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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Muschelschieber – Musen

Muschelschieber, s. Dampfmaschine.

Muschelseide (Lana penna), Byssus, eine in geringer Menge verarbeitete Gespinstfaser von grünlichblonder bis olivenbrauner Farbe, die im Glanz der Seide gleichkommt, in der Feinheit und Länge der Fasern dieselbe aber nicht erreicht. Dieselbe entstammt der Steckmuschel (Pinna nobilis L.), die an der Küste des Mittelländischen Meers gesammelt wird. Die Faser bildet einen Bart von 4 bis 6 cm Länge, der abgelöst und gereinigt, hierauf getrocknet und mittels der Handspindel zu Garn gesponnen wird. Man fertigt daraus auf dem Webstuhl Tücher und andere Gewebe von geringer Breite, die man ungefärbt (naturfarbig) verwendet.

Muschelsilber, s. Muschelgold.

Muscheltiere, s. Muscheln.

Muschelvergiftung. Verschiedene Weichtiere können unter gewissen Umständen giftige Eigenschaften annehmen und dann durch ihren Genuß Vergiftungen hervorrufen, deren Symptome in vieler Hinsicht den durch das sog. Fischgift (s. d.) erzeugten ähneln. Die Fälle von M. betreffen aus der Klasse der Gastropoden vornehmlich die große Weinbergschnecke, Helix pomatia L., die sich mitunter von giftigen Pflanzen (Tollkirsche, Wolfsmilch u. a.) nährt und dann giftig wirkt, und die gemeine Uferschnecke, Litorina litorea L.; aus der Klasse der Lamellibranchiaten gehören hierher die eßbare Miesmuschel, Mytilus edulis L., die häufig Massenerkrankungen verursacht hat, die gewöhnliche Auster, Ostrea, edulis L., die bisweilen während der Laichzeit (von Mai bis Juli) gesundheitsschädlich ist (Austernvergiftung), einige Arten der nahe verwandten Gattung Anomia, ferner Cardium edule L., sowie Donax denticulata L., und Cypraea, tigris L., welche letztern in Ostindien und im Kapland zu Zeiten als giftig gelten.

Über die chemische Natur des Muschelgiftes haben Salkowski und Brieger eingehende Untersuchungen angestellt und gefunden, daß dasselbe nicht erst bei der Fäulnis entsteht, sondern bereits in den lebenden Muscheln nachgewiesen werden kann und vorzugsweise in der Leber der Muschel aufgespeichert ist. Nach Brieger ist das specifisch curare-ähnliche Gift der Miesmuscheln, das Mytilotoxin, eine schwer darstellbare, widerlich riechende, den Leichenalkaloiden verwandte Base, welche mit Goldchlorid mikroskopische Würfel von der Zusammensetzung C₆H₁₄NO₂AuCl₄ bildet. Das Gift findet sich nur bei Tieren, welche in stagnierendem, verunreinigtem Wasser leben, wogegen die auf klarem, sandigem Grund in freier See gezüchteten oder gefangenen Muscheln völlig unschädlich sind.

Nach Virchow und Salkowski lassen sich giftige und ungiftige Muscheln sehr gut unterscheiden, wenn man sie in Alkohol legt; die giftigen färben den Alkohol stark goldgelb, die ungiftigen nur ganz unmerklich. Erhitzt man diese Lösungen im Reagensgläschen mit einigen Tropfen reiner Salpetersäure, so erscheinen die giftigen Lösungen grasgrün, die ungiftigen aber nur schwach gefärbt, fast farblos.

Muschelwächter, s. Krabben.

Muschik (Mushik, russ.), Mann vom Bauernstande.

Muschikongo, Negerstamm in Angola (s. d.).

Muschir, türk. Titel, s. Wesir und Pascha.

Musci, s. Moose; M. frondōsi, s. Laubmoose; M hepatĭci, s. Lebermoose.

Muscicapĭdae, Fliegenschnäpper, eine aus 44 Gattungen und gegen 300 Arten bestehende, meist südl. Gegenden, aber überhaupt nur die Alte Welt und die austral. Region bis Neuseeland bewohnende Familie kleiner, munterer, zänkischer Singvögel mit lockerm, fast seidenartigem Gefieder, hakig übergebogenem, sonst geradem Schnabel, der hinter der Spitze eine Kerbe hat, abgerundeten Flügeln, deren dritte und vierte Schwinge die längsten sind, und meist einfachen Farben. Sie nähren sich meist von Insekten, die sie, von einem Aste auf sie losschießend, geschickt im Fluge haschen, fressen aber auch Würmer, Schnecken und im Notfall Beeren. Sie kommen nach Mitteleuropa im Frühjahr und ziehen im Herbst, gehen bis nach Schweden hinauf, bauen ihr Nest auf Bäume, in Mauer- und Astlöcher. Unter den vier Arten, die nach Deutschland kommen, ist der gefleckte Fliegenschnäpper (Muscicapa grisola L., s. Fig. 1), etwa von Sperlingsgröße, der bekannteste. Er ist oben mausgrau, unten schmutzigweiß, auf Scheitel und Bauch mit schwarzen und braunen Flecken. Ferner gehört hierher der Halsbandfliegenschnäpper (Muscicapa collaris Bchst., s. Fig. 2), ein zierliches, schwarz und weiß gefärbtes Vögelchen.

^[Abb. Fig. 1.]

^[Abb. Fig. 2.]

Muscĭdae, s. Gemeinfliegen.

Muscinĕae, s. Moose.

Muscogee (spr. -gih), Ort im Indianerterritorium (s. d.); M., Muscogulgee oder Muskogee, Indianerstamm, s. Creek.

Muscŭli (lat.), die Muskeln (s. d.).

Muscŭlus, Wolfgang, eigentlich Müslin oder Meuslin, Mitbegründer der Reformation, geb. 8. Sept. 1497 zu Dieuze in Lothringen, trat 1512 in das Benediktinerkloster zu Lixheim. Durch die Schriften Luthers für die Reformation gewonnen, verließ M. 1527 das Kloster, wurde am Straßburger Münster Diakonus, 1531 Prediger in Augsburg, wo er erfolgreich für die Durchführung der Reformation thätig war, und richtete 1544 das evang. Kirchenwesen zu Donauwörth ein. 1548 flüchtete M. nach der Schweiz, wo er 30. Aug. 1563 als Professor der Theologie in Bern starb. Er schrieb besonders die «Loci communes» (Bas. 1554 u. ö.). – Vgl. L. Grote, Wolfgang M. (Hamb. 1855).

Musēen, Mehrzahl von Museum (s. d.).

Muselman, s. Muslim.

Musen, weibliche Gestalten der griech. Mythologie. Homer und die älteste Dichtung überhaupt