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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sklaverei

sklavereilotterie gewonnenen Mittel auf die Ausrüstung von Expeditionen und die Indienststellung von Dampfern und Schnellseglern auf den großen ostafrik. Seen verwandte. Das durch den Häuptling Sike aufs äußerste gefährdete Tabora wurde durch das rechtzeitige Eintreffen der Antisklaverei-Expedition gerettet und den Empörern eine vernichtende Niederlage beigebracht. Gegenwärtig ist der Sklavenhandel am Ukerewe fast ganz eingeschränkt, und auch am Tanganika sind entscheidende Schläge geführt. Dagegen besteht er im Süden fort, wenn auch die Verhältnisse am Njassasee gebessert sind; vor allem zwischen dem Nikwa- und Tanganikasee, in einem Gebiet, das zu den wertvollsten Teilen des Besitzes gehört, hat der Sklavenhandel noch eine feste Stätte. Der Sklavenschmuggel ist an den meisten Teilen der Küste auf ein geringes Maß beschränkt; lebhafter wird er noch von der Rufidjimündung und von der Südküste des Schutzgebietes aus getrieben. Das Vorrücken der Engländer im Norden Deutsch-Ostafrikas, die Besetzung von Uganda haben mit den deutschen Unternehmungen zusammengewirkt, dem Sklavenhandel im nördl. Seengebiet zu steuern. Engl. Schiffe üben eine strenge Überwachung der Küstenschiffahrt aus, und seit dem Bestehen des engl. Protektorats über Sansibar hat der dort noch blühende Sklavenhandel sich erheblich vermindert. Der Kongostaat hat nach den Erfolgen der Expedition van Kerkhoves (1890-92), die den Sklavenhandel der Araber schwer geschädigt hatte, gegen eine allgemeine Empörung am Kongo und Tanganika zu kämpfen gehabt, deren Unterdrückung unter Opfern gelungen ist. Der Sklavenhandel wurde aus dem Gebiete des untern Kongo verdrängt, die Stellung der Araber am obern Kongo wurde erschüttert. Das militär. und kolonisatorische Vorgehen der Mächte hat die arab. Macht in der Zone der großen Seen überall ins Weichen gebracht und dem Sklavenhandel nach dem mittlern Teil der Ostküste enge Grenzen gezogen. Auch an der südlichern portug. Küste sind dem Sklavenhandel jetzt Schranken gesetzt; dagegen stößt seine Unterdrückung im Norden, an den Küsten des Roten Meers, noch immer auf große Schwierigkeiten.

