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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kamerun
mit riesenhaften Wedeln, unter denen die Hütten
der Neger winzig erscheinen, zum Teil ersetzt werden,
nnd das; die Bnschdickichte undurchdringlich gemacht
werden durch eigene Gattungen der schlingenden,
hakenbesetzten Notangpalmen (O^mus, Olicocala-
INU8, lli'6iQ08p3.t1i9.), wie in den ind. Dschungeln.
Daher entziehen sich auch hier an der Küste die
trocknern Vegetationsformen Afrikas mehr der Be-
obachtung, obgleich ein blattwechselnder Wollbaum,
Ui-ioäenäron 9.nfractu03uiu. _Dc., der höchste Baum
indem hinter der Küste sich ausbreitenden Savannen-
lande i"t, das den Charakter einer Waldlandschaft
durch viel-, an den wasserführenden Schluchten zer-
streute Baumbestände annimmt. Dies ^rioäenäi-on
blübt im März vor dem Austreiben neuer Blätter.
Wie weit sich diese feuchtheiße Vegetation land-
einwärts auf den die Thäler trennenden Rücken er-
streckt, bleibt zu erforschen; die Thäler selbst sind von
niederm immergrünem Buschwald eingefaßt.
Durch Anlegung einer botan. Station in Bue'a,
960in hoch, am südöstl. Hange des Kamerungebirges,
hat man den von der Tiefe nicht unerheblich abwei-
chenden Charakter des Vergurwaldes kennen gelernt,
der sich noch bis 22l)0in Höhe und in den Schluchten
sogar bis 2700 m Höhe forterstreckt, bis ihn dann
weite Bergwiesen und die Gestrüppe des zu den
Ginstersträuchern gehörenden ^äoiwcaipug Nlmuii
//00/c./. ablösen. Der Urwald in 1000 m Höbe ist
durch das Fehlen vonN'wäßnäron und der ebenfalls
blattwechselndcn, zu den Vignoniaceen gehörenden
sMttwäßu. climpiinuIatH /3eem. et I/oo^'. ausge-
zeichnet; die hohen Bäume besitzen hier keine tafel-
förmige Wurzelstreben und sind knorrig gewachsen,
die Lianen sind an Zahl viel geringer, dagegen Farne
und Moose sehr viel häusiger. Die Baumfarne über-
wiegen hier an charakteristischer Bedeutung im Ur-
wald wie auch im Buschwald, woselbst sie mit 8-10 m
Stammhöhe und vollen Kronen das Laubwerk der
Gehölze meist überragen. Bei 1500 m tritt in diesem
Urwald eine kleinfrüchtige Art des Kasseebaums
wild auf, wahrscheinlich ^oilsu In-^vipeä /ll6,',l.;
die Brauchbarkeit ihrer Früchte wäre zu versuchen.
Daß in einem solchen Lande tropische Kultur mit
günstigen Vegetationsbedingungen zu rechnen hat,
versteht sich von selbst. Im Küstenstrich wird überall
die Kokospalme angepflanzt; das wichtigste natür-
lich vorkommende Gewächs, das K. zum Handels-
platz und zur Kolonie erhoben hat, ist aber wiederum
die Ölpalme. Für den Küchenbedarf der Eingeborenen
sind Banane und Maniok die wichtigsten Gewächse.
Aber in einem Lande mit so vielen natürlichen Reich-
tümern wie in K. muß eine aufmerksame Kolonial-
wirtschaft besonders dafür sorgen, daß diejenigen
Ausfuhrartikel erhalten bleiben, die mit der Vernich-
tung ihrer Stammpflanzen zusammenhängen, wie
Kautschuk und Ebenholz. Hier muß ein geordnetes
Nachpflanzen einem später entstehenden Schaden vor-
beugen. - Vgl. Krause, Reiseeriunerungen (in "Bre-
mers naturwissenschaftlichen Abhandlungen", IX,
1887); Preuß, Berichte u. s. w. (in den "Mitteilungen
aus den deutschenSchutzgebieten", Bd. 5, Verl. 1892).
Bevölkerung u. s. w. Im I. 1895 waren in K.
230 Europäer (157 Deutsche) ansässig. Der Plan-
tagenbau ergiebt fortlaufend befriedigende Erfolge,
besonders in Kakao und arab. Kaffee, während
Liberiakaffee an einem Schimmelpilze litt. Zum
erstenmal wurden (1894/95) Vanille, Ingwer und
schwarzer Pfeffer in recht guter Qualität geerntet.
