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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sklaverei

nur zu einer nominellen zu machen suchte, jedoch der geschlossenen Opposition des Kongresses unterlag und Mai 1868 nur mit Mühe der Absetzung entging. Diese Maßregeln bilden jetzt als 13., 14. und 15. Amendement, veröffentlicht 18. Dez. 1865, 2. März 1867 und 30. März 1870, einen integrierenden Teil der Verfassung.

Die Aufhebung der S. in den Vereinigten Staaten hat die in den übrigen Gebieten Amerikas, in denen sie noch bestand, nach sich gezogen. Brasilien entschied sich nach längern Schwankungen 1871 für eine allmähliche Abschaffung der S. Ein Gesetz vom 13. Mai 1888 hat dann ihre völlige Aufhebung verfügt. Dänemark, Schweden und die Niederlande schafften die S. auf ihren westind. Kolonien ab, und Spanien that dasselbe 1873 für Portoriko. In den cuban. Verhältnissen entstanden der span. Regierung aber große Schwierigkeiten. 1868 brach nach längerer Gärung ein Aufstand aus, dessen Unterdrückung erst nach zehnjährigen Kämpfen unter schweren Opfern erreicht wurde. Am 8. Mai 1880 wurde die Aufhebung der S. ohne Entschädigung ausgesprochen. Sie setzte sich nicht ohne wirtschaftliche Wirren durch, und die erschütterte Ordnung hat durch die Einführung der span. Verfassung (1884) nicht befestigt werden können. 1895 haben sich für Spanien in einer aufständischen Bewegung auf Cuba von neuem Schwierigkeiten erhoben.