In den Art. VI und IX der Akte der Berliner Konferenz (Kongoakte) vom 16. Nov. 1885 haben diejenigen Mächte, die innerhalb des konventionellen Kongobeckens einen Einfluß ausüben (die europ. Großmächte, die Vereinigten Staaten, Spanien, Portugal, Belgien, die Niederlande, Schweden, Norwegen, Dänemark, die Türkei), die Verpflichtung anerkannt, mit allen Mitteln dem Sklavenhandel entgegenzuwirken. Die mit der fortschreitenden Erschließung Afrikas in Bezug auf den Sklavenhandel gemachten Erfahrungen ließen aber einen endgültigen Erfolg nur von dem planvollen Zusammengehen aller beteiligten Mächte erwarten. Um dies zu erreichen, trat im Nov. 1889 auf Einladung des Königs der Belgier die Brüsseler Konferenz (Antisklavereikongreß) zusammen, an der außer den Signatarmächten der Berliner Konferenz Persien, der Sultan von Sansibar und der König der Belgier als Souverän des neugebildeten Kongostaates vertreten waren. Die Bestimmungen der Generalakte vom 2. Juli 1890 wollen ebenso der Bekämpfung des Sklavenhandels dienen, als einen wirksamen Schutz der eingeborenen Bevölkerung in Afrika herbeiführen. Das Gebiet, in dem die zur Bekämpfung des Sklavenhandels vorgesehenen Maßregeln Geltung haben sollen, ist in dem Vertrage auf die Küste von Ostafrika und Arabien (einschließlich des Persischen Meerbusens) beschränkt. Zur Durchsuchung und Aufbringung verdächtiger Schiffe, zu der früher nur besonders ermächtigte Kreuzer berechtigt waren, sind die Kriegsschiffe der Mächte befugt und verpflichtet. Doch ist das Durchsuchungsrecht auf Schiffe unter 500 t Gehalt beschränkt, die Fahrzeuge, in denen der Handel durchweg betrieben wird. Durch die Anlage von Stationen, durch Straßen- und Eisenbahnbau, Einrichtung von Dampferlinien und Telegraphen, Beschränkung der Einfuhr von Feuerwaffen, Beförderung der Mission und der Forschungsreisen, durch Beaufsichtigung der Dienstverträge, Aufnahme flüchtiger Sklaven auf den Stationen, Überwachung der Karawanen soll dem Sklavenhandel allseitig entgegengearbeitet werden. Ein Centralbureau zur Überwachung der Ausführung der Vertragsbestimmungen und zur Förderung aller einschlägigen Maßregeln ist auf Grund der Akte 1892 in Sansibar ins Leben getreten. Die franz. Regierung wurde durch die an den Traditionen von 1842 festhaltende Kammermehrheit genötigt, von der Ratifikation der Generalakte die auf die Beschlagnahme und Aburteilung verdächtiger Schiffe bezüglichen Artikel auszuschließen, eine Ausnahme, die jedoch von geringer praktischer Bedeutung ist, da Frankreichs Interessen in dem Gebiete des ostafrik. Sklavenhandels zurücktreten. Die Vertragsmächte haben daher diese beschränkte Ratifikation in dem Sinne angenommen, daß sie sich untereinander für die ganze Generalakte gebunden erachten, und die Beschränkung nur im Verhältnis Frankreichs zu ihnen gegenseitig gilt. Mit dieser Maßgabe ist die Generalakte mit dem 2. April 1892 in Kraft getreten.

Seitdem haben die Mächte eine Reihe von Verordnungen zur Ausführung der Generalakte erlassen und die auf den Sklavenhandel bezüglichen Verhältnisse ihrer Gebiete im einzelnen geregelt. Für Deutschlands Interessensphäre sind die abschließenden Ausführungsbestimmungen mit dem Laufe des J. 1893 zur vollen Durchführung erfolgt.

Am 22. Mai 1895 hat der Deutsche Reichstag einen Gesetzentwurf betreffend die Bestrafung des Sklavenraubes und Sklavenhandels angenommen, wie er in ähnlicher Fassung dem Reichstage schon 1891 in Gemäßheit der Brüsseler Generalakte vorgelegt war. Das Gesetz belegt die Mitwirkung an einem auf Sklavenraub gerichteten Unternehmen mit Zuchthaus und bedroht die Veranstalter und Anführer des Unternehmens mit Zuchthaus nicht unter 3 Jahren und falls auf einem auf Sklavenraub gerichteten Streifzug der Tod eines Negers verursacht wird, mit Todesstrafe. Sklavenhandel oder Mitwirkung bei der Beförderung der Sklaven wird mit Zuchthaus, wenn mildernde Umstände vorhanden sind, mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten bestraft. Neben der Freiheitsstrafe soll auch auf Geldstrafen erkannt werden. Zuwiderhandlungen gegen die zur Verhütung des Sklavenraubes und Sklavenhandels erlassenen Verordnungen sollen mit Geldstrafe bis zu 6000 M. oder mit Gefängnis bestraft werden. Gleichzeitig nahm der Reichstag eine Resolution an die verbündeten Regierungen um Einbringung eines Gesetzentwurfes zu ersuchen, der die in den deutschen Schutzgebieten unter den Eingeborenen bestehende Haussklaverei und Schuldknechtschaft einer ihre Beseitigung vorbereitenden Regelung unterwirft.