Die Bibundipflanzung hat den Surinamtabak durch
Habanatabak ersetzt, der zwar kleinere, aber bedeu-
tend bessere Ernten ergab. Infolge einer außerge-
wöhnlichen Trockenzeit und der Preisschwankungen
auf dem europ. Markt blieb der Ausfuhrwert 1894/95
(4081122 M.) um 693032 M. hinter dem des Vor-
jahres zurück, nur Kakao erfuhr eine Erhöhung. Die
Einfubr (6325208 M.) stieg um 1682581 M.
Palmöl, Palmkerne und Gummi mit je 1,i Mill. M.,
Elfenbein (0,56 Mill. M.), Kakao (0,n Mill. M.) und
Ebenholz (0,06 Mill. M.) waren die Hauptausfuhr-
artikel. Der Schiffsverkehr 1894/95 wies 81 Dampfer
(darunter 28 deutsche) mit 93384 t (31499 t) auf.
Während die deutschen Schiffe sich nur um eins gegen
das Vorjahr vermindert hatten, waren es 14 engl.
Dampfer weniger; es rührt dies daher, daß die
beiden hier in Betracht kommenden Liverpooler Ge-
sellschaften ihre Schiffe nur uoch alle vier Wochen
(anstatt 14tägig), aber direkt nach K. abgehen ließen.
Die Einnahmen aus Zöllen, Abgaben, Gebühren
u. s. w. betrugen 1894/95: 696 851 M. In das
Budget für 1897/98 wurden neben einem Neichs-
zuschuß von 691000 M. die Einnahmen aus Zöllen
n. s. w. mit 580000 M. eingesetzt. Regierungssta-
tionen bestanden Ende 1895 m Rio del Ney, Edea,
Iaunde, Lolodorf, Campo, Mundame, Johann-
Albrcchts-Höhe am Elefantensee (statt des frühern
Barombi) und Vuea, welch letzteres zugleich zum
Eckutze des Plantagenbaues und als Gesundheits-
station für die EnropÜer eingerichtet wurde. Die
vier Postanstalten in K., Victoria, Nio del Rey und
Kribi beförderten 1894/95: 35935 Briefsendungen,
1212 Pakete, 1153 Geldsendungen, 1329 Zeitungen
und 275 Telegramme. Die beiden Regicrungs-
schulen zu Bell- und Didodorf unterrichteten in sieben
Klassen zusammen 89 Schüler, darunter 4 Mädchen.
An Kolonisationsgesellschaften bestanden 1896:
1) die Kamerun-Land- und Plantagengesellschaft in
Hamburg (seit 1885); 2) die Tabaksbaugesellschaft
K., Iantzen, Thormählen und Dollmann in Ham-
bnra, (seit 1888); 3) die Kamerun-Hinterland-Gesell-
schaft in Berlin (seit 1894).
Geschichte. Lieutenant von uchtritz und Dr.
Passarge unternahmen im Sept. 1893 von Iola am
Binue aus eine Erpedition in das Hinterland von
K., in der Absicht, den Tschadsee zu erreichen. Sie
gelangten nach mehrern Gefechten in der Landschaft
Bnbandschidda bis Marrua, an der Grenze von
Borku. Durch kriegerische Unruhen zur Umkehr ge-
zwungen, durchzogen sie, unter Abschließung von
Verträgen, Süd-Ädamaua von Nganndere bis zum
Binue. Mit Bue'a (im Kamerungebirge) war im
Febr. 1893 Frieden geschlossen worden. Da aber
Knba, einer der vornehmsten und mächtigsten Häupt-
linge, die übernommenen Verpflichtungen nicht ein-
hielt, wurde Rittmeister von Stetten vom Gouver-
nenr im Dez. 1894 beauftragt, Bue'a militärisch zu
besetzen. Nach kurzem Kampfe gelang es ihm, sich
1. Jan. 1895 zum Herrn des Platzes zu machen;
doch erst Mitte März nach mehrern Gefechten und
nach dem Tode des Häuptlings Kuba unterwarf sich
der ganze Stamm. Darauf zog von Stetten gegen
die räuberischen Bakoko am untern Sannaga und
schlug sio im Mai 1895 derartig, daß von nnn an der
verkehr von der Küste nach der Iaundestation ge-
N
sichert erschien. Allein im Febr. 1896 mußte noch-
mals gegen die benachbarten Vogebetschi am Njong
unterHauptmannvonKamptzundLieutenantBartsch
zu Felde gezogen werden, bis auch diese sich im März
zu völliger Unterwerfung bereit erklärten.
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen. 4^