich Nr. 16, ein Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, Fernsprecheinrichtung und Pferdebahn. Die Stadt ist 6 km lang und besteht aus der Altstadt mit dem sog. Holm, dem Lollfuß (benannt nach einer vormals hierselbst verehrten Reliquie, dem Fuß des heiligen Erzbischofs Lollus von Mainz) und dem Friedrichsberg. Letzterer stößt südlich an das Dorf Bustorf, in dessen Nähe die einzeln stehende Kirche von Haddebye belegen ist. Zwischen Lollfuß und Friedrichsberg liegt das Schloß Gottorp (s. d.). S. hat vier evang. Kirchen, darunter die Domkirche (St. Peterskirche) in der Altstadt, 1894 restauriert und mit neuem Turm (112 m) versehen, mit Denkmälern und Kunstwerken (ein aus Eichenholz geschnitzter Altarschrein mit 398 Figuren, 1521 von dem Bildschnitzer Hans Brüggemann aus Husum vollendet und 1666 aus der Kirche zu Bordesholm bei Kiel hierher überführt), die Michaeliskirche (1100), nach dem Einsturz von 1869 in Form eines griech. Kreuzes wieder aufgebaut, und die Schloßkirche von Gottorp (s. d.), eine kath. Kapelle, Baptistenkapelle, ein Gymnasium mit Realschule, höhere Mädchenschule, Taubstummenanstalt, Provinzialirrenanstalt, sechs Altersversorgungsanstalten, mehrere Sparkassen, eine Kreditbank, Volksbank, einen Handelsverein und bedeutende Lederindustrie. Auf dem Holm liegt das frühere kath. St. Johanniskloster, seit der Reformation ein adliges Fräuleinstift. Die auf dem Holm wohnenden Fischer betreiben starke Fischerei in der Schlei. Zu Wasser werden Steinkohlen, Getreide und Holz eingeführt. Im Süden von S. und Bustorf erstrecken sich die Reste zweier alter Grenzwälle, das Danewerk (s. d.) und der Kograben. Zwischen diesen beiden, unweit von dem Dorfe Selk, liegt der Königshügel (König Sigurds Hügel), auf dem sich ein Denkmal für die daselbst im Febr. 1864 gefallenen Österreicher befindet.

Geschichte. S. ist eine der ältesten Städte der Provinz und wird zuerst 804 als Sliestorp (Schleidorf), 850 als Slieswic (Ort an der Schleibucht), auf Runensteinen des 10. Jahrh. auch als Haithaby (dänisch, d. i. Ort an der Heide) erwähnt. Die erste christl. Kirche wurde in S. wahrscheinlich auf dem Holm um 850 durch Ansgar erbaut, und um 948 ward hier ein Bistum errichtet; auch die dän. Statthalter und nachmaligen Herzöge residierten in S. Die Stadt erhielt ausgedehnte Privilegien, und ein eigenes schlesw. Stadtrecht wurde gegen Ende des 12. Jahrh. ausgezeichnet. Der letzte kath. Bischof von S. starb 1541; doch bestand das Bistum als Pfründe für Prinzen des landesherrlichen Hauses bis 1624 und das Domkapitel zu ähnlichen Zwecken bis 1658 fort. Von 1731 bis 1846 waren S. und das Schloß Gottorp (s. d.) die Residenz der dän. Statthalter von Schleswig-Holstein. Auch erhielten hier 1834 die schlesw.-holstein. Regierung sowie das Obergericht und die Provinzialständeversammlung für das Herzogtum Schleswig ihren Sitz. Nach dem Treffen bei Bau besetzten die dän. Truppen 10. April 1848 die Stadt S., wurden aber schon 23. April beim Danewerk von den Preußen und Schleswig-Holsteinern geschlagen und aus S.