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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Ultramarin

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Ultramarin - Ultramarin

Interessant ist auch die Harder'sche Jahresuhr mit Rotationspendel. Um das lästige Mitführen des Uhrschlüssels zu ersparen hat man die Remontoirs erfunden und v. Löhr erfand in der Perpetuale eine U., welche sich bei genügender täglicher Bewegung des Tragenden von selbst wieder aufzieht. - Zoll: Taschenuhren gem. Tarif Nr. 20 a; Wand-, Stutz-, Wecker-, Regulatoruhren, ebenso Chronometer, sofern sie nicht durch Verbindung mit edlem Metall etc. unter Tarifnummer 20 a fallen, Nr. 20 b 3; Turmuhren Nr. 6 e 2 β; Uhrzeigerwerke, elektrische, pneumatische und andre, Nr. 6 e 3 γ.

Ultramarin, künstiches ^[richtig: künstliches] (franz. outremer, engl. ultramarine oder lazuline). Über das natürliche U., das Original, dessen Nachbildung der Chemie zuerst 1828 gelungen ist, ist im Artikel „Lasurstein“ das Nötige gesagt. Die Idee zu einer künstlichen Darstellung dieser schönen blauen und so teuer bezahlten Farbe mußte natürlich sofort auftauchen, nachdem die Chemie die Bestandteile derselben ermittelt hatte. In früherer Zeit vermutete man einen Kupfergehalt als Ursache der blauen Farbe, was später als irrig erwiesen wurde. Es fanden sich nur Kieselsäure und Thonerde, Natron und Schwefel, daneben kleine wechselnde Mengen von Kalk und Eisen. Natürlich hielt man nun das Eisen für den bläuenden Stoff und es wurde schon geraume Zeit U. fabriziert, bis man sich von dessen Entbehrlichkeit überzeugte.

Im Jahre 1824 wurde in Frankreich eine Prämie für die Entdeckung einer Fabrikationsmethode ausgesetzt; 1828 hatte Guimet eine solche gefunden, behielt sie aber für sich und gründete eine, noch bestehende Fabrik, welche das Blau zu immer noch hohen Preisen verkaufte und ihren Besitzer zum Millionär machte. Gleichzeitig mit Guimet und selbständig hatte sich aber auch Professor Gmelin in Tübingen mit dem Gegenstande beschäftigt und der uneigennützigen Veröffentlichung seiner Erfahrungen ist es zu danken, daß in Deutschland diese Fabrikation sich bald auf selbständiger Basis ausbilden konnte, ein Geschäftszweig, der jetzt bei uns in großartiger Entwicklung dasteht.

Die Darstellungsweise selbst besteht im allgemeinen in einer Vereinigung der gemischten Ingredienzen durch Hitze; in den Einzelheiten bestehen in den verschiednen Fabriken mancherlei Abweichungen und jedenfalls auch geheim gehaltene Fabrikvorteile. Die Grundlage bildet reiner Porzellanthon (Kaolin), in welchem Kieselsäure und Thonerde gegeben sind. Das Natron wird entweder in Form von Glaubersalz (schwefelsaures Natron) oder von Soda (kohlensaures Natron) gegeben. Im ersterem Falle nennt man das Produkt Sulfatultramarin, im letzteren Sodaultramarin. Meistens werden beide Salze zugleich angewandt. Kohle und Schwefel sind die übrigen Bestandteile der Mischung. Bei Sulfatultramarin läßt man beim ersten Glühen den Schwefel weg. Sämtliche Stoffe müssen wasserfrei sein, daher sowohl der vorher sorgfältig geschlemmte Thon, als die Salze erst kalciniert werden. Die Kohle kann Holzkohle oder auch gute gesiebte Steinkohle sein.

Die feinste Pulverisierung und innigste Mischung aller Stoffe ist eine Hauptsache. Die Mischungsverhältnisse sind in verschiednen Rezepten auch schwankend und der Natrongehalt ist geringer oder größer, je nach der Nuance, welche die Farbe erhalten soll. Die Mischung wird als ein gleichmäßig graues, feines trocknes Pulver in Töpfe oder Tiegel von feuerfestem Thon gefüllt und nur mässig eingedrückt. Einige hundert solcher Gefässe werden in einem Brennofen reihenweise und gewöhnlich säulenförmig so aufgebaut, daß eines das andere schließt und nur das obere einer Deckplatte bedarf. Dann wird gefeuert wie in einem Töpferofen und für allmähliche Steigerung und möglichst gleiche Verteilung der Hitze gesorgt. Zu einer gewissen Periode entweichen Schwefeldämpfe und bilden an den Töpfen blaue Flämmchen. Wenn dies aufgehört hat, wird die Hitze gesteigert bis zum Eintritt schwacher Weißglühhitze. Ein solcher Brand dauert nach Umständen acht bis zehn Stunden oder länger. Hierauf überläßt man den Ofen sich selbst, bis er völlig ausgekühlt ist, nimmt dann die Tiegel heraus und entleert sie.

Der gesinterte Inhalt sieht bei Sulfatultramarin grünlich aus, bei Sodaultramarin ist er jedoch sogleich blau, aber noch von blaßer und unreiner Nüance. Das grüne Produkt wird gemahlen, gesiebt und entweder als grünes U. verkauft, oder durch Brennen mit Schwefel in blaues übergeführt. Das grüne U. des Handels ist ein bläulich grünes Pulver von nicht brillanter Farbe, die aber dauerhaft an Luft und Licht ist und auf Kalk gut steht. Sie findet ihre Verwendung da, wo sie hinpaßt. Einzelne Fabriken liefern dieses Grün in besonders wohlgefälligen Nüancen.

Die gebrannte Masse wird, um sie in blaues U. von schöner Färbung zu verwandeln, mit Wasser extrahiert, zunächst mit wenigem, um die in der Masse gebildete Natronschwefelleber in konzentrierter Lösung zu erhalten. Dieselbe wird zur Trockne eingedampft und die Schwefelleber bei einer nachfolgenden Massebereitung mit hinzugenommen, wo sie dann einen Anteil Glaubersalz vertritt. Nachdem nun die Masse noch weiter mit vielem Wasser gründlich ausgewaschen wurde, wird der Bodensatz getrocknet und unterliegt nun dem schwierigsten Teile der Fabrikation, dem Blaubrennen, durch welches dem grünen oder schmutzigblauen Stoffe noch ein Anteil Schwefel einverleibt werden soll, um die schöne blaue Farbe zu entwickeln. Das Brennen geschieht entweder auf einem überwölbten backofenförmigen Herde oder in eisernen Cylindern, die mit einem Luftloch und einer Rührwelle mit Flügeln versehen sind. Die Öfen, resp. Cylinder, werden in dunkler Rotglut erhalten und das mit einigen Prozent Schwefelpulver gemengte Grün wird in flacher Schicht eingetragen. Der Schwefel entzündet sich und brennt unter beschränktem Luftzutritt langsam ab; die blaue Farbe tritt immer mehr hervor, und man streut neuen Schwefel auf und fährt mit Rühren fort, bis dieselbe sich nicht mehr steigert. Man zieht dann die Masse heraus in eiserne Kästen, wäscht sie nach dem Abkühlen gut aus, trocknet und siebt sie. Um helle rein blaue Nüancen zu erhalten, wird das Blau noch