Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Bibergeil - Bier
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Biberfelle'
kommen in Kanada nicht selten vor; selten dagegen sind
hellgelbe, ganz weiße und schwarze. Die Felle junger Tiere
sind überall die teuersten, da ihr Haar am feinsten und
glänzendsten ist und sie sich am leichtesten färben lassen.
Neuerdings hat man für die B. eine neue Art der Verwendung
gefunden; es wird nämlich auf einer besondern Maschine das
Oberhaar gänzlich entfernt und so gleichsam das Fell eines
neuen Tieres erhalten, das ein schönes leichtes und seidenartiges
Pelzwerk für Frauentracht gibt, woran morgen- wie abendländische
Damen Gefallen finden. Die Felle ausgewachsener Biber sind
bis zu 1 m lang. Am besten ist die Ware, wenn die Tiere im
Winter gefangen wurden (Winterbiber). Gefangen werden jährlich
circa 30000 Stück in Asien und Alaska und 130000 Stück in
Nordamerika. - Zollfrei.
Bibergeil (Castoreum); Artikel des
Droguenhandels, besteht aus den getrockneten Beuteln, welche
zu je zwei, sowohl beim männlichen, als auch beim weiblichen
Biber sich in der Nähe der Geschlechtsteile unter der Haut
finden und im frischen Zustande eine weiche und schmierige
Masse enthalten, die ausgetrocknet hart, braun und zerreiblich
ist und einen durchdringenden, starken Geruch besitzt. Die
Beutel sind aus vier übereinander liegenden Häuten gebildet.
Das B. wird nur medizinisch verwendet, jetzt aber viel weniger
als früher. Man unterscheidet zwei Sorten, das B. der alten
Welt, vom europäischen Biber (Castor Biber) und das der neuen
Welt vom nordamerikanischen Biber (Castor americanus); beide
zeigen einen sehr bedeutenden Preisunterschied, während das
letztere, gewöhnlich kanadisches B.
(Castoreum canadense)
genannt, je nach Qualität bei uns 40-90 Mark pro Kilo kostet,
ist der Preis des europäischen 1100 M. pro Kilo. Letzteres
führt allgemein den Namen sibirisches
oder russisches B. (Castoreum
sibiricum oder moscoviticum),
da Deutschland jetzt so gut wie nichts mehr liefert, sondern
hauptsächlich Rußland und Sibirien. Beide Sorten unterscheiden
sich durch folgende Merkmale: Während die Beutel des sibirischen
B. oval und wenig zusammengedrückt erscheinen, auch nicht
runzelig und zusammengeschrumpft sind, besteht das kanadische
B. aus mehr birnförmigen, flachgedrückten Beuteln mit runzeliger
Haut; bei dem sibirischen lassen sich die beiden äußeren Häute
bequem ablösen und in der Mitte des Inhalts ist eine Höhlung,
welche bei dem kanadischen fehlt, bei dem sich auch die Häute
nicht ablösen lassen. Der Inhalt der sibirischen Beutel ist
braun, niemals glänzend oder harzig, sondern fast erdig,
während derjenige der kanadischen Beutel rotbraun und auf
dem Bruche harzartig glänzend ist; auch ist der Geruch des
letzteren bedeutend schwächer. Die Menge des kanadischen B.,
welche durch die Hudsonbay-Gesellschaft alljährlich auf den
Londoner Markt gebracht wird, beträgt immer noch 500 bis 2500
k; dasselbe wird in jährlich zwei Auktionen (August und
Dezember) verkauft. - Zollfrei.
Bier (lat.
cerevisia, franz. bière,
engl. beer, ital. birra); ein aus gemalztem Getreide
bereitetes, der geistigen Gärung unterworfen gewesenes
↔
und noch sehr langsam fortgärendes Getränk, welches in großem
Maßstabe in den Brauereien
erzeugt und oft weithin versendet wird. Die Materialien, aus
denen man das B. herstellt, sind Wasser, Getreide und Hopfen.
Am geeignetsten zum Bierbrauen ist die Gerste und diese wird
auch am häufigsten hierzu verwendet; für manche Sorten setzt
man noch Weizen, Hafer oder etwas Reis zu. Die Gerste wird
zunächst in Malz umgewandelt,
indem man sie nach dem Einquellen in Wasser auf der Keimtenne
ausbreitet und hier so lange liegen läßt, bis die Würzelchen
hervorbrechen und ungefähr die 1½ fache Länge des Kornes
erreicht haben. Hierauf unterbricht man die Keimung und trocknet
die Körner, welche nun Malz
heißen, zunächst an der Luft ab
(Luftmalz); nicht immer,
aber gewöhnlich wird das Malz dann noch einer höheren Temperatur
ausgesetzt (Darrmalz),
wodurch es haltbarer und aromatischer wird. Für dunkele B. wird
ein Teil des Malzes so stark wie Kaffee geröstet, es ist dies
das Farbmalz. Die Umwandlung
der Gerste in Malz hat den Zweck, das darin enthaltene
Stärkemehl bei dem nun folgenden Einmaischen mit Wasser in
Dextrin und Zucker zu verwandeln. Zuvor wird das Malz noch grob
gemahlen (geschroten). Da die Gerste sich am besten zum Malzen
eignet und schon eine geringe Menge davon hinreichend ist, um
eine große Menge Stärke in der angegebenen Weise umzuwandeln,
so wird gewöhnlich nur Gerste gemalzt und das übrige Getreide,
falls man solches verwendet, in ungemalztem Zustande zugesetzt.
Das Einmaischen muß so geleitet werden, daß sämtliche Stärke
in Dextrin, aber nur ein Teil des letzteren in Zucker verwandelt
wird. Der hierbei sich bildende Zucker wird
Maltose genannt und der
Stoff, welcher beim Keimen der Gerste sich bildet und beim
Maischen diese Umwandlung bewirkt,
Diastase. Die Maische wird
dann von den Trebern getrennt und im Braukessel gekocht, wobei
zugleich der Hopfen zugesetzt wird; die so erhaltene Flüssigkeit
heißt nun Würze. Die Methoden des Maischens und Würzekochens
sind sehr verschieden und lassen sich in zwei Hauptmethoden,
das Infusions- und das
Dekoktionsverfahren
zusammenfassen. Die gekochte Würze muß möglichst schnell und
gut abgekühlt werden; dann bringt man sie in die Gärbottiche,
setzt Hefe zu und leitet so die Gärung ein. Die gegorene
Würze heißt dann Bier. Durch die Gärung wird der vorhandene
Zucker (Maltose) zum größten Teile in Alkohol und Kohlensäure
zersetzt. Je nachdem die Gärung geleitet wird, unterscheidet
man untergärige und
obergärige Biere; bei
ersteren setzt sich die Hefe, welche während der Gärung neu
gebildet wird und durch deren Wachstum die Gärung überhaupt
eingeleitet und fortgeführt wird, hauptsächlich unten am Boden
ab, bei letzteren, den obergärigen B. dagegen scheidet sie
sich oben ab. Selbstgärende Biere - ohne Hefezusatz - werden
nur in Belgien gebraut, sie haben stets einen säuerlichen
Geschmack. Nach der Hauptgärung hat das B. noch eine langsamer
und ruhiger verlaufende Nachgärung durchzumachen; dieselbe
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 51.