Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Bilsenkraut - Bittermandelöl
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Bijouteriewaren'
aufgenommen. Der Eisenschmuck, der sich etwas dauernder in
Gunst zu halten scheint, hat in Berlin seinen Ursprung genommen
und eine vorzügliche Ausbildung erhalten. Die gewöhnlichen
echten und unechten Schmuckwaren werden in Frankreich,
richtiger nur in Paris in großer Menge und sehr geschmackvoll
fabriziert; in England zeichnen sich London und Birmingham in
diesem Artikel aus, während in Deutschland die Industrie in
echten und unechten Waren sich hauptsächlich in Pforzheim,
Hanau, Stuttgart, Schwäb. Gmünd, Nürnberg, Fürth konzentriert.
Die deutsche Industrie hat gute Fortschritte gemacht und steht
in manchen Zweigen hinter der französischen durchaus nicht
zurück. Namentlich im letzten Jahrzehent hat Deutschland einen
großen Fortschritt in der Erzeugung von B. gemacht. - Zoll:
B. aus Eisenguß s. Tarif im Anh. Nr. 6 e 3 a, aus Stahl Nr.
6 e 3 β; aus Messing und ähnl. Kupferlegierungen Nr. 19 d 3;
fein gearbeitete aus Nickel Nr. 20 b 2; aus echt vergoldetem
oder versilbertem unedlem Metall Nr. 20 b 1, aus Gold oder
Silber Nr. 20 a.
Bilsenkraut (Totenblumenkraut,
Teufelsauge, Gichtkraut; Hyoscyamus
niger, franz. la hannebane, jusquiane, engl. Henbane,
Hog's-Bean); die von zweijährigen Pflanzen zu Anfang der
Blütezeit gesammelten und getrockneten Blätter von
Hyoscyamus niger, einer
in ganz Mitteleuropa wildwachsenden Giftpflanze. Die großen,
schlaffen, weichen, zottigen Blätter sind buchtig gezahnt,
graugrün, besitzen einen widerlich betäubenden Geruch und
scharfen, bittern Geschmack. Die Bilsenkrautblätter müssen
alle Jahre erneuert werden und sind an dunkeln und trockenen
Orten aufzubewahren. Der wirksame Bestandteil ist das giftige
Alkaloid Hyoscyamin. Das
B. wird in Apotheken verwendet, man stellt daraus ein Extrakt
(Extractum Hyoscyami)
dar; an das Publikum darf B. von den Droguisten im Kleinhandel
nicht abgegeben werden. - In der Gegend von Gernrode,
Quedlinburg, Ballenstädt wird das B. für medizinische Zwecke
angebaut. - Zollfrei.
Bimsstein (lat.
lapis pumicis oder
pumex, franz. pierre-pouce,
engl. pumice-stone); äußerst poröses und daher leichtes
vulkanisches Gestein, welches durch Erstarrung von
geschmolzenen, von Dämpfen und Gasen schaumig aufgetriebenen
Obsidian entstanden ist; gewöhnlich von weißer oder grauer
Farbe. Das Vorkommen von B. ist an die Vulkane gebunden, wo
er sich teils in Form loser Auswürflinge, teils in Verbindung
mit Obsidian- und Perlitströmen findet. Der meiste kommt von
den Inseln Lipari in Italien und Santorin in Griechenland.
Der B. wird teils in ganzen Stücken, teils als Pulver zum
Schleifen und Polieren verwendet; Bimssteinpulver benutzt man
ferner zur Bereitung der
Bimssteinseife für Arbeiter.
B. ist zollfrei. - Man macht auch sogenannten
künstlichen B.
Birkenteer (Dagget, Doggert, Dziegiec,
oleum betulinum,
oleum Rusci); eine
braunschwarze, ziemlich dickflüssige Masse von eigentümlichem
Gerüche, wird in Rußland in großer Menge durch trockene
Destillation der Birkenrinde bereitet und bei der Herstellung
des Juchtenleders
↔
verwendet, welches hierdurch seinen aromatischen Geruch erhält.
