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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Vatermagen; Vaterschaft; Vatersche Körperchen; Vaterunser; Vates; Väthen; Vathy; Vati; Vaticinĭum; Vatikan

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Vatermagen - Vatikan

unter bestimmten Voraussetzungen haften, andere Rechte lassen nur das dem väterlichen Nießbrauch nicht unterworfene und subsidiär das demselben unterworfene Vermögen haften.

Vgl. Stölzel, Das Recht der V. G. in Preußen (Berl. 1874): Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts, Bd. 4 (2. Aufl., ebd. 1874), §§ 252 fg.; Roth, System des deutschen Privatrechts, Bd. 2 (Tüb. 1880-81), §§ 146 fg.

Vatermagen, Verwandte von väterlicher Seite, s. Mage.

Vaterschaft oder Paternität, das rechtliche Verbältnis des Vaters zu seinem Kinde. Unter Vater wird durchweg derjenige verstanden, welchem in gültiger Ehe von seiner Ehefrau ein Kind geboren wird. Möglich ist jedoch, daß auch dieser nicht Erzeuger des Kindes ist. (S. Illegitimitätsklage.) Auch denjenigen, welcher ein uneheliches Kind erzeugt hat, nennt das geltende Recht (Deutsches Bürgerl. Gesetzb. §. 1717) überwiegend den Vater, nur ganz vereinzelt wird von dem Erzeuger geredet. Dem entsprechend bedient man sich für die Klage gegen den Erzeuger des Ausdrucks Paternitätsklage (s.d.). Die V. hat die väterliche (elterliche) Gewalt zur Folge und giebt dem Kinde Familienrechte und Erbrecht. (S. Eltern und Väterliche Gewalt.)

Vatersche Körperchen, eigentümliche Endorgane der sensibeln Hautnerven (s. Haut), benannt nach ihrem Entdecker, dem Anatomen Abraham Vater (geb. 9. Dez. 1684 zu Wittenberg, gest. daselbst 1751 als Professor der Anatomie).

Vaterunser (lat. Pater noster), bei den Reformierten Unser-Vater, auch Gebet des Herrn (Oratio dominica), nach seinen Anfangsworten das Matth. 6, 9-13 und Luk. 11, 2-4 enthaltene Gebet. Nach Matthäus hätte Jesus den Jüngern dieses Gebet unaufgefordert als Mustergebet mitgeteilt, im Unterschiede vom "Plappern" der Heiden, nach Lukas auf die Bitte der Jünger, sie beten zu lehren. Die kürzere Fassung bei Lukas ist schwerlich die ursprüngliche; doch ist die Doxologie am Schluß ("Denn dein ist das Reich" u. s. w.) bei Matthäus erst später zum Zweck des kirchlichen Gebrauchs hinzugefügt. Die in dem Gebete enthaltenen sog. Sieben Bitten sprechen in volkstümlichen Worten die Grundgedanken des Evangeliums Jesu Christi aus. Sehr früh kam die Sitte auf, dieses Gebet bei jedem Gottesdienste zu sprechen, seit dem 4. Jahrh. gebrauchte man es auch bei der Feier des Abendmahls und bei der Predigt, wie dies jetzt noch in der prot. Kirche der Fall ist. Katechumenen durften es, solange sie nicht getauft waren, nicht beten. In der griech. Kirche betete es die Gemeinde mit dem Priester, in der lateinischen der Priester allein. Spätere Kirchengesetze geben den Priestern die Vorschrift, es täglich zu beten. Die Kapitularien Karls d. Gr. ordneten an, daß jeder Christ und jeder Priester das V. auswendig lernen müsse. Die abergläubische Meinung, daß durch das Hersagen dieses Gebets außerordentliche Wirkungen hervorgebracht würden, gab Anlaß zu seiner mißbräuchlichen Anwendung bei Heilungen und Gottesurteilen. Die kath. Kirche hat das V. mit dem Rosenkranze (s. d.) verbunden. Im luth. Katechismus bildet das V. das dritte Hauptstück. Der Heidelberger Katechismus hat es neben den Gebeten im 3. Teil ("Der Christen Dankbarkeit"). Die Zählung der Bitten ist bei den Reformierten anders, da sie die 6. und 7. Bitte vermengen. Von Auslegungen des V. seien die von Tholuck ("Die Bergrede Christi", 5. Aufl., Gotha 1872) und von Kamphausen ("Das Gebet des Herrn", Elberf. 1866) erwähnt.

