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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Seidelbast – Seidenraupe

13 Bde.). – Vgl. A. Biese, Fritz Reuter, Heinrich S. und der Humor in der neuern deutschen Dichtung (mit einer Selbstbiographie S.s, Kiel 1891).

Seidelbast, Pflanzenart, s. Daphne.

Seidenabfälle, s. Seide (S. 818 a).

Seidenaffen, s. Krallenäffchen.

Seidenberg in der Oberlausitz, Stadt im Kreis Lauban des preuß. Reg.-Bez. Liegnitz, an der böhm. und sächs. Grenze, an den Linien Nickrisch-S. (7,4 km) der Preuß. Staatsbahnen und Reichenberg-S. (42 km) der Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Görlitz), hat (1890) 2605 E., darunter 447 Katholiken, Post, Telegraph, Postagentur, Fernsprechverbindung; Seidenweberei, bedeutende Schuhmacherei, Fabrikation von Waschblau, Öfen, Tuch und Schirmstoffen, Töpferei, Ziegeleien. In der Nähe liegt das Dorf Alt-Seidenberg mit 625 E., Geburtsort des Theosophen Jakob Böhme und der Burgsberg mit dessen Denkmal.

Seiden-Berufsgenossenschaft für das Gebiet des Deutschen Reichs. Sitz ist Krefeld, Sitz der 2 Sektionen: Krefeld und Freiburg i. Br. Ende 1893 bestanden 677 Betriebe mit 47493 versicherten Personen, deren anzurechnende Jahreslöhne 31842281 M. (670,16 M. auf den Kopf) betrugen. Die Jahreseinnahmen beliefen sich auf 80956 M., die Ausgaben auf 61012 M., der Reservefonds (Ende 1893) auf 135843 M. Entschädigt wurden (1893) 48 Unfälle (1 auf 1000 versicherte Personen), darunter 4 Unfälle mit tödlichem Ausgang, 1 mit völliger Erwerbsunfähigkeit. Die Summe der gezahlten Entschädigungen, einschließlich der Renten für Unfälle aus frühern Jahren, betrug (1893) 33535 M. (S. Berufsgenossenschaft.)

Seidendarm, der durch Einlegen der Seidenraupen in Essig und Zerreißen derselben gewonnene, dann zu Fäden ausgezogene Inhalt ihrer Spinndrüsen, der zu Angelschnüren verwendet wird.

Seidenglanz, s. Glanz.

Seidengrün, s. Chromgrün.

Seidenhase oder Angorakaninchen, auch Kaschmirkaninchen (s. Tafel: Kaninchenrassen, Fig. 2), Kaninchen von der Größe des gemeinen Hauskaninchens mit feinen seidenartigen, bis zu 20 cm langen Haaren, die zu zarten Geweben, besonders zu Handschuhen, Strümpfen und zu Umschlagetüchern, große Verwendung finden. Früher betrug die Produktion von Angorakaninchenhaaren in der Umgebung von Caen (Nordwestfrankreich) jährlich 3000‒4000 kg zu 35‒40 Frs. fürs Kilogramm. In neuerer Zeit ist die Produktion infolge geringerer Nachfrage zurückgegangen (Preis für das Kilogramm 18‒20 Frs.): in neuester Zeit nimmt die Fabrikation von Angorakaninchen-Haargeweben wieder zu; eine Fabrik dieser Gewebe existierte früher zu Caen, eine andere ist in Lons-le-Saulnier. Den Kaninchen werden viermal im Jahre die Haare durch leichten Druck der Finger abgezogen; man gebraucht dazu vorzugsweise kastrierte Männchen. Jedes Kaninchen liefert im Jahre 300 g Haare. Diese sind grau oder kastanienbraun; es giebt auch gemsenfarbige und weiße S. Fruchtbarkeit und Fleischerzeugung des S. ist gleich der des gemeinen Hauskaninchens. Die Züchtung erfordert besondere Sorgfalt, damit die langen Haare nicht zusammenkleben (stets trockne Streu und öfteres Kämmen des Pelzes). Der S. soll aus Kleinasien stammen.

Seidenhaspel, s. Seide (S. 816 b).

Seidenholz, s. Atlasholz.

