Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Baumwollensamenöl - Beaver
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Baumwollgewebe'
geschieht nicht nur durch Anwendung von Garnen verschiedener
Natur und Herkunft, sondern auch so, daß gleich zwei
verschiedene Spinnstoffe zu einem Faden versponnen werden.
Gegen Gemische, die sich für das geben, was sie sind, ist
nichts einzuwenden; schlimm aber ist es, wenn die Zumischung
zugleich eine Fälschung
ist, wenn z. B. Baumwolle sich in Leinengewebe einschleicht
und für solches gelten will, während sie in Wirklichkeit die
Ware so verschlechtert, daß sie nicht einmal so viel wert ist
als ein reines Baumwollgewebe. Die wichtigsten und konstanten
Baumwollstoffe, sowohl reine als gemischte, sind in unserm
Buche an ihrer betreffenden Stelle einzeln aufgeführt.
Baumwollene Waren werden jetzt in allen europäischen Ländern
mehr oder weniger fabriziert, und selbst Länder wie Rußland
machen Fortschritte nach dem Ziele, ihren innern Bedarf
selbst zu decken. Am ehesten wird dies wohl Nordamerika
gelingen, womit dann die fremde Einfuhr dort ihr natürliches
Ende erreicht haben wird. Hinsichtlich der Massenhaftigkeit
der Erzeugung steht noch immer England mit seinen guten
Absatzmärkten in Ostindien und anderwärts obenan; im Verhältnis
zur Größe der Länder zeigt sich ferner am produktivsten die
Schweiz, dann Frankreich, Deutschland, Belgien, Österreich.
Die englischen Fabrikate waren lange Zeit nicht nur die
vollkommensten und schönsten, sondern auch die wohlfeilsten;
sie stehen auch jetzt noch in letzterer Hinsicht etwas im
Vorteil; aber in betreff der Schönheit der Muster und Farben
können jetzt die Schweiz, Frankreich und auch Deutschland
schon ganz wohl mit ihnen konkurrieren. Für Deutschland
namentlich, das nur hinter Frankreich noch etwas zurücksteht,
fehlt es nur an größerem auswärtigen Absatz, um auch
niedrigere Preise stellen zu können, und sähen die heimischen
Abnehmer nicht so sehr auf niedere Preise, so würde sich die
Fabrikation in Rücksicht auf Schönheit und Geschmack wohl auf
den französischen Standpunkt stellen können. Im deutschen
Zollgebiet belief sich 1878 die Einfuhr von B. auf mehr als
53000 k, die Ausfuhr auf mehr als 16000000 k. - Zoll: S.
Tarif im Anh. Nr. 2 d 1-6, sowie die Anm. zu 2 d.
Baumwollensamenöl (lat.
Oleum Gossypii, engl.
cotton-oil); das fette Öl der Baumwollensamen; es wird teils
in den Produktionsländern der Baumwolle selbt
(Anmerkung des Editors: richtig: selbst) erzeugt,
teils wird es hier aus importierten Samen gewonnen, der
namentlich aus Nordamerika und Ägypten kommt. Auch Algier
versendet B. und Samen. Das rohe B. ist trübe und dunkelbraun
und kann nur als Schmieröl verwendet werden, das raffinierte
hat eine gelbe Farbe und wird teils als Brennöl, teils in der
Seifenfabrikation verwendet. Häufig mag es wohl auch zur
Verfälschung anderer fetter Öle dienen. Man kann annehmen,
daß jährlich ungefähr 1000 Millionen k Baumwollensamen
gewonnen werden, welche früher weggeworfen wurden; rechnet
man nur 150 Millionen k Ausbeute an Öl (die Samen enthalten
aber 30 bis 45% Öl), so repräsentiert dies einen Wert von 108
Millionen Mark. - Zoll: S. Tarif im Anh. Nr. 26 a 1 u. 4.
