271
Pontons – Pontusfrage
Pontons (frz., spr. pongtóng), Schiffsgefäße, die zum Material der Schiffbrücken
(s. d.) gehören; sie sind aus Holz, aus Eisenblech, aus Leder oder aus wasserdichter Leinwand. Die P. des deutschen Brückenmaterials sind aus
verzinktem Eisenblech, 7,50 m lang, 1,50 m breit, 0,81
m tief, mit einem hölzernen Rande (Schaudeck) und wiegen 450 kg; neuerdings werden vielfach Versuche mit zusammenlegbaren Booten aus Holz und
wasserdichter Leinwand gemacht; solche Faltboote wurden 1894 auch im deutschen Heer bei den Manövern versuchsweise der Kavallerie beigegeben.
(S. auch Brückentrain.)
Pontormo oder Puntormo, eigentlich
Jacopo Carrucci, florentin. Maler, geb. 28. Mai 1494 zu Pontormo im Arnothal, gest. 2. Jan. 1557 zu Florenz,
eignete sich als Schüler des Andrea del Sarto dessen Stil an, den er aber im Laufe der Jahre unter dem Einfluß der Werke Fra Bartolommeos und
Michelangelos änderte. Von seinen Kirchenbildern und Porträten befinden sich manche in Florenz und auch anderwärts; seine Hauptwerke waren aber
Fresken, von denen die schöne Heimsuchung Mariä (1516) im Vorhof der Kirche Santissima Annunziata zu Florenz noch vorhanden ist, während andere,
wie die in der Certosa, worin er Dürer nachahmte, und im Chor von San Lorenzo untergegangen sind.
Pontremŏli, Hauptstadt des Kreises P. (33722 E.) im N. der ital. Provinz Massa e Carrara, 231 m ü. d. M.,
an der Magra, in einem nach S. gehenden Thale der Apenninen, an der Linie Parma-Spezia des Mittelmeernetzes, ist Bischofssitz, hat (1881) 2930, als
Gemeinde 12604 E., eine Kathedrale (dell' Assunta) mit großer Kuppel; Gerberei, Wein- und Seidenbau. – Der
Paß von P. an der Hauptstraße nach Parma (mittellat. Via Francesca oder
Romea) wird von dem Fort Bonnette beherrscht.
Pontresina, Dorf und Luftkurort im Bezirk Maloja des schweiz. Kantons Graubünden, im Oberengadin, in 1802 m Höhe, am
Fuße des Piz Languard und an der Straße über den Berninapaß, hat (1888) 500 E., darunter 62 Katholiken, Post, Telegraph, große Hotels und ist die
Hauptstation für Ausflüge im Oberengadin. – Vgl. Ludwig, P. und seine Umgebung (7. Aufl., Chur 1886).
Pont-Saint-Esprit (spr. pong ßängtesprih), Stadt im franz. Depart. Gard, Arrondissement Uzès, rechts
an der Rhône, über die eine 840 m lange, 1265–1309 erbaute steinerne Brücke führt, an der Linie Lyon-Gisors-Nimes der Mittelmeerbahn, hat (1891)
3488, als Gemeinde 5262 E., in Garnison einen in der von Ludwig XIII. angelegten Citadelle untergebrachten Teil des 3. Infanterieregiments; Handel mit
Getreide, Olivenöl und Seide.
Pont-sur-Seine (spr. pong ßür ßähn, Pont-le-Roi), Gemeinde
im franz. Depart. Aube, Arrondissement Nogent-sur-Seine, links von der Seine und an der Linie Paris-Troyes der Ostbahn, hat (1891) 816 E., ein neues,
Casimir-Perier gehöriges Schloß und in der Nähe eine 2 km lange Stalaktitenhöhle. Südlich die Ruinen der von Abälard gegründeten Abtei Paraclet.