Nach der allgemeinen Aufhebung der S. in Amerika ist das Sklavenwesen gegenwärtig auf Afrika und Westasien beschränkt. Hier erhält es sich noch in weiter Ausdehnung und ist mit dem Völkerleben eng verwachsen. Bei der Negerbevölkerung Afrikas ist die S. eine feste Einrichtung der Kultur und die überlieferte sociale Form, in welche die afrik. Völker seit Jahrtausenden sich eingelebt haben. Man nimmt an, daß Afrika von 200 Mill. Menschen bewohnt sei. Reichard schätzt, niedrig gegriffen, die Hälfte davon als die sklavenhaltende, nichtsemit. dunkle Bevölkerung und rechnet auf 100 Mill. dieser dunklen Bevölkerung 70 Mill. Sklaven. Das Los der afrik. Haussklaven ist mit wenigen Ausnahmen nirgends ein hartes, und ihre sociale Stellung steht meist der Leibeigenschaft näher als der S. Der in der Regel nur geringe Abstand zwischen Herren und Sklaven bringt es mit sich, daß der Zwang der Abhängigkeit kein großer ist; zudem beschränkt die dem Sklaven meist offene Möglichkeit der Flucht die Willkür der Herren. Freilich wo die rohen Gebräuche einer niedern Kultur es fordern, werden Sklaven zu Opferzwecken hingemordet, aber gewöhnlich kommt der rechtlose Zustand nicht zum praktischen Ausdruck. Auch bei den meisten Arabern ist die Lage der Sklaven keine ungünstige. In Südafrika hat die S. sehr milde Formen angenommen; auf Madagaskar wurde ihre Aufhebung 1877 ausgesprochen, wenn auch nicht vollkommen durchgeführt. Gegenüber der freien pflichtmäßigen Leistung im europ. Sinne erscheint dem afrik. Sklaven der Zustand der Unfreiheit als der natürliche, den er der Selbstversorgung durch freie Arbeit vorzieht. Die Haussklaverei ist so sehr Grundlage des afrik. Lebens, daß ihre unvermittelte Beseitigung schwere Übelstände hervorrufen würde, und daß für die europ. Kolonien eine Überleitung der S. in geeignete Kontraktverhältnisse geboten erscheint, um eine gedeihliche Entwicklung der afrik. Bevölkerung selbst als auch der Kolonien zu sichern. Das Haupterfordernis zur Befreiung der eingeborenen Bevölkerung bleibt freilich die Unterdrückung des Sklavenhandels, der, obgleich gegenwärtig auch im Innern eingeschränkt, trotz aller Maßregeln und Anstrengungen mehr oder weniger offen fortbesteht. An der Westküste Afrikas, von der die stärkste Ausfuhr ausging, solange der amerik. Markt bestand, ist der Handel gegenwärtig nahezu beseitigt; doch wurden bis in die letzten Jahre durch schwarze Händler den portug. Besitzungen Sklaven aus dem Innern zugeführt, und hauptsächlich von Benguella aus versorgte ein heimlicher Handel auch St. Thomas und Fernando Po. Die großen Absatzgebiete des Handels sind jetzt das arab. Nordafrika und Vorderasien. Marokko ist ein Land von großem Sklavenbedarf; nach Tripolis und Ägypten besteht die Zufuhr fort trotz strenger Verbote gegen den Sklavenhandel. Die türk. Verfassung vom 23. Dez. 1876 hat die S. zwar rechtlich für das ganze türk. Reich aufgehoben, aber thatsächlich gelang nur ihre Einschränkung, und die Negereinfuhr wie der Ankauf weißer Sklaven aus den Gebirgsländern des Kaukasus dauert fort. In Tunis hat das franz. Protektorat (1881) und die Einführung der franz. Verwaltung den schon 1842 und 1846 durch den Bei erlassenen Verboten des Sklavenhandels und der S. Geltung verschafft. Die Märkte der afrik. Nordküste werden vom Sudan aus versorgt, in dessen weiten Gebieten der Sklavenhandel schwunghaft betrieben wird. Auf grausamen Sklavenjagden wird hier jährlich noch eine Beute von Tausenden zusammen getrieben. Der Handel nach Westasien, fast ganz in den Händen der Araber, hat seinen Hauptherd im obern Nilbecken, das durch Gordon, Gessi und Emin den Sklavenhändlern schon entwunden war, aber seit der Mahdistischen Bewegung dem Arabertum wieder ganz zum Opfer gefallen ist. Mit der Erschließung der Gebiete der großen Seen und des Kongolandes haben die Araber ihre unheilvolle Wirksamkeit tief in das Innere Afrikas hineingetragen. Die centralen Gebiete von den Ufern des Njassasees und Ukerewe bis zum Sankuru und Mobangi hin schienen dem Schicksal der obern Nillandschaft verfallen zu sollen. Das Vorgehen Deutschlands und Englands von der Ostküste aus und des Kongostaates von Westen her hat diese gefährliche Entwicklung aufgehalten. Der Araberaufstand, der 1888 ausbrach, als durch die Übernahme der Verwaltung des ostafrik. Küstenstreifens seitens der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft der Sklavenhandel unterbunden zu werden drohte, endete durch das Eintreten des Deutschen Reichs mit der völligen Niederwerfung der Araber und der von ihnen abhängigen Eingeborenen (Mai 1890). Am 1. Jan. 1891 übernahm das Deutsche Reich die Verwaltung des gesamten Schutzgebietes, und die fortschreitende Organisation der Kolonie hat den Raum des Sklavenhandels mehr und mehr eingeengt. In zahlreichen Expeditionen ist dem Sklavenhandel mittelbar oder unmittelbar entgegen gewirkt, und eine scharfe Überwachung der Küste hat die Sklavenausfuhr zu unterdrücken gesucht. Durch die Anlage gesicherter Stationen, die Förderung der Mission, die Aufschließung des Landes und durch Maßregeln wirtschaftlicher Art wurde die Beseitigung des Übels in Angriff genommen. Eine thätige Mithilfe erwuchs der Regierung aus der Antisklavereibewegung, die, durch das Auftreten des Kardinals Lavigerie wie in Belgien und Frankreich, so auch in Deutschland ins Leben gerufen, ihre aus der Anti-^[folgende Seite]