Seidenhühner, s. Haushuhn (Bd. 8, S. 888 a).

Seidenhüte, Hüte, die aus einem Pappengestell bestehen, das mit Plüsch oder Felbel überzogen ist.

Seidenindustrie, s. Seide.

Seidenpapier, seidenartig weiches, feines und dabei haltbares Papier, aus Abfällen der Flachsspinnerei und aus ungebleichten Leinenhadern erzeugt.

Seidenraupe und Seidenzucht. Die Seidenraupe oder der Seidenwurm, die Raupe des Seidenspinners (s. d., Bombyx mori L.), frißt hauptsächlich Maulbeerblätter (s. Tafel: Seidenraupe und Seidenzucht, Fig. 1), wächst sehr schnell (Fig. 3‒6), häutet sich viermal während ihres sechs bis sieben Wochen dauernden Lebens und spinnt sich dann ein. Die Raupen sind glatt, weißlich-glänzend, mit verschiedenen graulichen und rötlichen Flecken und mit einem Horn auf dem letzten Ringe. Sie besitzen, wie viele andere Spinner, an der Unterlippe sehr ausgebildete Spinnorgane und haspeln etwa 30 Tage nach dem Ausschlüpfen durch eigentümliche Bewegungen innerhalb 3‒4 Tagen den nur 0,04 mm im Durchmesser haltenden, aber elastischen und zähen, bisweilen an 1000 m langen Faden hervor, den sie mit den Vorderfüßen in anfangs unregelmäßigen, dann aber sehr regelmäßigen Achterwindungen umher wickeln. So bilden sie eine ovale, innen glatte Hülse (Cocon, Fig. 7, s. Seide), worin sie sich verpuppen. Nach 2‒3 Wochen am frühen Morgen schlüpft der Schmetterling aus (Fig. 8), indem er mittels eines scharfen Saftes den Cocon durchbricht und so den Zusammenhang des ihn bildenden Fadens zerreißt (Fig. 19). Es giebt nur eine Art, aber verschiedene Rassen der Seidenraupe in drei Gruppen: Gelbspinner (Fig. 12), Weißspinner (Fig. 13) und Grünspinner (Fig. 14), je nach der Farbe des Seidenfadens.

Bei der Seidenzucht kommen zwei Gesichtspunkte in Betracht: Erzielung vieler Seide und gesunde Nachkommenschaft. Schutz vor Nässe, Erhaltung möglichst gleicher Temperatur, sorgfältige Beseitigung der erkrankten Raupen, Darreichung trockner, gesunder Blätter, gutes Durchlüften und Reinhalten sowie Verhüten einer Überfüllung der Räume sind wesentliche Bedingungen. Man betreibt die Zucht entweder als Nebenindustrie in den Häusern oder in großen Zuchtanstalten (Magnaneries); in letztern sind die Raupen Krankheiten und Epidemien mehr ausgesetzt. Die Eier (graines) werden nach Unzen verkauft; die Unze liefert gegen 32000 Raupen, die an Futter etwa 16 Ctr. Maulbeerblätter bis zur Verpuppung bedürfen. Man hält die Eier in kühlen Räumen, bis die Maulbeerblätter entwickelt sind, und läßt sie dann in höherer Temperatur ausschlüpfen. Beim Ausschlüpfen (Fig. 3) sind die Räupchen schwarz und behaart, ausgewachsen 8‒9 cm lang, grauweiß und nackt. So lassen sich zwei bis drei Zuchten im Jahre (Sommer) in südl. Gegenden ermöglichen (Bivoltini, Trivoltini). Zum Einspinnen erbaut man den Raupen einen Spinnwald oder Spinnhütten (Fig. 11) aus Reisig, Stroh u. dgl., worin sie ihre Cocons aufhängen. Zehn Tage nach dem Einspinnen tötet man diejenigen Cocons, welche Seide (s. d.) liefern sollen, durch Wärme (über 60°), die schönsten aber behält man zur Nachzucht. Die Krankheiten, die unter den Raupen oft entsetzliche Verheerungen anrichten, haben sich durch stete Inzucht bei der Kultur so vermehrt, daß sie eine bedeutende Einbuße der Pro- ^[folgende Seite]