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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schiff (in der Baukunst) - Schiffahrt

etwa 450 (vorwiegend kleinere) Werften Flußschiffe und Küstenfahrer ans Holz liefern, während die übrigen meist großen Werften (z. B. Vulkan in Stettin mit über 4000 Arbeitern) nur Eisen- und Stahlschiffe bauen. Nach den Mitteilungen der Schiffsprüfungsgesellschaft Veritas wurden 1894 auf deutschen Werften (Stettin, Hamburg, Bremen, Kiel, Danzig, Elbing) 56 Seedampfer und 8 Segelschiffe (sämtlich aus Eisen) mit zusammen 102208 Registertons gebaut. Der deutsche Schiffbau in Eisen besteht erst seit etwa 20 Jahren, erfreut sich aber schon heute eines sehr guten Rufes. Im Schiffbau steht jedoch noch immer England mit seiner Massenproduktion (1894 allein S. mit zusammen 1080419 Registertons) obenan, doch haben nahezu alle andern Kulturländer, die mit dem Bau von Kriegsschiffen sich vom Auslande unabhängig machen wollen, in den letzten Jahren darin große Fortschritte gemacht. Nur Norwegen und Schweden bauen noch heute ihre (meist kleinern) Seeschiffe vorwiegend aus Holz.

Litteratur. Paris, Souvenirs de marine. collections de plans ou de dessins de navires et de bateaux anciens ou modernes (Par. 1889); Arenhold, Die histor. Entwicklung der Schiffstypen vom röm. Kriegsschiff bis zur Gegenwart (Kiel und Lpz. 1891); Chadwick, Ocean steamships. A popular account of their construction, development, management and appliances (Lond. 1892); de Folin, Bateaux et navires (Par. 1892); Torr, Ancient ships (Cambridge 1894); Paasch, Vom Kiel zum Flaggenknopf. Illustriertes Marinewörterbuch (2. Aufl., Hamb. 1894). Weitere Litteratur s. Schiffbaukunst.

Schiff, in der kirchlichen Baukunst der größere Teil des Kirchenraums, der sich von dem Westeingang bis an das Chor erstreckt und der Laienschaft als Aufenthaltsort dient. Je nachdem dieser Raum der Länge nach durch Säulen- oder Pfeilerreihen in mehrere Abteilungen geteilt ist oder nicht, unterscheidet man zwei-, drei- und mehrschiffige bez. einschiffige Kirchen sowie Mittel- und Seitenschiffe. Diese Langschiffe werden bei kreuzförmiger Gestaltung des Grundrisses durch ein oder, wie häufig bei engl. Kirchenbauten (s. Tafel: Englische Kunst I, Fig. 2), durch zwei voneinander getrennte Querschiffe (meist am Ostende) durchschnitten; das Querschiff seinerseits besteht entweder aus einem S. oder bei den größern Domen (Kathedralen; s. die Textfigur beim Artikel Kölner Dom) häufig aus dreien, von denen das mittlere das breitere ist. (S. Kirchenbau.) In der Durchschneidung von Längs- und Querschiff bildet sich dann die sog. Vierung oder das Transsept aus, über dem sich nicht selten ein Turm (Dachreiter) oder eine Kuppel erhebt.

