Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

503

Schleswig-Angeler Eisenbahn - Schleswig-Holstein

vertrieben. Die sog. Gemeinsame Regierung und die Statthalterschaft Schleswig-Holsteins hatten hier ihren Sitz; nach der Schlacht bei Idstedt aber fiel die Stadt 25. Juli 1850 wieder in die Hände der Dänen. Zur Strafe für ihre patriotische Haltung verlor sie jetzt den Rang der Landeshauptstadt, die Ständeversammlung und alle obersten Provinzialbehörden, die nach Flensburg verlegt wurden. Am 6. Febr. 1864 wurde S., nachdem die Dänen die Danewerkstellung geräumt hatten, von den Österreichern besetzt. Ende 1864 nahm die kaiserlich österr. und königlich preuß. Civilbehörde für Schleswig-Holstein und Lauenburg ihren Sitz in S., und vom Sept. 1865 bis Juni 1866 residierte daselbst der königlich preuß. Gouverneur des Herzogtums S. - Vgl. Heldvader, Kurze und einfältige Beschreibung der alten weltberühmten Stadt S., aufs neue gedruckt im J. 1637; Schröder, Geschichte und Beschreibung der Stadt S. (Schlesw. 1827); Sach, Geschichte der Stadt S. (ebd. 1875).

Schleswig-Angeler Eisenbahn, Privatbahn von Schleswig nach Süderbrarup (Station der Kiel-Eckernförde-Flensburger Eisenbahn), s. Deutsche Eisenbahnen Bd. 4, S. 1000).

Schleswig-Holstein, Provinz im preuß. Staate, gebildet aus den bis 1864 zu Dänemark gehörigen Herzogtümern Schleswig (s. d.), Holstein (s. d.) und (seit 1876) Lauenburg (s. d.), grenzt im N. an Jütland, im O. an die Ostsee, Lübeck und Mecklenburg, im S. an Mecklenburg, Hamburg und Hannover und im W. an die Nordsee, und hat einschließlich Helgoland einen Flächenraum von 18997,47 qkm. (S. die Karte: Hannover, Schleswig-Holstein, Braunschweig und Oldenburg, Bd. 8, S. 790.)

Oberflächengestaltung, Gewässer, Klima. Die Provinz besteht aus dem von Süden nach Norden schmaler werdenden Festland und vielen Inseln, wie Alsen, Fehmarn, Aaröe in der Ostsee, Röm, Sylt, Föhr, Amrum, Pellworm, Nordstrand und den Halligen (s. d.) in der Nordsee. Von den Enklaven im Süden gehören vier zu Hamburg, fünf zu Lübeck und drei zu Mecklenburg-Strelitz. S. gehört zum großen norddeutschen Tiefland; man unterscheidet drei Teile: das fruchtbare Hügelland im Osten, das Marschland (s. d.) im Westen und zwischen beiden eine Hochfläche, das unfruchtbare Heideland, eine Fortsetzung der Lüneburger Heide. Die höchsten Punkte des Landes sind der Bungsberg (159 m) im Kreis Oldenburg, der Pilsberg oder Hessenstein (128 m) nordwestlich von Lütjenburg, beide in einer landschaftlich schönen Gegend, und der Scheelsberg (106 m) bei Eckernförde. Die Marsch besteht aus Alluvionen des Meers und der Flüsse, das übrige Land gehört dem Diluvium an, das fruchtbare Hügelland dem Geschiebethon, das Heideland dem Geschiebesand und der unfruchtbaren Ahlformation oder der Geest (s. d.). Die Ostsee bespült S. auf eine Länge von 525, die Nordsee auf eine Länge von 330 km. Die Nordseeküste ist weniger entwickelt als die Ostseeküste mit ihren zahlreichen kleinern und größern Buchten. Da die Wasserscheide beider Meere der Ostsee näher liegt, so sind die Zuflüsse derselben kürzer als die der Nordsee. Ebbe und Flut sind an der Ostseeküste kaum bemerkbar, um so mehr aber an der Nordseeküste. Überschwemmungen bringen der Westküste besonders die Nordweststürme, der Ostküste die Nordoststürme. Die Elbe berührt die Provinz auf 104 km und nimmt hier die Bille, Alster, Pinnau, Krückau und Stör auf. In die Ostsee münden die Schwentine und Trave, in die Nordsee die Königsau, Wiedau und Eider. Zahlreiche Landseen finden sich in der fruchtbaren Hügellandschaft des nordöstl. Holsteins: der Plöner See (s. d., der größte der Provinz) und der Selentersee (23 qkm); im Schleswigschen ist der Wittensee (10 qkm) der größte. Unter den Kanälen sind hervorzuheben: der Schleswig-Holsteinische oder Eiderkanal (s. d.), der durch den Nordostseekanal (s. d.) ersetzt wird; der Stecknitzkanal (11,5 km), einschließlich der kanalisierten Stecknitz und Delvenau 72 km lang, welcher die Delvenau (Elbe) mit der Stecknitz (Trave) verbindet und einer der ältesten Kanäle Europas ist (1391-98); die Süderbootfahrt, 6,3 km lang, zwischen Garding und Katingsiel; der Kudenseekanal (die kanalisierte Burger Au, 15 km) in Süderdithmarschen und der Tondernsche Kanal zwischen Tondern und Wiedau (2,5 km). - Das Klima ist durch die Einwirkung der Meere gemäßigt und gilt im ganzen für sehr gesund. Die Witterung ist unbeständig, feucht und oft nebelig, die Durchschnittstemperatur aber beträgt im nördl. Schleswig etwa 7½ bis 8° C., in den südl. Kreisen über 9° C. und bleibt im Mittel selbst im Dezember und Januar über Null; die mittlere jährliche Niederschlagshöhe beträgt in Kappeln 63, Kiel 67, Westerland auf Sylt 72, Segeberg 73, Tondern 76 und Apenrade 77 cm.

