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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Anse; Ansegeln; Ansegīsel; Anselm von Canterbury; Anser; Ansgar; An sich; Ansicht

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Anse - Ansicht.

dern begonnen hatte, malte er 1842 den Tod Sir W. Lambtons bei Marston-Moor, der großen Beifall fand, und 1844 die von der Jagd zurückkehrende Königin Maria von Schottland. Bekannter als durch diese Bilder wurde er durch seine zahlreichen Tierstücke, die er in der Weise Landseers, aber mit weniger Geist und Ausdruck malt. Dahin gehören: der Tod (1843), der Kampf (1848), die Rache des Schafhirten und die Fuchsjagd im Norden (1855), der Viehmarkt in den Hochlanden (1874), der Wolftöter und einige Schafbilder. Als er 1856 und 1857 Spanien bereist hatte, schilderte er auch das dortige Volks- und Tierleben auf sehr interessante Weise und errang mit seinen Bildern (z. B. der Wasserträger, trinkende Maultiere, Übergang über eine Furt in Sevilla) mehrere Preise. Seine Charakteristik der Tiere ist oft sehr treffend, sein Kolorit stets glänzend.

Anse (spr. āngß), Städtchen im franz. Departement Rhône, Arrondissement Villefranche, an der Bahn Paris-Lyon, unfern der Saône, mit (1876) 1354 Einw.; das Ansa der Römer, im Mittelalter Versammlungsort mehrerer Konzile (so 1075 unter Gregor VII., 1298 unter Bonifacius VIII.).

Ansegeln, im Seewesen s. v. w. in Kollision geraten; auch die Küste so nahe passieren, daß sie in Sicht kommt.

Ansegīsel, Sohn des fränk. Bischofs Arnulf von Metz, vermählt mit Begga, der Tochter Pippins von Landen, Vater Pippins von Heristall und so Stammvater des nach Beseitigung der Merowinger im Frankenreich 751 zur Herrschaft gekommenen Geschlechts der Karolinger; gest. 685.

Anselm von Canterbury, scholast. Philosoph, geb. 1033 zu Aosta in Piemont, unter dem Einfluß seiner Mutter Emmerberga religiös, unter dem seines Vaters Gandulf weltlich erzogen, trat nach einem wilden Jünglingsleben 1060 in das Benediktinerkloster Bec in der Normandie, wurde 1064 Prior und 1093 als Nachfolger seines Lehrers Lanfranc Erzbischof von Canterbury. Als eifriger Vorkämpfer für die Rechte der Kirche und des päpstlichen Primats geriet er in Streitigkeiten mit Wilhelm II. und Heinrich I. von England, infolge deren er zweimal (1097-1100 und 1103-1106) sein Bistum verlassen mußte und erst nach dem Vertrag von Bec, der dem Investiturstreit ein Ende machte, definitiv zurückkehrte. Er starb 21. April 1109 und ward später kanonisiert. Als der erste selbständige Bearbeiter des überlieferten theologischen Lehrstoffs ist A. der Vater der Scholastik geworden. Er ging davon aus, daß der Glaube unantastbar feststehe, daß aber die Wissenschaft die Aufgabe habe, den Inhalt des Glaubens zu selbständiger Einsicht für die Vernunft zu bringen (fides praecedit intellectum; credo ut intelligam). Als Philosoph ist er am einflußreichsten durch den von ihm so genannten ontologischen Beweis für das Dasein Gottes geworden, den er in seiner Schrift "Proslogium" zuerst aufstellte und in einer zweiten, "Monologium" (beide hrsg. von Haas, Tübing. 1863), weiter begründete. Derselbe ist ein Versuch, aus dem Begriff Gottes das Dasein desselben durch die Schlußfolgerung darzuthun, daß im Begriff Gottes als des schlechthin Größten, über welches hinaus ein Höheres nicht mehr gedacht werden kann, liege, daß derselbe nicht im Verstand, sondern außerhalb desselben Wirklichkeit habe, weil sich sonst ein noch Größeres denken ließe, nämlich ein solches, das auch in der Wirklichkeit existiere. Ein Zeitgenosse Anselms, der Mönch Gaunilo im Kloster Marmoutiers bei Tours, hat (wie später Kant) dagegen bemerkt, daß aus dem Denken des Gottesbegriffs weder ein Sein Gottes im Denkenden noch (und noch weniger) ein Sein des gedachten Gottes in der Wirklichkeit folge. Die Schrift "Cur deus homo" (hrsg. von Lämmer, Berl. 1857; von Fritzsche, Zür. 1868; deutsch von Tschirlitz, Quedlinb. 1861), in welcher A. aus bloßer Vernunft, ohne Berufung auf Offenbarung und Schriftbeweise darzuthun sucht, daß und wiefern Gott sich selbst für die Sunden der Welt Genugthuung gebe, wurde 1094-1098 verfaßt. In dem Streit zwischen Realisten (s. d.) und Nominalisten (s. d.) stand A. auf der Seite der erstern gegen Roscellin (s. d.) und verfocht deren Lehre auf der Synode zu Bari 1098. Die Werke Anselms wurden zuerst 1491 und 1494 in Nürnberg, dann 1544, 1549, 1675 und 1721 zu Paris und im 155. Bande der "Patrologia" von Migne (Par. 1852 bis 1854) wieder abgedruckt. Vgl. über ihn die Monographien von Frank (Tübing. 1842), Hasse (Leipz. 1843-52, 2 Bde.), Rémusat (Par. 1854), Rule (Lond. 1882, 2 Bde.).

