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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Antiseptol - Antitrinitarier

Verband vielfach modifiziert worden (s. Wunde); statt der Carbolsäure verwendet man die wegen ihrer Geruchlosigkeit minder unangenehme Salicylsäure (s. d.), ganz besonders aber mit sehr günstigen Resultaten das Quecksilbersublimat, das weitaus stärkste Antiseptikum, welches schon in einer Verdünnung von 1:300 000 die Entwicklung und das Wachstum der meisten Bakterien völlig aufhebt und in einer Lösung von 1:1000 selbst die widerstandsfähigsten Sporen sicher tötet. Ebenso werden Benzoesäure, Borsäure, Thymol, essigsaure Thonerde, Jodoform, Jodol u. a. als antiseptische Verbandmittel benutzt. Über antiseptische Mittel zur Desinfektion von Wohnräumen und Abfallstoffen s. Desinfektion.

Antiseptol, chem. Präparat, als Ersatzmittel des Jodoforms empfohlen, ist ein lockeres, rotbraunes, geruchloses Pulver, unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol und in Chloroform; es soll aus jodschwefelsaurem Cinchonin (Cinchoninum jodo-sulfuricum) bestehen.

Antisklaverei-Bewegung, Antisklaverei-Kongreß, s. Sklaverei.

Antiskorbutika, d. h. Mittel gegen den Skorbut (s. d.). Man bezeichnet so namentlich eine Anzahl zu Gemüsen brauchbarer Pflanzen, die sich gegen den Skorbut bewährt haben, besonders Löffelkraut, die Kressen, Brunnenkresse, Meerrettich, Senf, Zwiebeln, Lauch und verschiedene Kohlarten.

Antispasmin, s. Narceïn.

Antispasmodika (grch.) oder Antispastika, krampfstillende Mittel, besonders die Narkotika (s. Narkotische Mittel) und flüchtigen Reizmittel (s. Krampf).

Antispast (grch., "entgegenstrebend"), Versfuß der Form ^[img] (z. B. Herausgabe), meist im Choliambus (s. d.) angewandt. Der A. vereint die scheinbar widerstrebenden Versfüße des Jambus (^[img]) und Trochäus (^[img]).

Antispastika, s. Antispasmodika.

Antistes (lat., "Vorsteher"), bei den Römern Bezeichnung für die Vorsteher eines bestimmten Kultus oder Tempels. In der frühern christl. Zeit ward den Bischöfen, Äbten, Prioren u. s. w. der Name als Ehrentitel beigelegt. In einigen Schweizerkantonen führen jetzt noch die Vorgesetzten der reform. Geistlichkeit diesen Titel.

