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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

Schlagworte auf dieser Seite: Acidum sulfuricum crudum; Rohe oder englische Schwefelsäure

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Chemikalien unorganischen Ursprungs.

leicht die Unannehmlichkeit hervor, dass die feste Masse beim Neigen der Flasche nach vorn schiesst und so ein starkes Spritzen verursacht. Man bewahrt deshalb die rauchende Schwefelsäure in mäßig warmen Räumen auf, damit sie nicht zum Krystallisiren kommt. Die Säure wird heute nicht mehr, wie man aus ihrem Namen schliessen sollte, in Nordhausen, sondern hauptsächlich in einigen böhmischen Fabriken dargestellt und zwar aus den Mutterlaugen des Eisenvitrioles (daher der Name Vitriolöl). Diese Laugen werden eingedampft und vollständig zur Trockne gebracht; sie bestehen nun aus einem sehr unreinen Ferrisulfat (schwefelsaurem Eisenoxyd), aus dem die Schwefelsäure durch Glühen in thönernen Retorten abgetrieben wird, siehe Fig. 189, während in die ebenfalls thönernen Vorlagen ein wenig englische Schwefelsäure gebracht wird. Das Ferrisulfat würde reines Anhydrid geben, wenn es im Grossen gelänge, dasselbe wasserfrei herzustellen; da dies aber niemals der Fall ist, so wird nur ein Theil der Säure als Anhydrid, der andere als Hydrat gewonnen. Der Retortenrückstand, aus mehr oder weniger unreinem Eisenoxyd bestehend, kommt unter dem Namen Colcotar vitrioli oder Caput mortuum in den Handel.

Anwendung. Die rauchende Schwefelsäure kommt überall da zur Verwendung, wo es entweder auf eine sehr starke Säure ankommt, oder darauf, dass dieselbe gänzlich frei von Nitroverbindungen ist. Früher diente sie namentlich zur Auflösung des Indigo (1 Th. Indigo, 4 Th. Säure), heute in grossen Mengen zur Reinigung des rohen Ozokerits, und in der Theerfarbenindustrie zur Herstellung des Eosins etc.

Acidum sulfuricum crudum oder Anglicum. +

Rohe oder englische Schwefelsäure.

H2SO4^[H_{2}SO_{4}].

Diese wichtigste aller Schwefelsäuren kommt in sehr verschiedenen Stärkegraden in den Handel, doch bestehen selbst die stärksten Sorten noch

^[Abb:Fig. 189. Darstellung der rauchenden Schwefelsäure. A Thönerne Retorten. B Thönerne Vorlagen.]