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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Inkongruent - Inkulpat

Inkongruent (lat.), nicht übereinstimmend, nicht zusammenpassend; Inkongruenz, Mangel an Übereinstimmung.

Inkonsequent (lat.), nicht konsequent (s. d.), nicht folgerichtig, unbeständig; Inkonsequenz, Folgewidrigkeit, Ungereimtheit.

Inkonsistént (neulat.), unbeständig, unhaltbar, unzusammenhängend.

Inkonstánt (lat.), unbeständig; Inkonstanz, Unbeständigkeit.

Inkonstitutionéll (frz.), verfassungswidrig.

Inkontestabel (neulat.), unbestreitbar.

Inkontinent (lat.), unenthaltsam; Inkontinenz, Unenthaltsamkeit, in der Heilkunde der unwillkürliche Abgang gewisser Ausscheidungen aus dem Körper.

Inkonvenabel (neulat.), unpassend, ungelegen, unschicklich.

Inkonveniént (lat.), soviel wie Inkonvenabel; Inkonveniénz, Übel-, Mißstand, Ungelegenheit.

Inkorporation (lat.), Einverleibung, z. B. eines Allodialgutes in ein bestehendes Fideikommiß; staatsrechtlich die Einverleibung eines polit. Gemeinwesens in ein anderes, sodaß es mit demselben eine öffentliche rechtliche Einheit (unum corpus) bildet. Dahin gehört die Vergrößerung einer Gemeinde, eines Kreises, einer Provinz durch Aufnahme eines Bezirks, der entweder bis dahin einen andern Verbände angehört oder einen eigenen gleichartigen Verband gebildet hat. Vorzugsweise gebraucht man den Ausdruck von dem Falle, daß ein bis dahin unabhängiger Staat mit einem andern in der Art vereinigt wird, daß er ein Bestandteil des letztern wird. (S. Abtretung und Annexion.) Wesentlich für den Begriff ist, daß die staatsrechtliche Individualität des inkorporierten Gemeinwesens untergeht, diejenige des andern dagegen auf erweiterter Grundlage fortdauert; daegen kann eine Verschiedenheit der Gesetze für die früher getrennten Bestandteile in erheblichem Umfange fortdauern.

In kirchenrechtlicher Bedeutung ist I. eine im Mittelalter häufig vorkommende Vereinigung (unio) einer Pfründe und des mit derselben verbundenen Amtes mit einem Stift, Kloster oder einem andern Kirchenamte. Dieselbe konnte sein: a. quoad temporalia: das Beneficium blieb bestehen, das Kloster aber erhielt die Einkünfte unter der Verpflichtung, einen Vikar dem Bischof zur Einsetzung zu präsentieren und zu besolden; b. quoad temporalia et spiritualia (pleno jure): das Kloster wurde selbst Pfarrei und setzte einen Vikar ein, den der Bischof nur zu approbieren hatte; c. plenissimo jure: die Pfarrei wurde der bischöfl. Jurisdiktion entzogen und der jurisdictio quasi episcopalis eines Klosters u. s. w. unterstellt. Die I., schon durch das Tridentinum verboten und in Deutschland seit 1803 beseitigt, hat heute nur noch Wichtigkeit für die Fragen der Baulast und Besetzung bezüglich früher inkorporierter Beneficien.

Inkorrekt (lat.), fehlerhaft: Inkorrektheit, Fehlerhaftigkeit.

Inkorrigibel (neulat.), unverbesserlich.

Inkrement (lat.), Wachstum, Zuwachs.

Inkriminieren (neulat.), anschuldigen, zur Last legen; davon das Substantiv Inkrimination.