Bauxit (Beauxit); ein Mineral, welches
seinen
↔
Namen von der Gemeinde les Baux (östlich von Arles) im südlichen
Frankreich erhalten hat, wo es zuerst gefunden wurde; später
fand man es in großen Mengen auch noch in den Departements
Var, Gard und Hérault, ferner in der Grafschaft Antrim in
Irland und bei Pitter in der Nähe von Wiener-Neustadt. Einer
besonderen Art aus der Gegend von Feistritz in der Wochein
(Ober-Krain) hat man den Namen
Wocheinit gegeben. Der
B. ist in seinem Aussehen dem Bolus sehr ähnlich und dadurch
charakterisiert, daß er freie, nicht an Kieselsäure gebundene
Thonerde (Aluminiumoxyd) enthält, wodurch er eine große
technische Wichtigkeit erlangt. Seine Zusammensetzung ist
jedoch selbst an ein und demselben Fundorte sehr schwankend,
so daß der B. eigentlich kaum als selbständige Mineralspezies
angesehen werden kann. Die meisten B. sind Gemenge von
Thonerdehydrat mit Eisenoxydhydrat, Wocheinit enthält
außerdem noch etwas Kieselsäure. Der Thonerdegehalt der B.
steigt bloß zu 65%, der Gehalt an chemisch gebundene Wasser
schwankt zwischen 9 und 22%. Die Farbe ist meist rotbraun bis
dunkelrot, doch gibt es auch solchen, der nur sehr wenig
gefärbt ist. Der aus der Gegend von Arles soll der beste sein.
Der jährliche Export von B. aus der Wochein wird auf 150000
k angegeben. Verwendung findet derselbe zur Bereitung von Alaun,
schwefelsaurer Thonerde, Thonerdenatron und Aluminiummetall,
ferner auch zur Ausfütterung der Siemens'schen rotierenden
Öfen für Stahl- und Eisenbereitung. - Zollfrei.
Bayrischblau (Bairischblau), ein
Teerfarbstoff; er wird aus Diphenylamin bereitet und besteht
aus triphenylrosanilintrisulfosaurem Natron; es ist ein
dunkelblaues in Wasser lösliches Pulver. - Zollfrei. Zu
vergl. Anilinfarben.
Bdellium (Gummiresina Bdellium), ein
balsamisch riechendes Gummiharz aus Senegambien und der
afrikanischen Ostküste, stammt von
Balsamodendron africanum.
Das B. wurde früher in Apotheken verwendet, jetzt hat es nur
noch insofern Interesse, als es häufig in der käuflichen
Myrrhe gefunden wird, unter welche man es schon in den
Produktionsländern mischt; auch unter dem Senegalgummi will
man es gefunden haben. - Zollfrei.
Beaver (Biber) und
Beaverteen. Ursprünglich englische,
baumwollene, tuchartig gewebte und gerauhte langhaarige
Winterstoffe, welche den Kalmuck nachahmen sollen und die
billigsten, auch dauerhaften Stoffe zu Winterkleidung für die
arbeitenden Klassen abgeben. Die Beaverteens sind die
haltbarsten unter beiden. Die Stoffe werden nicht nur in
England, wo Manchester und Norwich die Hauptfabrikationsorte
sind, sondern auch im Zollverein und Österreich gut und als
eine gut gehende Ware gefertigt. Gladbach am Rhein zeichnet
sich namentlich durch Güte und Mannigfaltigkeit und Billigkeit
dieser Stoffe aus; sonst fabriziert man noch gute Ware zu
Ettlingen in Baden, in Hannover, Sachsen, Böhmen (hier zu
Niedergrund namentlich die zu Uniformröcken dienenden, schön
weiß gebleichten Biber). Es werden diese Stoffe aus Wolle,
neuerdings meistens aus Baumwolle gewebt, stark mit dem Striche
der Länge nach aufgerauht, gewöhnlich
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 45.