Schiffahrt, die Beförderung von Gütern und Personen auf dem Wasserwege. Sie ist entweder Binnenschiffahrt (s. d. und Flußschiffahrt) oder Küstenschiffahrt (s. Küstenfahrt) oder Seeschiffahrt. Die S. der Alten war fast ausschließlich Küstenfahrt, Überfahrten nach Inseln wurden nur gewagt, wenn das Land zu sehen war. Die Ägypter trieben fast nur Flußschiffahrt. Die ältesten authentischen Urkunden über S. enthalten die Wandskulpturen der Memphisgräber aus dem 17. Jahrh. v. Chr., die Bildnisse ziemlich vollkommener Fahrzeuge mit Takelung und einer Ruderreihe zeigen. Durch die Phönizier kam dann die S. schnell zur Blüte, die Tarsisfahrer, d. h. Westfahrer, gründeten um 1100 v. Chr. Gades (Cadiz), befuhren den Atlantischen Ocean bis zu den Zinninseln (England) und vielleicht auch bis zu den Bernsteinküsten der Ostsee. Nach dem Süden fuhren durch das Rote Meer die Ophirfahrer, die auch für Salomos Tempelbau Material holten; Herodot berichtet, daß etwa 600 v. Chr. vom Ägypterkönig Necho II. phöniz. Seefahrer ausgesandt wurden, die westlich um Afrika herumsegelten und im dritten Jahre durch die Säulen des Hercules nach Ägypten zurückkehrten. Von Tyrus aus wurde um 900 v. Chr. Karthago gegründet, das Jahrhunderte hindurch die bedeutendste Seemacht des Mittelmeers war. Bei den Griechen entwickelte sich die S. durch den Verkehr mit den Phöniziern. Athen wurde erst durch Themistokles ein blühender Seestaat. Wohl auf der höchsten Stufe stand in Griechenland die S. bei den Rhodiern, deren Hafeneinrichtungen die besten des Altertums waren, und deren Seegesetze noch bei den Römern Geltung hatten. Nach dem Zuge Alexanders d. Gr. entstand ein reger Seehandelsverkehr mit Indien; bald segelten alljährlich über 200 Schiffe dahin. In Rom blieb trotz der Erfolge der Punischen Kriege das Seewesen auf einer niedern Stufe. Der Korntransport von Sicilien und Nordafrika her machte die Einführung von Seegesetzen und Seeversicherungen notwendig. Die Römer selbst waren schlechte Seeleute; ihre Schiffe wurden meist durch Provinziale bemannt.

Zu Anfang des Mittelalters waren die Normannen (s. d.) die kühnsten Seefahrer, die in ihren schwach gebauten Fahrzeugen, Drachen (s. d.) genannt, sich ohne Kompaß und mit weniger astron. Kenntnissen als die Mittelmeerkulturvölker über den Ocean wagten, Island, Grönland und selbst Amerika entdeckten und als Seeräuber unter dem Namen Wikinger überall gefürchtet waren. Während die Normannen auf dem Ocean fast nur von den Segeln Gebrauch machten, auch schon gegen den Wind zu kreuzen verstanden, wurde im Mittelmeer die Fortbewegung durch die Ruder bis in die neuere Zeit beibehalten; doch waren auch hier die Galeeren (s. d.) mit Takelung versehen. Die Einführung des Kompasses (s. d.) und der Seekarten (s. d.) gegen Anfang des 14. Jahrh. bewirkten nur sehr allmählich ein Abgehen von der altgewohnten Küstenschiffahrt; die Genuesen und Venetianer begannen nun auch außerhalb des Mittelmeers bis Brügge, Gent und Antwerpen zu fahren. Die Geschichte der Hansa (s. d.) ist gleichzeitig die Geschichte der Seemacht und des Seehandels Deutschlands zu jener Zeit. Die Kauffahrer der Hansa, Koggen (s. d.), Schniggen (s. d.) und Schuten, waren gleichzeitig als Kriegsschiffe ausgerüstet und dienten auch zum Fischfang an der schwed. Küste.

Die Absicht, einen transatlantischen Weg nach Ostindien zu entdecken, findet man schon im 13. Jahrh. vor. In der Epoche der großen Entdeckungsreisen zeichnen sich zunächst die Portugiesen aus, an ihrer Spitze Heinrich der Seefahrer (s. d.), Bartolomeu Diaz (s. d.), Vasco da Gama (s. d.) und Fernão de Magalhães (s. d.). Bald dehnten sich die Handelsfahrten der Portugiesen bis Japan und China aus. Von den sonstigen Seefahrern jener Zeit seien hier nur Columbus (s. d.), Giovanni Caboto (s. d.), Amerigo Vespucci und Martin Behaim (s. d.) hervorgehoben. Noch recht gebrechlich waren die Karavellen (s. d.) und kleinen Fahrzeuge dieser mutigen Entdecker; sie hatten nur ein Deck, hohe Kampagne, 2-4 Masten mit großen lat.