Inkrustation (lat.) oder Inkrustierung, das rindenartige Überziehen organischer oder auch unorganischer Körper durch Steinkrusten, wie es durch viele kalk- oder kieselsäurehaltige Quellen hervorgebracht wird. So finden sich in den Tuffablagerungen kalkhaltiger Quellen oder Bäche und der

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heißen kieselsäurereichen Geysirn Islands eine Menge Pflanzenteile oder Schneckenhäuser von kohlensaurem Kalk resp. von Kieselsäure inkrustiert. Bekannt sind die absichtlich erzeugten I. durch den Karlsbader Sprudel.

In der Baukunst nennt man I. die Umkleidung der Mauern mit verschiedenartigen, gemusterten Steinarten, wie sie namentlich in Venedig Sitte war. Im Innern hat die I. in Neapel und während des Barockstils besonders reiche Entfaltung erhalten S. Martino dürfte dort als die reichste Kirche dieser Art gelten, ferner Gesuiti in Venedig (1715 - 30).

Im Kunstgewerbe ist I. die Einlage härterer Gegenstände in eine weiche, sich verhärtende Masse, wie Kitt, Cement, Gips u. dgl. zur farbigen Verzierung von Wänden, Fußböden oder kleinern Gegenständen. Die eingelegten Gegenstände können aus Thon (gebrannte und glasierte Würfel und Fliesen), aus Glas, aus verschiedenen Steinarten, besonders Marmor, wohl auch aus Holz, Elfenbein, Metall bestehen. In dieser letztern Art ist I. gleichbedeutend mit Boullearbeiten (s. d.) und Intarsia (s. d.).

Über die I. des Glases s. Glasinkrustationen.

Inkrustierung, s. Inkrustation.

Inkubation (lat.; grch. enkoimesis) nannte man im Altertum das Schlafen in Tempeln und an geweihten Stätten auf den Fellen der eben geopferten Tiere, um divinatorische Träume zu erhalten. Namentlich geschah dies in den Tempeln des Asklepios (Äskulap) und anderer Heilgottheiten, wo sich die Leidenden zum Schlafe niederlegten, um im Traume eine Offenbarung über das anzuwendende Heilmittel zu erlangen. Meist leiteten die Priester die I. ein und legten die Träume der Kranken aus oder träumten wohl auch selbst für diese. Besonders berühmt war das Traumorakel des Asklepios zu Epidauros, von vem durch die Ausgrabungen der letzten Jahre zahlreiche auf die I. bezügliche Inschriften wieder bekannt geworden sind, aber auch das des Amphiaraos zu Oropos in Böotien, das der Pasiphae (nach andern der Ino) zu Thalamä in Lakonien u. a. - Vgl. Ritter von Rittorshain, Der mediz. Wunderglaube und die I. im Altertum (Berl. 1878).

In der Zoologie heißt I. die Bebrütung des Eies oder die Zeit der Entwicklung des Keims im Ei; in der Medizin die Zeit zwischen der erfolgten Ansteckung und dem Ausbruch der Krantheit (Inkubationsstadium). Das Stadium der I., welches auch, da bei den meisten Angesteckten noch gar nichts auf den Anzug einer Krankheit deutet, als Stadium der Latenz öder des Verborgenseins bezeichnet wird, hat bei den verschiedenen Ansteckungskrankheiten eine verschiedene Dauer, bei den meisten akuten zwischen 8 und 14 Tagen. Dasselbe beruht darauf, daß die bei der Ansteckung in den Körper eingedrungenen Pilzkeime erst eine gewisse Zeit brauchen, ehe sie sich so massenhaft vermehrt haben, daß sie charakteristische Krankheitserscheinungen auslösen können. (S. Ansteckung, Kontagium.)

Inkulpat (lat.) wird im Inquisitionsprozeß (s.d.) der eines schwerern, von Amts wegen zu untersuchenden Verbrechens Beschuldigte so lange genannt, bis rücksichtlich seiner auf das artikulierte Verhör oder die Specialinquisition erkannt ist, wo er dann den Namen Inquisit erhält. Bei leichtern Vergehen, namentlich bei den nur auf Anzeige des Verletzten strafbaren, sagt man Denunziat.