Pontus (grch. Pontos, d. i. Meer, in weiterer Bedeutung «Meeresküste»),
Landschaftsname eines Teiles der kleinasiat. Nordküste, der als solcher erst in der späthellen. Zeit aufkam. Der P. umfaßte ungefähr das Land zwischen
dem Halysfluß und den kolchisch-armenischen Gebirgen. Der volle Name lautete damals
Kappadocien (s. d.) am P. ↔ Vorher bestand überhaupt keine Abgrenzung
des Küstengebietes; Assyrer, Lyder, Meder, Perser haben hier nacheinander geherrscht, wenn auch nur nominell. Auch die seit dem 8. Jahrh. v. Chr. hier
gegründeten Griechenstädte: Trapezus, Kerasus, Kotyora, Amisus u. a. gewannen landeinwärts nicht an Boden. Da gelang es 301 nach der Schlacht von
Ipsus einem Fürsten aus dem Hause der frühern pers. Satrapen von Phrygien, Mithridates III., dem Herrn von Kios und Arrhina, durch geschickte
Benutzung der Diadochenkämpfe ein eigenes Reich zu gründen (daher sein Beiname Ktistes, d. i. Gründer). 296 nahm er den Titel eines Königs von
Paphlagonien und Kappadocien am P. an. Auf ihn folgten Ariobarzanes III., Mithridates IV., Pharnaces I., Mithridates V. (156) und seit 120 v. Chr.
Mithridates VI. (s. d.) der Große, unter welchem das Reich P. seinen größten Umfang und seine höchste Blüte erreichte, aber auch
in dem blutigen Kampfe mit den Römern seinen Untergang fand.
Der Sieger Pompejus vereinigte 63 v. Chr. das Land westlich vom Flusse Halys als einen Teil der Provinz Bithynien mit dem Römischen Reiche, während
er andere Teile verschiedenen Fürsten Asiens überwies. Der an die Provincia Bithynia et Pontus anstoßende Teil bis
zum obern Halys mit einem Teil der Küste fiel an den Galaterfürsten Dejotarus und hieß nun P. Galaticus. Der
mittlere Teil des Landes kam später durch den Triumvir Antonius an einen Fürsten Polemo und erhielt den Namen
P. Polemoniacus, der dem Lande auch blieb, als es längst mit dem Römischen Reiche vereinigt war. Den
Polemonischen P. selbst trat der Sohn von Polemos Witwe Pythodoris, Polemo II., an Kaiser Nero ab, der 63 n. Chr. P. zur röm. Provinz machte, die
zunächst einen Teil von Galatien, später mit dem P. Galaticus von Kappadocien bildete. Ende des 3. Jahrh. bilden dann die Pontus-Landschaften wieder
zwei Provinzen, von denen die östliche den Namen P. Polemoniacus behielt, die andere Hellenopontus genannt
wurde. - Vgl. Ed. Meyer, Geschichte des Königreichs P. (Lpz. 1879).
Pontusfrage, ein Teil der Orientalischen Frage (s. d.), der das Recht der
Schiffahrt auf dem Schwarzen Meere betrifft. Dies hatte die Pforte von jeher für sich allein in Anspruch genommen und daher auch die Einfahrt durch den
Bosporus lange Zeit allen fremden Schiffen verboten. Sie wurde aber im Frieden zu Küčük Kainardža 1774 von Rußland gezwungen, diesem die freie
Schiffahrt auf dem Schwarzen Meere und durch die Meerengen zuzugestehen. Dasselbe Recht erhielten Österreich 1784, Frankreich 1802, England 1803,
Preußen 1806, die Handelsschiffe anderer Mächte 1829. Rußland schuf indessen allmählich daselbst eine starke Kriegsflotte, die in Verbindung mit dem
befestigten Hafen Sewastopol, von wo aus ein Handstreich gegen Konstantinopel jederzeit zu befürchten stand, die Besorgnis der Mächte erregte.
Deshalb bestimmte der §. 11 des Pariser Friedens vom 30. März 1856, daß das Schwarze Meer neutral und den Kriegsflaggen der Uferstaaten sowohl
wie aller andern Mächte untersagt sein solle. Diese Bestimmung kündigte aber Rußland, durch die damalige polit. Lage begünstigt, im Einverständnis mit
der Pforte durch ein Rundschreiben vom 31. Okt.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 272.