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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Thiersch; Thiersheim; Thierstein; Thiessow; Thietmar

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Thiersch (Heinrich Wilh. Josias) - Thietmar

akademischen Lehrvorträgen" (Berl. 1846). Ferner schrieb er: "Über gelehrte Schulen, mit besonderer Rücksicht auf Bayern" (3 Bde., Stuttg. und Tüb. 1826-37) und "Über die neuesten Angriffe auf die Universitäten" (Stuttg. und Tüb. 1837). Sein Schulplan für die bayr. Gymnasien und lat. Schulen (mit Schelling 1829 entworfen) kam nur in verkümmerter Gestalt zur Ausführung. Streit entzündete T. durch die Schrift "Über den gegenwärtigen Zustand des öffentlichen Unterrichts in den westl. Staaten von Deutschland, in Holland, Frankreich und Belgien" (3 Bde., Stuttg. und Tüb. 1838). - Vgl. Heinr. Thiersch, Friedrich T.s Leben (2 Bde., Lpz. 1866).

Sein Bruder Bernhard T., geb. 26. April 1794 zu Kirchscheidungen, wurde 1817 Oberlehrer zu Gumbinnen, 1818 zu Lyck in Ostpreußen, 1823 am Gymnasium zu Halberstadt, 1832 Direktor des Gymnasiums zu Dortmund. Er starb emeritiert zu Bonn 1. Sept. 1855. Als Philolog ist er durch Schriften über die Homerische Frage sowie durch seine mit F. Ranke begonnene Ausgabe des Aristophanes, Bd. 1 u. 6 (Lpz. 1830), bekannt. Er ist der Dichter des "Preußenliedes".

Thiersch, Heinrich Wilh. Josias, prot. Theolog, später Anhänger des Irvingianismus (s. Irvingianer), Sohn von Friedr. Wilh. T., geb. 5. Nov. 1817 in München, studierte erst Philologie in München, dann Theologie in Erlangen, wurde 1838 Lehrer an der Missionsanstalt zu Basel, 1839 Repetent und 1840 Privatdocent in Erlangen, 1843 Professor der Theologie in Marburg. Er neigte sich mehr und mehr den Bestrebungen der apostolisch-kath. Kirche zu und trat, nach einer Reise nach England, 1850 von seiner theol. Professur zurück. Bis 1864 lehrte er in der philos. Fakultät zu Marburg, ging dann als "apostolischer Hirt für Süddeutschland und die Schweiz" nach München, von wo er 1868 nach Augsburg und 1875 nach Basel übersiedelte; hier starb er 3. Dez. 1885. Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: der gegen die Baursche Kritik gerichtete "Versuch zur Herstellung des histor. Standpunktes für die Kritik der neutestamentlichen Schriften" (Erlangen 1845), "Vorlesungen über Katholicismus und Protestantismus" (2 Bde., ebd. 1846; 2. Aufl. 1848), "Die Kirche im apostolischen Zeitalter" (Frankf. 1852; 3. Aufl., Augsb. 1879), "Über christl. Familienleben" (Frankf. 1854; 8. Aufl. 1889), "Die Gleichnisse Christi nach ihrer moralischen und prophetischen Bedeutung" (2. Aufl., Frankf. 1875), "Über die Gefahren und Hoffnungen der christl. Kirche" (Bas. 1877; 2. Aufl. 1878), "Inbegriff der christl. Lehre" (ebd. 1886; 3. Aufl. 1896). Außerdem schrieb er: "Griechenlands Schicksale vom Anfang des Befreiungskrieges bis auf die gegenwärtige Krisis" (Frankf. 1863) und die Biographie seines Vaters: "Friedr. T.' Leben" (2 Bde., Lpz. 1866). - Vgl. P. Wigand, Heinrich W. J. T.' Leben (Bas. 1888).

