Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Slawentzitz; Slawien; Slawische Litteratur; Slawische Mythologie; Slawische Sprachen

1035

Slawentzitz - Slawische Sprachen

Vgl. Schafarik, Slaw. Altertümer (Prag 1837; deutsch von Mosig von Ährenfeld, 2 Bde., Lpz. 1842-44); Buschan, Germanen und S. (Münst. 1890); von Hellwald, Die Welt der S. (Berl. 1890).

Slawentzitz (Schlawenzütz), Dorf im Kreis Cosel des preuß. Reg.-Bez. Oppeln, 3 km westlich von Ujest, an der Klodnitz und dem Klodnitzkanal, an der Linie Cosel-Kandrzin-Oswiecim der Preuß. Staatsbahnen, hat (1890) mit der Kolonie und dem Rittergut 2281 E., darunter 259 Evangelische, Post, Telegraph, kath. Kirche, evang. Bethaus, Schloß und Standesherrschaft des Herzogs von Ujest mit Park. S. war bis 1534 Stadt.

Slawien, s. Pommern (Bd. 13, S. 260 a).

Slawische Litteratur. Die S. L. zerfällt in folgende Abteilungen: 1) bulgar. Litteratur, die sich teilt in a. altbulgarische, kirchenslawische (s. Kirchenslawisch), b. neubulgar. Litteratur (s. Bulgarische Sprache und Litteratur); 2) Serbische Litteratur (s. d.); 3) Kroatische Litteratur (s. d.); 4) slowen. Litteratur (s. Slowenen); 5) Russische Litteratur (s. d.); 6) Kleinrussische Litteratur (s. d.); 7) Czechische Litteratur (s. d.) mit einer slowak. Abzweigung (s. Slowaken); 8) Polnische Litteratur (s. d.); 9) wend. (sorbische) Litteratur (s. Wenden).

Vgl. Schafarik, Geschichte der slaw. Sprache und Litteratur (Ofen 1826; 2. Abdruck, Prag 1869); Eichhoff, Histoire de la langue et de la littérature des Slaves (Par. 1839); Mickiewicz, Vorlesungen über S. L. und Zustände (neue Ausg., 4 Bde., Lpz. 1849); Talvj, Handbuch einer Geschichte der slaw. Sprachen und Litteratur (deutsch von Brühl, ebd. 1852); Pypin und Spasovič, Istorija slavjanskich literatur (Petersb. 1865; 2. Aufl., 2 Bde., ebd. 1879-80; deutsch von Pech, Geschichte der slaw. Litteraturen, 2 Tle. in 3 Bdn., Lpz. 1880-84); Krek, Einleitung in die slaw. Litteraturgeschichte (2. Aufl., Graz 1887).

