Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

943

Zelle (Pflanzenzelle)

innerhalb jeder lebenden Pflanzenzelle, nur für die allerniedersten Organismen, die Bakterien und die nächstverwandten blaugrünen Spaltalgen ist es noch zweifelhaft, ob sie echte Kerne besitzen. Sehr zahlreiche Kerne enthalten z. B. die bereits erwähnten großen Z. von Caulerpa; bei den höhern Gewächsen sind unter andern die Milchröhren durch den Besitz von zahlreichen Kernen ausgezeichnet. An den meisten Kernen läßt sich namentlich nach entsprechender Tötung und Färbung eine feinere Struktur erkennen. Man unterscheidet innerhalb derselben das namentlich mit gewissen blauen Farbstoffen stark färbbare chromatische Kerngerüst und die meist rundlichen Kernkörperchen oder Nucleolen (n, Fig. 1 u. 8).

Die Vermehrung der Kerne geschieht, wie die der Z. selbst, ausschließlich durch Teilung, eine Neubildüng derselben aus dem übrigen Plasma ist wenigstens innerhalb der Pflanzenwelt für keinen einzigen Fall nachgewiesen. Während der Teilung der Kerne, die bei einkernigen Z. der Teilung dieser stets vorausgeht, finden meist sehr komplizierte Umlagerungen des Kerngerüstes statt, deren genaueres Studium zu dem interessanten Ergebnis geführt hat, daß die Kernteilung der Tier- und Pflanzenzellen in der Hauptsache nach dem gleichen Schema stattfindet. In den als normal anzusehenden Fällen entsteht nämlich aus dem Kerngerüst (g, Fig. 8) ein knäuelartig gewundener Faden (Fig. 9), der später in eine Anzahl von Segmenten, Chromosomen (s, Fig. 10 u. 11), zerfällt. Gleichzeitig werden weniger tinktionsfahige Fäden (a, Fig. 10-12) sichtbar, die zu einer spindelförmigen Figur angeordnet sind, deren Enden von den erst in neuester Zeit innerhalb der Tier- und Pflanzenzellen nachgewiesenen Centralkörpern oder Attraktionssphären (c, Fig. 1 u. 8-13) eingenommen werden. Allmählich wandern nun die Chromosomen sämtlich nach der Mitte zwischen den beiden Centralkörpern (Fig. 10), sie werden hier durch Längsspaltung in zwei Hälften zerlegt, die dann nach den beiden Polen der Kernspindel hin auseinander weichen (Fig. 11), um sich hier zu den beiden Tochterkernen zu vereinigen (Fig. 12 u. 13).

Über die Funktion des Kernes läßt sich zur Zeit noch keine zuverlässige Angabe machen. Vielfach wird derselbe aber als der alleinige oder wenigstens hauptsächlichste Träger der erblichen Eigenschaften innerhalb der Z. angesehen, und es wird zu Gunsten dieser Ansicht namentlich das Verhalten der Kerne in den Sexualorganen angeführt, in denen in der That die Kernsubstanz die übrigen Bestandteile häufig an Masse ganz bedeutend übertrifft.

Außer dem Zellkern finden sich innerhalb der Z. sehr häufig noch weitere plasmatische Einschlüsse, die unter der Bezeichnung Chromatophoren zusammengefaßt werden. Es gehören zu diesen vor allem die grüngefärbten Chlorophyllkörper (ch, Fig. 2 u. 3), die den grünen Pflanzenteilen ihre grüne Farbe verleihen und bei der Kohlensäureassimilation eine wichtige Rolle spielen, ferner die verschiedenartig gefärbten Farbstoffkörper mancher Blüten und Früchte, die in diesen namentlich gelbe und rote Farben hervorbringen, und schließlich farblose Körper, die, weil sie häufig bei der Stärkebildung eine Rolle spielen, auch wohl als Stärkebildner bezeichnet werden. Alle diese Körper stehen miteinander in genetischem Zusammenhange und können im Laufe der Entwicklung ineinander übergehen. Namentlich von Schmitz und Schimper wnrde auch gezeigt, daß die Chromatophoren sich jedenfalls in den meisten Fällen durch Teilung vermehren.

