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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Erythräa
als diese Versuche und Programme ist das preuh.
Gesetz vom 31. Juli 1895, betreffend die Errichtung
einer Centralanstalt zur Förderung des genossen-
schaftlichen Personalkredits (s. Centralgenossen-
schaftskasse). Derartigen staatlichen Einwirkungen
gegenüber hat der Allgemeine Verband deutscher E.
u. W. auf dem Genossenschaftstage zu Augsburg
1895 eine Erklärung zu Gunsten des Weges der
Selbsthilfe zur Erreichung der genossenschaftlichen
Ziele abgegeben, über die Centralkassen für Kredit-
genossenschaften s. Vorschuß- und Kreditvereine.
Die neueste Reform des Genossenschaftsrechts
(Reichsgesetz vom 12. Aug. 1890) betrifft nament-
lich die Konsumvereine (s.'d.); daneben werden noch
einige Abänderungen an den Bestimmungen über
Verteilung und Verwendung des Reinvermögens
bei Auflösung vorgenommen. 1896 ist der Anwalt
des Allgemeinen Verbands, Schenck, zurückgetreten
und an seine Stelle Dr. Hans Crügcr berufen worden.
In Österreich ist eine Reform des Gesetzes vom
9. April 1873 im Zuge. Im Dez. 1895 wurde be-
reits vom Abgcordnetcnhaufe ein Gesetzentwurf an-
genommen, welcher die Revisionspflicht einführt.
Die Genossenschaften werden danach verpflichtet,
ihre Einrichtungen und ihre Geschäftsführung min-
destens in jedem zweiten Jahre der Prüfung durch
einen fachverständigen Revisor zu unterziehen: zur
Bestellung der Revisoren sind in erster Linie die
Genossenschaftsvcrbände auserfehen. Im Okt. 1895
veranstaltete ferner die Regierung eine Enquete in
betreff einer Reihe von Fragen über die Abände-
rung und Ergänzung der bestehenden gesetzlichen
Vorschriften, so z. V. darüber, ob allgemein oder
hinsichtlich gewisser Gcnossenschastsarten der Ge-
schäftsverkehr mit Nichtmitgliedern zu untersagen
und ob bei Produktivgcnossenschaften die Beteili-
gung an der Produktion zur Bedingung der Mit-
gliedschaft zu machen wäre, über die Frage der obli-
gatorifchen Veröffentlichung der Jahresbilanz, der
Schaffung von Maßnahmen zur Erhöhung der Si-
cherheit der Gläubiger, anderwciter Regelung der
Verwaltung der Genossenschaften u. s. w. - Ins-
gesamt wurden in Österreich Ende 1893 (abgesehen
von 152 nicht oder noch nicht registrierten Genossen-
schaften) 2073 E. u. W. gezählt, welche sich vornehm-
lich als Vorschuß- und als Konsumvereine darstellen.
Von ihnen hatten 1434 die beschränkte, 1239 die
unbeschränkte.Haftpflicht.
In Frankreich weist die amtliche Statistik für
Ende 1895: 1217 Konsumvereine gegen 1158 im
Vorjahre nach. Die Durchschnittszahl ihrer Mit-
glieder betrug 350. Davon beschäftigten sich 509
Vereine nur mit dem Verkauf von Brot. Die Zahl
der gewerblichen Produktivgcnossenschaften stieg von
124 auf 191. Darunter ist am stärksten das Bau-
gewerbe, die Metall-, Holz-, Leder- und Textil-
industrie vertreten. Landwirtschaftliche Genossen-
schaften bestanden 134, deren größter Teil sich mit
dem Betrieb von Milchwirtschaften beschäftigt. 5
Baugenossenschaften vervollständigen die Liste der
franz. Koopcrativgenosscnsckaften. In das Budget
für 1896 erscheint ein Betrag von 140000 Frs.
zur Unterstützung der Arbeiterproduktiv- und Kredit-
vereine eingestellt. Eine Reform der Genossenschafts-
gesetzgebung ist 1896 im Senat hauptsächlich daran
gescheitert, daß sie die Befreiung dcr Genossenfchaf-
ten von der Gewerbesteuer (patente) aussprechcn
wollte, obgleich diese Excmtion in der Praxis that-
sächlich bisher bestanden hat.