Aus dem B. erhält man durch Destillation das
Birkenteeröl, welches
frisch bereitet gelblich und klar ist, sich aber bald braun
färbt. - Zollfrei, ebenso das B.öl.
Bisamfelle. Das
Ondatra oder die kanadische
Bisamratte, nach Gestalt
und Lebensweise einer großen Wasserratte gleichend, lebt in
Nordamerika, besonders im englischen, in allen Gewässern und
wird an den Seen ihres Pelzes willen jährlich zu Millionen
gefangen. Vor einem Menschenalter waren die 30 cm langen,
hellbraunen, rotgrauen bis schwarzen Felle noch kein eigentlicher
Pelzartikel, sondern die Haare wurden mit denen von Hasen und
Bibern zu Hüten verarbeitet. Nachdem die Seidenhüte die filznen
verdrängt und die B. dadurch fast wertlos geworden, suchte man
dieselben als Pelzwerk in Aufnahme zu bringen, was anfangs
wegen ihres Moschusgeruches etwas schwierig war. Jetzt ist
man dessen gewöhnt und der Bisam ist in Deutschland wie
außerhalb ein vielgebrauchter Artikel zu Pelzen, Kragen und
Muffen. In Leipzig werden jährlich über 3 Mill. Felle umgesetzt,
zu 75-300 Mark die 100 Stück. - Aus Rußland (Sibirien) kommen
von einer kleinem Wasserratte schön schwarze Fellchen mit
silbergrauem Bauch, die besonders geschätzt sind. - Zollfrei.
Waren daraus gemäß Tarif im Anh. Nr. 28 a bezw. Nr. 28 b.
Bismarkbraun (Vesuvin,
Phenylendiaminbraun); ein Teerfarbstoff für Wolle und Baumwolle,
wird aus dem Dinitrobenzol durch Einwirkung reduzierender
Substanzen, z. B. Zink und Salzsäure, dargestellt; es ist ein
braunes, in Wasser lösliches Pulver. - Zollfrei. Zu vergl.
Anilin.
Bister (Rußbraun, frz. bistreux, engl.
bistre); eine braune Farbe, besteht aus gereinigtem und
präpariertem Glanzruß.
Mineralischer B. ist
Manganoxydhydrat. -
Zollfrei.
Bitterklee (Fieberklee, Sumpfklee,
lat. herba Trifolii fibrini,
franz. trèfle d'eau, engl. Bog Beau, Marsh-Trefoil); die
getrockneten, langstieligen, dreiteiligen Blätter von
Menyanthes trifoliata,
einer bekannten, zu den Gentianeen gehörigen Wasserpflanze;
sie enthalten einen Bitterstoff, das
Menganthin und werden
teils in Apotheken, teils bei der Bereitung bitterer Liköre
verwendet. - Zollfrei.
Bittermandelöl
(Oleum Amygdalarum amararum
aethereum, frz. Essence d'Amandes amères, engl. oil
of almonds). Unter diesem Namen versteht man im Handel immer
das aus den bittern Mandeln gewonnene, stark riechende
ätherische Öl, während das geruchlose fette Öl der bittern
Mandeln stets als süßes Mandelöl verkauft wird. Das B. ist
in den bittern Mandeln nicht fertig gebildet enthalten,
sondern entsteht erst aus dem darin enthaltenen
Amygdalin
(s. d.) beim Zusammenbringen der Mandeln mit einer genügenden
Menge Wasser. Man preßt zunächst das fette Öl ab, rührt den
Rückstand mit kaltem Wasser an und destilliert dann mit Dampf
das entstandene Öl ab. Nebenbei erhält man Bittermandelwasser,
welches den Geruch des B. besitzt, da sich eine kleine Menge
von demselben in den mit
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 53.