Die nach Abzug des Zellkernes und der Chromatophoren übrigbleibende Masse des Plasmakörpers wird als Cytoplasma bezeichnet. In diesem sind noch sehr verschiedenartige Einschlüsse, wie Öltropfen, Gerbstoffbläschen, Proteinkugeln u. dgl. sehr verbreitet. Nach der von Altmann zuerst für tierische Z. verteidigten Ansicht besitzt das Cytoplasma, abgesehen von jenen heterogenen Einschlüssen, eine feine Körnchenstruktur, und es wären diese mit Hilfe von speciellen Tinktionsmethoden nachweisbaren Körper, die als Granula bezeichnet werden, als die eigentlichen Elementarorganismen von Tier und Pflanze anzusehen. Jedenfalls kann als festgestellt gelten, daß der Plasmakörper der Z. einen sehr hoch differenzierten Organismus darstellt.

Der zweite Hauptbestandteil der Z., die Zellmembran (m, Fig. 1-4), besteht im allgemeinen in erster Linie aus einem mit der Stärke und dem Traubenzucker nahe verwandten Kohlehydrat der Cellulose. Außerdem finden sich in derselben aber noch sehr verschiedenartige andere Verbindungen, die zum Teil noch wenig erforscht sind. Gewöhnlich unterscheidet man außer den aus relativ reiner Cellulose bestehenden Membranen noch die verholzten, die verkorkten und die verschleimten. Die zuerst genannten bilden namentlich die Membranen innerhalb des Holzes und sind unter andern durch gewisse Farbenreaktionen, wie z. B. die Rotfärbung dnrch Phloroglucin und Salzsäure, charakterisiert; sie enthalten neben nicht näher bekannten aldehydartige Körper (Coniferin, Vanillin). Verkorkte Membranen finden sich bei jugendlichen und kurzlebigen Pflanzenteilen als Außenschicht der Epidermis (Cuticula), bei ältern Stamm- und Wurzelteilen innerhalb des Korkes. Bei diesen Membranen wird durch Einlagerung fettartiger Verbindungen die Permeabilität für Wasser herabgesetzt und so ein Schutz gegen allzustarke Transpiration hergestellt. Verschleimte Membranen finden sich namentlich bei zahlreichen Samen und Früchten, z. B. den Lein- und dem Quittensamen.

Als das einzige feste Organ innerhalb der Z. besitzt die Zellmembran natürlich in erster Linie eine mechan. Bedeutung, und so bestehen auch in zahlreichen Fällen diejenigen Z., die das eigentliche Skelett der Pflanze bilden, fast ausschließlich aus Membransubstanz (Fig. 5). Um ferner den Stofftransport von Z. zu Z. möglichst wenig zu beeinträchtigen, besitzen die meisten dickwandigen Membranen unverdickte Partien, die sog. Tüpfel (t, Fig. 5 u. 6), die jedenfalls in sehr vielen Fällen noch von zarten Plasmasträngen durchsetzt werden (Fig. 7). Es ist sogar nicht unwahrscheinlich, daß die gesamten Protoplasten einer höhern Pflanze durch solche Plasmaverbindungen miteinander in Zusammenhang stehen. Ob aber diese meist äußerst zarten Fäden einen regen Stoffaustausch vermitteln, scheint sehr zweifelhaft; wahrscheinlicher ist es wohl, daß sie nur zur Leitung von Reizen u. dgl. dienen.

Der Zellsaft stellt eine wässerige Lösung sehr verschiedenartiger Verbindungen dar und bildet in ältern Z. (Fig. 3) meist ein zusammenhängendes Ganzes, während in jüngern Z. (Fig. 2) meist mehrere von Zellsaft erfüllte Vakuolen vorhanden sind. Namentlich bei der Teilung der Z. findet sehr häufig eine Teilung der Vakuolen statt; doch hat sich die von de Vries verteidigte Ansicht, nach der sich die