Antisthenes aus Athen, griech. Philosoph, geb. um 440 v. Chr., Schüler des Sokrates und Begründer einer Philosophenschule, die von ihrem Sitz im Gymnasium Kynosarges den Namen der cynischen erhielt. Er hatte früher den Unterricht des Gorgias genossen und bereits vor der Verbindung mit Sokrates als Lehrer der Redekunst gewirkt. Zu diesem Beruf kehrte er nach dessen Tode zurück, erhob aber jetzt die Philosophie zum Hauptlehrgegenstande. Er war ein fruchtbarer und geistreicher Schriftsteller, griff den Plato heftig an und wird von diesem in seinen Schriften vielfach, obwohl ohne Namennennung, bekämpft. Er wollte der echteste Nachfolger des Sokrates sein und trieb dessen Ideal der Selbstbezwingung und Bedürfnislosigkeit auf die Spitze. Er verwirft alle Wissenschaft, die nicht aufs Praktische zielt, als eitlen Luxus; Tugend allein reiche hin zur Glückseligkeit, dazu bedürfe es nichts weiter als der sokratischen Kraft (nämlich der Selbstbezwingung). Tugend allein ist des Menschen wahres Eigentum; Besitz, Angehörige, Freunde, Ehre, Heimat, Vaterland, alles das ist nicht unser und darf uns nichts bedeuten. Durch Tugend allein sind wir frei, ohne sie Sklaven. Besonders haßt er den Reichtum. Der Tod ist kein Übel, er besteht in dem Aufhören aller Empfindung. Die Lust soll er schroff verworfen haben, doch heißt es dann wieder, daß er die gezügelte, "reuelose" Lust empfohlen habe, eben weil sie die reinere und nachhaltigere sei. Er empfiehlt Abhärtung und Anstrengung, "Ascese", nicht durchaus im Sinne der "Ertötung des Fleisches", sondern weil der abgehärtete Körper mehr Schmerz erträgt, auch den mäßigen Genuß reiner und intensiver empfindet als der verweichlichte. Daß diese Lehre eigentlich nur ein feinerer Hedonismus (s. Hedonik) sei, hat Plato wohl erkannt. Daß Tugend auf Besinnung beruhe, nimmt von Sokrates her auch A. an, er behauptet ferner, daß sie, als ein Wissen, auch lehrbar sei, und daß, wer sie einmal besitze, sie nicht mehr verlieren könne. Seine Tugenderziehung beruht aber eigentlich nicht auf freier Einsicht, sondern auf Übung und Gewöhnung. Wer das cynische Tugendideal (besonders der Armut und Bedürfnislosigkeit) verwirklicht, heißt der "Weise". Die Volksreligion und den Kultus verwirft A. und behauptet in Anlehnung an Xenophanes, Heraklit und Diogenes von Apollonia einen reinen teleologischen Monotheismus, nach welchem er die Götter- und Heldensagen der Griechen frei deutet. Sein Einfluß war ein mächtiger (s. Cyniker). - Vgl. Dümmler, Antisthenica (Halle 1882); ders., Akademika (Gießen 1889).

Antistrophe (grch.), s. Strophe.

Antisyphilitika (grch.), Mittel gegen die Syphilis.

Antitaurus, s. Taurus.

Antithermin, Fiebermittel aus Lävulinsäure (s. d.).

Antithese (grch., "Gegensatz"), eine Redefigur, die Gegenüberstellung zweier entgegengesetzter, durch einen gemeinschaftlichen Gesichtspunkt verbundener Vorstellungen; z. B.: Im Frieden begräbt der Sohn den Vater, im Kriege der Vater den Sohn.

Antitoxikon (grch.), Gegengift.

Antitoxine, s. Schutzimpfung.

Antitrinitarier, im Zeitalter der Reformation gemeinsame Bezeichnung aller Gegner der Lehre von der Dreieinigkeit. Während die Reformatoren diese Lehre (s. Trinität) als unantastbares, wenn auch unbegreifliches Lehrstück festhielten, wollten andere sie einer kritischen Neubildung unterwerfen, sei es nach Aussagen der Heiligen Schrift, sei es nach den allgemeinen Regeln des Denkens. Von ihren Zeitgenossen sind diese, wie Hans Denk (s. d.), Seb. Frank (s. d.) und die übrigen Leitenden unter den Wiedertäufern, als Bekämpfer der Trinität bezeichnet worden. Über die Leugnung der sog. Wesenstrinität ging der Spanier Servet (s. d.) nicht hinaus, weiter ging der Niederländer Joh. Campanus (s. d.), während David Joris (s. d.) und Heinr. Niclaes (s. Familisten) in der Trinität nur das Symbol dreier Weltalter sehen, in denen das Heil sich verwirklicht. Die eigentliche Heimat der antitrinitarischen Richtung ist Italien, wo die reformatorische Bewegung im Bunde mit der humanistischen in gewissen Hauptvertretern eine entschieden kritische Richtung annahm. Als dann die Inquisition diese Männer zwang, ihr Vaterland zu verlassen, wurden die Keime der antitrinitarischen Kritik in andere prot. Gegenden, besonders die Schweiz, übertragen. Hervorzuheben sind: Claudius von Savoyen, der seit 1534 in Bern, Basel und Wittenberg lehrte, Christus sei bloßer Mensch, der Heilige Geist ein Geschöpf, 1537 zu Lausanne widerrief, aber dennoch