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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Johann

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Johann (Sachsen: Albertinische Linie).

Herzog Albrechts von Preußen, einer feurigen Protestantin und entschiedenen Gegnerin der Politik ihres Gemahls, erhielt er drei Töchter und sechs Söhne, von denen ihn außer seinem Nachfolger Johann Georg noch drei, August, Christian und Moritz, überlebten. Den letzten Beweis seines Mangels an politischer Einsicht gab er dadurch, daß er in seinem Testament auch diese auf Kosten des Kurstaats mit Landesteilen ausstattete. Er starb 8. Okt. 1656.

26) J. Georg II., Kurfürst von Sachsen, des vorigen ältester Sohn und Nachfolger, geb. 31. Mai 1613, schlichtete die aus dem väterlichen Testament mit seinen Brüdern entstandenen Zwistigkeiten durch den Hauptvergleich vom 22. April 1657 und erhielt durch die Postulatio perpetua von 1663 die erbliche Administration des Meißener Domstifts. Seine trotz der kaum überstandenen Kriegsdrangsale maßlose Verschwendung vollendete die Zerrüttung des Kammerwesens, bis der am 19. März 1661 mit den Ständen geschlossene Steuervergleich eine feste Grundlage für die ganze spätere Finanzwirtschaft Sachsens schuf. Den Anfang zur Ordnung des Münzwesens machte der 1667 mit Brandenburg zu Zinna geschlossene Vergleich, aus dem 1690 die Annahme des sogen. Leipziger Fußes hervorging. Aus Landadel und fremden Abenteurern bildete er einen übermäßigen Hofstaat, machte Dresden durch seine Bauten zur schönsten Stadt, durch die Oper zum Mittelpunkt der italienischen Musik in Deutschland. In seiner auswärtigen Politik begab er sich, hauptsächlich um der Subsidien willen, in unwürdige Abhängigkeit von Ludwig XIV., verzichtete infolge davon 1664 auf das Schutzrecht seines Hauses über Erfurt, versprach sogar dem König 1679, die Wahl des Dauphins zum römischen König zu bewirken, unterhandelte aber trotzdem, sobald die antifranzösische Partei an seinem Hof die Oberhand gewann, zwischendrein auch mit dem Kaiser und den Feinden Ludwigs XIV. Er starb 22. Aug. 1680 in Freiberg. Vermählt war er mit Magdalene Sibylle, Tochter des Markgrafen Christian von Brandenburg-Baireuth.

27) J. Georg III., Kurfürst von Sachsen, Sohn des vorigen, geb. 20. Juni 1647, folgte seinem Vater 1680. Diesem an Empfänglichkeit für die Kunst ähnlich, übertraf er ihn aber weit an Energie und patriotischem Pflichtgefühl; doch erwiesen sich seine kriegerischen Neigungen dem innern Zustand seines Landes nicht heilsam. Unter Beseitigung des alten Defensionswesens und der nur dem Prunk dienenden Haustruppen errichtete er das erste stehende Heer in Sachsen. Dieses führte er 1683 in Person dem Kaiser zu zum Entsatz Wiens von den Türken und kämpfte ritterlich an der Spitze desselben in der Schlacht vom 12. Sept., kehrte aber aus Verdruß über den Undank des Kaisers alsbald wieder heim, überließ diesem 1685 wieder 5000 Mann zum Kriege gegen die Türken in Ungarn, vermietete aber auch 3000 Mann an die Republik Venedig, die in Morea verwendet wurden. Als Ludwig XIV. 1688 das Reich anfiel, war J. der erste, der zur Verteidigung desselben herbeieilte, mußte sich aber auf die Deckung Frankens beschränken, beteiligte sich 1689 an der Belagerung von Mainz, übernahm 1691 den Oberbefehl der Reichsarmee; aber Mißhelligkeiten zwischen ihm und dem kaiserlichen General Caprara hinderten jede energische Kriegführung, während auch die Franzosen einer Entscheidung auswichen. Er starb an der Pest 12. Sept. 1691 in Tübingen. Seine beiden Söhne aus der Ehe mit Anna Sophie, einer Tochter König Friedrichs III. von Dänemark, Johann Georg und Friedrich August, gelangten nacheinander zur Regierung.

