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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Bogen

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Erläuterungen.

ranke von der in 3 gezeigten Form. Aus dieser entwickelt sich dann in der deutschen Hochrenaissance ein geschlitztes Rollenwerk (4), das fast an keinem Bauwerk oder Möbel fehlt.

Im Barockstil wird daraus ein wuchtiges Gebilde nach Art des in 5 abgebildeten. Das sogenannte Volutenauge quillt heraus, die Schneckengänge erheben sich aus der Fläche. Im Rokokostil tritt die Volute an jedem Kunstgewerbe-Erzeugnis auf; an Möbeln, am Stuck der Decken, im Schmuckwerk der Wände, kurz überall dort, wo sich überhaupt Schnörkelwerk anbringen läßt, ist sie zu finden und zwar in einer, wie 6 zeigt, umgebildeten Form. Aus der schweren Barockvolute ist ein zierliches Linienspiel geworden.

Im Zopfstil besinnt man sich, daß das Spielerische des Rokoko keine ernste Kunst sein kann, man sucht durch Rückkehr zu strengeren Formen den vermißten Ernst zurückzugewinnen, erhält aber, da der Sinn für wirkliche Reinheit und Einfachheit der Stilformen verloren ging, nur einen steifen Mischstil, dessen Eigenheit auch wieder die Volute erkennen läßt (7).

Schließlich gewinnt das Streben nach Einfachheit und Natürlichkeit die Oberhand, und am Beginn des 19. Jahrhunderts taucht als Rückschlag auf die Ausschweifungen von Barock und Rokoko, die antike Formenwelt im Empirestil ganz unvermittelt auf. Man kehrte zur einfachen Linie zurück, vermied alles Ueberflüssige, und formte alles nach antiken Mustern einfachster Art um. Die Volute macht die Wandlung natürlich mit, die Form ist völlig einfach geworden und erinnert an den griechischen Mäander (8).

Bogen. Für den Stil eines Bauwerkes ist die Gestalt der Bogen eines der augenfälligsten Merkmale. - In der Fig. 720 sind die wichtigsten Bogenformen mit ihren Konstruktionen angegeben. (0 bedeutet jedesmal den Mittelpunkt der erzeugenden Kreise.) - 1 ist der gewöhnliche Rundbogen, 2 u. 3 der flache oder Stichbogen, 4 der Korbbogen, der meist anstatt des schwieriger zu konstruierenden Ellipsenbogens verwendet wird, 5 der steigende oder einhälftige Bogen (die Spannung a - b ist in c nach dem "goldenen Schnitt" geteilt), 6 der erhöhte Spitzbogen oder Lanzettbogen, 7 der einfache oder flache Spitzbogen, 8 der gedrückte Spitzbogen oder Tudorbogen, 9 der Eselsrücken, 10 der fünfblättrige maurische Bogen, 11 der runde Kleebogen, 12 der Hufeisenspitzbogen, 13 der gewöhnliche Hufeisenbogen, 14 der spitze Kleebogen, 15 derselbe mit gerader Bedeckung.

^[Abb.: Fig. 720. Bogen-Formen.]