Vates (lat.), Seher, gottbegeisterter Dichter.

Väthen, preuß. Dorf, s. Bd. 17.

Vathy. 1) Hauptstadt der Insel Samos (s. d.); 2) Hauptstadt von Ithaka (s. d.); 3) jetziger Name von Aulis (s. d.).

Vati, mittelalterlicher Ort, s. Batum.

Vaticinĭum Lehninense (lat.), Lehninsche Weissagung, s. Lehnin.

Vatikan, päpstl. Palast in Rom (s. Plan: Rom). Die dem Campus Martius gegenüberliegende Ebene rechts vom Tiber (jetzt eingenommen von den Stadtteilen Borgo und Prati di Castello) heißt im Altertum campus oder ager Vaticanus (ob von einer uralten untergegangenen Etruskerstadt Vaticum?), die sie umgebenden Hügel, vom Monte-Mario bis zum Gianicolo, colles Vaticani. Einen besondern "mons Vaticanus" kennt das Altertum nicht, auch ist die physische Abgrenzung des heute so genannten Hügels nicht scharf nachzuweisen. Die Ebene war in der Kaiserzeit meist eingenommen durch Gärten, unter andern durch die der Domitier, in welchen die Christen unter Nero (64) ihren Martertod fanden. Der Leichnam des Apostels Petrus wurde unweit davon zwischen dem Cirkus des Caligula und einem viel verehrten Heiligtum der Kybele, das den Namen "Vaticanun" führte (Reste beim Bau der Façade von St. Peter 1609 gefunden), bestattet. Als sich dann über dem Grabe des Apostels eine Kirche erhob, erhielt sie den Beinamen S. Petrus in Vaticano.

Die alte Peterskirche, deren Gründung von der Tradition dem Konstantin zugeschrieben wird, war ein imposanter fünfschiffiger Bau mit quadratischem Vorhof und zahlreichen Nebenkapellen (Grundriß s. Tafel: Altchristliche Kunst II, Fig. 5), reich mit Marmor, Mosaiken und Malereien geschmückt, aber eilfertig und unter Benutzung vielfach zusammengeraffter Materialien errichtet. Im 5. Jahrh. veranlaßte ihr baufälliger Zustand Nikolaus V. zum Gedanken eines Neubaues. Bernardino Rosselino entwarf die Pläne und begann eine große Tribuna (hinter der alten) zu errichten, doch stockte der Bau nach dem Tode des Papstes. Erst Julius II. nahm den Plan wieder auf und entschied sich, nach einer Konkurrenz zahlreicher Architekten, für den Plan des Lombarden Bramante (s. d.). Dieser entwarf einen großartigen Centralbau in Form eines gleicharmigen (griech.) Kreuzes, mit riesiger, an den Ecken von vier kleinern flankierten Centralkuppel. Der Grundstein zum neuen St. Peter wurde 18. April 1506 gelegt und der Bau in den ersten Jahren schnell gefördert. Die erforderlichen ungeheuern Geldmittel wurden zum Teil durch den schwunghaft betriebenen Ablaßhandel beschafft. Aber mit dem Tode Aramantes (1514) verlangsamte das Tempo des Baues, dessen Leitung nach- und nebeneinander Giuliano da Sangallo, Raffael (gest. 1520), Fra Giocondo da Verona (gest. 1515) und Baldassarre Peruzzi hatten. Nach der Belagerung und Plünderung Roms (1527) geriet er fast ganz ins Stocken. Erst unter Paul III. (1534-49) beginnt eine neue Periode der Thätigkeit. Antonio da Sangallo der Jüngere, der zunächst die Oberleitung führte, wollte ein großes Langhaus errichten und dadurch der Kirche die Form eines lat. Kreuzes geben; auch konstruierte er ein großes Holzmodell für die Dekoration der Außenfaçaden, welches noch in St. Peter aufbewahrt wird. Aber der nach seinem Tode (1546) zum Oberarchitekten berufene