Slawische Mythologie. Die Überlieferung über das Götterwesen der heidn. Slawen ist im ganzen sehr dürftig und unklar. Der im 6. Jahrh. lebende Prokopius sagt von den hinterkarpatischen Slawen: "Sie verehren einen Gott, den Schöpfer des Blitzes und den allgemeinen Herrn aller Dinge; sie schlachten ihm Ochsen und bringen Opfer jeglicher Art. Sie kennen kein Verhängnis (Fatum), noch teilen sie demselben irgend eine Gewalt über die Geschicke der Menschen zu. Sie thun bei drohendem Tode, sei es während der Krankheit oder vor der Schlacht, dem Gotte ein Gelübde, das sie, der Gefahr entronnen, treu erfüllen, indem sie glauben, durch dasselbe erlöst worden zu sein. Sie verehren aber auch Flüsse, Nymphen und andere zahlreiche Gottheiten, welchen allen sie Opfer bringen und daran Weissagungen knüpfen." Der im 12. Jahrh. lebende Helmold sagt dagegen von den polabischen Slawen: "Außer den vielgestaltigen Gottheiten, denen sie Felder und Wälder, Trauer und Freuden zuteilen, glauben sie an einen Gott, der im Himmel über andere gebietet und der, während er als der allmächtige nur die himmlischen Dinge besorgt, alle andern Geschäfte den ihm untergebenen Göttern zuweist, die aus seinem Blut entsprossen, jeder um so ansehnlicher ist, je näher er dem Gott der Götter steht." Außer diesen beiden, durch klassische und christl. Anschauungen beeinflußten Angaben sind meist nur Götternamen, und zwar fast ausschließlich für die Slawen in Rußland, auf Rügen und in Pommern überliefert; für alle Südslawen, für Böhmen und Polen fehlen sogar bloße Namen vollständig. Namen russ. Götter sind Perun (Donner, vielleicht nur der Thor der Normannen), Wolos, Dažbog, Stribog; rügensche Gottheiten waren Svętovit (s. Swantevit) u. a., pommersche Triglov u. a.; bei Russen und Polaben in Radegast wird Svarožic genannt; für Göttinnen, obwohl solche z. B. von den Lutizen verehrt wurden, fehlen sogar jegliche Namen. Von diesen höhern Gottheiten ist frühzeitig jede Spur verloren gegangen; dagegen sind niedere Götter, die Dämonen in Wald und Feld, Wasser und Luft, Haus und Hof, noch heute bekannt, obwohl die meisten in ihren heutigen Namen und Eigenschaften fremden Einfluß (deutschen bei den Westslawen, neugriechischen bei Süd- und Ostslawen) verraten. Hierher gehören bei Südslawen die Vilen, bei Ostslawen die Rusalken (Nymphen); Rojenizen und Sojenizen (Geburts- und Schicksalsgeister); die Domowyje und Lieschije (Haus- und Waldgeister, unter verschiedenen Namen bei verschiedenen Stämmen), Pschipoldnizen (Mittagsfrauen), die Nixen, Vampyre, Nachtmaren, Währwölfe, Pestgeister, Hagelgeister, Kobolde (Schrättchen und Rotkäppchen); Baba Jaga u. a. Von den Slawen zwischen Elbe und Oder wird ein Dualismus zwischen Licht und Finsternis (Bělbog und Černobog) oder Göttern des Lichts und der Finsternis überliefert, der indes auf christl. Einfluß zu beruhen scheint. Die seit dem vorigen Jahrhundert bis heute immer wieder erscheinenden sog. slaw. Mythologien sind nur als Materialsammlungen und auch so nur mit Vorsicht zu brauchen, alle die Systemisierungen in den Werken von Hanusch (s. d.), Afanasjew (s. d.), Krek u. a. sind wertlos. Der erste, welcher richtigere Bahnen einschlug, war R. Berwinski (Studien über Volkslitteratur, polnisch, 2 Bde., Posen 1859); kritische Methode wurde dann wieder angewandt von Jagić und Brückner (im "Archiv für slaw. Philologie", Bd. 4, 5, 14). Eine erschöpfende kritische Darstellung des Gegenstandes fehlt.

Slawische Sprachen, die Sprachen der slaw. Völker, bilden eine besondere Sprachfamilie des indogerman. Sprachstammes. Die nächstverwandte Familie ist die litauische. Die gesamte slaw. Sprachfamilie wird eingeteilt in folgende Hauptgruppen: 1) bulgarische Gruppe (s. Bulgarische Sprache und Litteratur, und Kirchenslawisch); 2) serbokroatisch-slowenische Gruppe, zerfallend in die Unterabteilungen: a. Serbo-kroatisch (s. Serbische Sprache, Kroatische Sprache); b. Slowenisch (s. Slowenen); 3) russische Gruppe (s. Russische Sprache); 4) westslawische Gruppe, zerfallend in: a. Czechisch (s. Czechische Sprache); b. Sorbisch oder Wendisch (s. Wenden); c. Polnisch (s. Polnische Sprache); dazu gehört auch im weitern Sinne das Kassubische (s. Kassuben); d. das ausgestorbene sog. Polabische (s. Polaben). Die Gruppen 1-3 pflegt man auch als südöstl. Abteilung der S. S. der Gruppe 4 als westlicher gegenüber zu stellen, Bulgarisch, Serbo-Kroatisch, Slowenisch als südslaw. Sprachen zusammenzufassen. Die wissenschaftliche Forschung, die sich auf das Gesamtgebiet der S. S., auf deren Litteraturen, auf die slaw. Altertümer und verwandte Gebiete bezieht, bezeichnet man als slawische Philologie nach Analogie von germanischer, romanischer u. a. Philologie. Das Hauptwerk über die gesamte vergleichende Grammatik der slaw. Sprachfamilie ist: Miklosich, Vergleichende Grammatik der S. S. (4 Bde., Wien