28) J. Georg IV., Kurfürst von Sachsen, ältester Sohn des vorigen, geb. 18. Okt. 1668, geistig begabt und von größer Körperkraft, war schon als Kurprinz Sklave einer Leidenschaft für die Tochter des Gardeobersten v. Neidschütz, Magdalene Sibylle, von der ihn auch die Teilnahme am Reichskrieg nicht heilte, und so gab er nach seinem Regierungsantritt das erste Beispiel öffentlicher Mätressenwirtschaft in Sachsen. Politischen Einfluß besaß die Geliebte nicht, diesen übte J. Georgs Hauptratgeber, Feldmarschall v. Schöning (s. d.), im Sinn einer Annäherung an Brandenburg und einer größern Selbständigkeit Sachsens dem Kaiser gegenüber, der sich dafür durch Schönings Gefangennahme im Bade Teplitz rächte. Die Erhebung der Neidschütz zur Reichsgräfin von Rochlitz versöhnte den darüber aufgebrachten Kurfürsten 1693 so weit, daß er in Person ein Hilfskorps an den Rhein führte, ohne jedoch den ausbedungenen Oberbefehl über das Reichsheer erlangen zu können. Er starb 27. April 1694 in Dresden an den Blattern, mit denen er von seiner 4. April verstorbenen Geliebten angesteckt worden war. Seine Ehe mit Eleonore von Sachsen-Eisenach, Witwe des Markgrafen Johann Friedrich von Brandenburg-Ansbach, vermählt 1692, war eine höchst unglückliche.

29) J. Nepomuk Maria Joseph, König von Sachsen, jüngster Sohn des Prinzen Maximilian von Sachsen und dessen erster Gemahlin, Karoline von Parma, geb. 12. Dez. 1801 zu Dresden, pflegte früh neben juristischen und staatswissenschaftlichen Studien die schönen Künste, namentlich Poesie und Musik; eine besondere Vorliebe hatte ihm seine Mutter auch für die italienische Sprache und Litteratur eingeflößt. Zwanzig Jahre alt, erhielt er im Geheimen Finanzkollegium Sitz und Stimme und ward 1825 Vizepräsident desselben. 1821 unternahm er mit seinem ältern Bruder, Klemens, eine Reise nach Italien, auf welcher dieser starb. Eine Frucht seiner italienischen Studien war seine mit kritischen und historischen Erläuterungen versehene Übersetzung von Dantes "Divina Commedia" (Leipz. 1839-49, 3 Bde.; zuletzt 1877), die er unter dem Namen Philalethes veröffentlichte. Schon früher (1824) hatte er sich an der Stiftung des Königlich sächsischen Altertumsvereins beteiligt und übernahm später das Protektorat desselben. Nachdem sein ältester Bruder 1830 zum Mitregenten ernannt worden war, trat J. an die Spitze der zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe niedergesetzten Kommission und übernahm zugleich das Generalkommando der Kommunalgarden. Auch erhielt er Sitz und Stimme im Geheimen Rat und nach dessen Auflösung den Vorsitz im Staatsrat und fungierte als Präsident des Geheimen Finanzkollegiums bis zum Frühjahr 1831. Ebenso nahm er, als Prinz des königlichen Hauses Mitglied der Ersten Kammer, ununterbrochenen, regen und rühmlichen Anteil an den Verhandlungen und Arbeiten der Landtage. Namentlich war er Mitglied der Deputation, welche den Entwurf des Kriminalgesetzbuchs zu begutachten hatte, und beteiligte sich eifrig an den Beratungen des den Ständen 1842 vorgelegten Entwurfs einer Strafprozeßordnung. Nach dem Tod seines Vaters, 3. Jan. 1838, war er in den Besitz der Sekundogenitur getreten. Im Sommer d. J. bereiste er abermals Italien und diesmal auch Sizilien. Die tumultuarischen Vorgänge des 12. Aug. 1845 in Leipzig, bei denen J. lediglich der verletzte und leidende Teil war, konnten nur einen vorüber-^[folgende Seite]