Für Großbritannien liegt die auf dem letzten
Kongreß der (^o-operativs Union ol ^i-eat Lriwin
zu Woolwich 1896 gegebene Statistik vor, nach wel-
cher 1895 1711 Kooperativgescllschaften vorhanden
waren, deren Mitgliederzahl auf 1414158 ange-
geben ist, die Kapitalanteile betrugen 16164667
Pfd. St., die Verkäufe 52512126 und der Gewinn
5397582 Pfd. St. Darunter waren 210 Produktiv-
genossenschaften (s. d.). Von der größten Bedeu-
tung sind dort die Konsumvereine (s. o.), dann sind
auch die Baugenossenschaften (s. Ballgesellschaften)
stark vertreten.
In der Schweiz sind die Genossenschaften zwar
verpflichtet, sich ins Handelsregister eintragen zu
lassen: doch wird berichtet, daß die Eintragung nicht
überall erfolgt ist. Für Mitte 1895 werden 2223
E. u. W. nachgewiesen, davon entfallen 838 auf
Käfereigenossenschaftcn, 353 auf Sennereigenossen-
fchaften, 251 auf landwirtschaftliche Genossenfchaf-
ten zum Bezüge landwirtschaftlicher Bedarfsartikel,
220 auf Viehzüchtgenossenschaften, 202 auf Konsum-
vereine, dcr Rest auf andere Gattungen.
Über andere Länder liegen zumeist nur sehr un-
vollständige statist. Nachrichten vor. In Holland
dominieren unter den E. u. W. die Konsumvereine:
in Dänemark giebt es namentlich Baugenossen-
schaften, Konsumvereine, verschiedene landwirtschaft-
liche Genossenschaften: in Schweden sind sehr be-
merkenswert die Holzschncidcgenosscnschaften; in
Rußland gelangten namentlich Vorschußvereine
streng nach dem Schulze-Delitzschschen System zur Er-
richtung; in Italien sind namentlich die Darlehns-
vereine (s. Vorschuß- und Kreditvcreine) entwickelt.
Im 1.1895 tagte zu London cm internatio-
naler Genossenschaftstongreß, zu welchem
Vertreter aus England, Frankreich, Belgien, Hol-
land, Serbien, Italien, Deutschland, Schweiz und
Amerika erschienen waren. Beschlossen wurde dort
die Gründung eines internationalen Verbandes
zum Zwecke, die Genossenschaften dcr verschiedenen
Lander untereinander bekannt zu machen, die wah-
ren Principien des Genossenschaftswesens zu erläu-
tern und internationale Gcschäftsbeziehungen unter
den Genossenfchaften herzustellen. Zur Durchfüh-
rung der Befchlüsse wurde ein Centralkomitce mit
einem ständigen Bureau in London eingesetzt.
Vgl. Zeidler, Geschichte des deutschen Genossen-
schastswefens (Lpz. 1893): Parisius und Crüger,
Das Reichsgesetz betreffend die E. u. W. Kommen-
tar (2.^lufl., Verl. 1895): Crüger, Artikel E. u. W.
im 1. (^upplementbande zum "Handwörterbuch dcr
Staatswissenschaftcn" (Jena 1895): dcrs., Dcr heu-
tige Stand der E. u. W., in den "Jahrbüchern für
Nationalökonomie und Statistik" (ebd. 1895): ders.,
Jahresbericht für 1895 über die auf Selbsthilfe ge-
gründeten deutschen E. u. W. (Lpz. 1896): Knittel,
Beiträge zur Geschichte des deutschen GnvvsM-
fchaftswefens (Freib. i. Vr. 1895).
^Grythräa (s. die Karte: Ab cssin ie n, Ery-
thräailndSüdarabien,beimArtikelAbessinien).
Nach der Zählung von 1893 bestand die Bevölkerung
aus 191127 Eingeborenen und 3452 Fremden; Mas-
saua hatte 7775 E. Infolge dcr kriegerischen Ereig-
nisse der letzten Jahre hat sich dcr Handel mit dem
Hinterland nicht weiter entwickelt, und die gegenwär-
tigen Aussichten dcr Kolonie sind infolgedessen sehr
trübe. An einen Auffchwung kann erst gedacht wer-
den, wenn in Abessinien Ruhe und Friedcn wieder ein-
getreten, und wenn aus dem Reiche des Mahdi die