Bevölkerung. Die Provinz hat (1890) einschließlich Helgoland 1219523 (617430 männl., 602093 weibl.) E., 161162 bewohnte, 3162 unbewohnte Wohnhäuser, 1033 andere bewohnte Baulichkeiten, 266770 Haushaltungen und 1216 Anstalten mit 35201 Insassen. Dem Religionsbekenntnis nach waren 1190793 Evangelische, 21807 Katholiken, 2649 andere Christen, 184 Dissidenten und 3571 Israeliten; der Staatsangehörigkeit nach 1181572 Reichsangehörige, 32198 Reichsausländer, darunter 29765 Dänen. Der Muttersprache nach sind die meisten Bewohner Deutsche, mit Ausnahme von 135131 Dänen (westjütische Mundart).

Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamtfläche kamen (1893) auf Acker- und Gartenland 1085557 ha, Wiesen 205244, Weiden und Hutungen 222773, Öd- und Unland 114132, Haus- und Hofräume 16842, Wegeland, Gewässer u. s. w. 130667 ha. Landwirtschaft und Viehzucht stehen auf einer hohen Stufe. 1882 waren 37,76 Proz. der Bevölkerung in der Bodenbenutzung und Tierzucht beschäftigt. Der größte Teil der landwirtschaftlich benutzten Fläche ist mit Hafer bebaut (1893: 192175 ha), dann folgen Roggen (148779), Gerste (53323), Weizen (46142) und Kartoffeln (31114 ha). Der Ernteertrag belief sich (1893) auf 208455 t Roggen, 97977 Weizen, 66237 Gerste, 286011 Kartoffeln, 205059 Hafer und 375832 t Wiesenheu. Die Pferdezucht ist sehr ansehnlich; die Rindviehzucht ist in keiner Provinz so hoch entwickelt wie in S. und liefert unter andern große Massen von Mastvieh nach dem Rhein und ins Ausland; auch die Imkerei ist hervorragend. Der Viehbestand betrug (1. Dez. 1892) 172107 Pferde, 823539 (1893: 796305) Stück Rindvieh, 289521 Schafe, 344968 (1893: 362962) Schweine, 44653 Ziegen und 107849 Bienenstöcke. Im Wattenmeere wurde früher eine ausgedehnte Austernzucht betrieben; die Austernbänke sind Domäne, aber an Private verpachtet.

S. ist die waldärmste Provinz der Monarchie; nur in Lauenburg ist die Forstwirtschaft von Be-^[folgende Seite]