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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Malerei des 16. Jahrhunderts

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Die Malerei des 16. Jahrhunderts.

während jener schon mit der neuen Richtung durch den Vater und Burgkmair vertraut geworden war. Auch in ihrer persönlichen Art unterscheiden sich die beiden; Dürer ist der ernste, gemütstiefe und geistesstarke, unermüdlich vorwärtsstrebende Meister, der alle Aufgaben mit ganzer Seele erfaßt. Holbein war leichtlebiger, ein lebensfroher Mann, der das Heitere und Prächtige liebte und die sinnfällige Schönheit über die innerliche Wahrhaftigkeit stellte. Dürer blieb immer der Deutsche, der die Dinge gründlich und schwer nimmt; Holbein ist Weltmann und ein "Renaissancemensch", wie seine italienischen Zeitgenossen. Steht er daher an geistiger und sittlicher Kraft hinter Dürer zurück, so übertrifft er ihn doch noch in einem Punkte: in der Farbengebung. Seine Farben sind von höchster Leuchtkraft, dabei stets schön zusammengestimmt und fein abgetönt; das Spiel des Lichtes giebt er mit einer Meisterschaft wieder, die an Correggio erinnert; Holbein ist eben Farbenkünstler und als solcher fand er unter seinen Zeitgenossen keinen, der sich ihm gleichstellen konnte. Daß er dabei auch das Zeichnerische mit vollster Sicherheit beherrschte, dafür zeugen seine zahlreichen Holzschnitte und Handzeichnungen, die zwar weniger kraftvoll als jene Dürers, dafür aber gefallsam und von reizendem Fluß der Linien sind.