Thiersch, Karl, Chirurg, Bruder des vorigen, geb. 20. April 1822 zu München, studierte daselbst, in Berlin, Wien und Paris Medizin und machte 1850 als freiwilliger Arzt den zweiten schlesw.-holstein. Krieg mit, währenddessen Stromeyer auf seine chirurg. Ausbildung großen Einfluß übte. 1848-54 war er Profektor für pathol. Anatomie zu München, 1854 wurde er Professor der Chirurgie in Erlangen, 1867 in Leipzig. Er starb 28. April 1895 zu Leipzig. Um die Technik der Hauttransplantation hat sich T. dauernde Verdienste erworben. Unter T.' wissenschaftlichen Arbeiten sind hervorzuheben: eine Untersuchung über die Entwicklung der innern Genitalien, die für die Lehre vom Hermaphroditismus von Einfluß wurde (in Rubners "Mediz. Zeitschrift", Bd. 1, 1852); eine Experimentaluntersuchung über die Infektionsfähigkeit der Cholera, über die er in der 1867 von der Französischen Akademie gekrönten Schrift "Infektionsversuche an Tieren mit dem Inhalt des Choleradarms" (Münch. 1856) berichtete; ferner sein Werk "Der Epithelialkrebs namentlich der Haut" (Lpz. 1865, mit Atlas) und seine Arbeit in Pithas und Billroths "Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie" (Stuttg. 1867), über die feinern anatom. Veränderungen verwundeter Weichteile, sowie verschiedene Abhandlungen besonders auf dem Gebiete der plastischen Chirurgie. - Vgl. His, Karl Ludwig und Karl T. Akademische Gedächtnisrede (Lpz. 1895).

Thiersch, Ludw., Maler, geb. 12. April 1825 zu München, jüngster Bruder der beiden vorigen, machte seine Studien auf der Münchener Akademie, erst als Bildhauer unter Schwanthaler, später als Maler unter Julius Schnorr und Karl Schorn. Während eines dreijährigen Aufenthalts in Rom (1849-52) wandte er seine Aufmerksamkeit besonders den ältern Meistern, namentlich auch den alten Mosaiken in den Kirchen Roms zu. Im Herbst 1852 ging er nach Athen, wo er eine Professur der Malerei an der Kunstschule erhielt. 1855 in die Heimat zurückgekehrt, folgte er 1856 einem Rufe nach Wien, wo er den Plafond der griech. Kirche am Fleischmarkt mit Fresken schmückte; 1860-64 führte er zu Petersburg in den Kapellen der Paläste der Großfürsten Michael und Nikolaus in stereochromischer Manier umfangreiche Gemälde auf Goldgrund aus. Seit 1864 zu München lebend, malte er: Charon der Seelenführer, Triumphzug des Bacchus, Klage der Thetis um Achilles (Baron Sina in Wien), Altarbilder für die prot. Kirchen in Kempten und München und Predigt Pauli in Athen (Rathaus zu Athen), Alarich bei einem Gastmahl in Athen (jetzt in Neuyork). 1880 erhielt T. den Auftrag, für die neue griech. Kirche in London mehrere Gemälde zu malen, darunter das Ölbild Christus als Kinderfreund. Hierauf folgten die Ölgemälde Sieg Christi über die Macht der Finsternis, Orpheus von Eurydice getrennt, Christus auf dem Leidenswege und andere Bilder mytholog. Inhalts. 1891 erhielt er den Auftrag, für die neu erbaute griech. Kirche in Paris die Ikonostasbilder zu malen. 1893 malte er einen segnenden Christus für die prot. Kirche in Reichenhall, 1894 eine Himmelfahrt Christi für die Kapelle des syr. Waisenhauses in Jerusalem und 1895 Christus im Gebet zu Gethsemane für die prot. Markuskirche in München. T. lebt in München.

Thiersheim, bayr. Marktflecken, s. Bd. 17.

Thierstein, schweiz. Bezirk, s. Dorneck-Thierstein.

Thiessow, Dorf im Kreis Rügen des preuß. Reg.-Bez. Stralsund, auf der Halbinsel Mönchgut, hat (1895) etwa 200 evang. E., Postagentur, Telegraph, Dampferverbindung mit Stralsund im Sommer, Lotsenstation, Rettungsstation für Schiffbrüchige und wird als Seebad besucht. Östlich die ins Meer abfallende Landspitze Thiessower Höwt, nordwestlich der Große Zickersee mit Winterhafen.

Thietmar (auch Dietmar oder Dithmar geschrieben), Bischof von Merseburg, deutscher Chronist, geb. 25. Juli 975, Sohn des Grafen Siegfried von Walbeck, der ein naher Verwandter des Kaisers