Anser, Gans; Anseridae, (Gänse), Familie aus der Ordnung der Schwimmvögel; s. Gänse.

Ansgar (Ansgarius, Anscharius), der Apostel des Nordens, geb. 8. Sept. 801 in der Picardie, war Mönch in dem Kloster Neu-Corvie (Korvei) an der Weser, bis er 826 vom Kaiser mit seinem Freund Autbert bestimmt wurde, den neugetauften Dänenkönig Harald nach Dänemark zu begleiten, um daselbst die christliche Lehre auszubreiten. Nach kurzer Wirksamkeit dort 828 vertrieben, machte er 829 eine Missionsreise nach Schweden und erhielt 831 das für die nordische Mission gestiftete Erzbistum Hamburg, welches 847 nach Bremen verlegt wurde. Von da aus besuchte er, vom dänischen König Erich II., den er für das Christentum gewonnen, geschützt, wieder Schleswig und gründete auch hier die christliche Kirche; ebenso stellte er auf einer zweiten Reise in Schweden 852 die Kirche daselbst her. Auch auf die Slawen erstreckte sich seine Missionsthätigkeit. Auch verfaßte er einige Schriften ("Vita Willehadi" und "Pigmenta"). Er starb 865 und wurde kanonisiert. Sein Leben beschrieb Rimbert, sein Nachfolger auf dem erzbischöflichen Stuhl (hrsg. von Pertz in den "Monumenta Germaniae historica", Bd. 2; deutsch von Laurent, Berl. 1854). Ansgars Biographie lieferte Tappehorn (Münst. 1863).

An sich, s. v. w. ohne Rücksicht auf ein andres, daher an sich gewiß, s. v. w. unbedingt (unmittelbar) gewiß; an sich seiend, s. v. w. unbedingt (ohne Voraussetzung eines weitern Seienden) seiend; an sich betrachtet, s. v. w. unbedingt (mit Absehen von allem andern) betrachtet. Aus diesem Grund hat Kant das Objekt der Erkenntnis, insofern es ohne Rücksicht auf das erkennende Subjekt als das, was es selbst, nicht für dieses ist, das "Ding an sich" (s. d.) genannt.

Ansicht (von Ansehen), im philosoph. Sprachgebrauch jede Vorstellung von einer Person, einer Sache oder einem Ereignis, deren Inhalt nicht sowohl durch die Beschaffenheit dieser selbst als vielmehr durch den Gesichtspunkt bestimmt ist, von welchem aus dieselben betrachtet werden. Dieselbe ist daher zwar von dem einmal eingenommenen Standpunkt aus unvermeidlich (subjektiv "notwendig"), muß aber dem so betrachteten Gegenstand keineswegs entsprechend, sondern kann und wird für diesen in desto höherm Grad (objektiv) "zufällig" (Herbart) sein, je willkürlicher der Betrachtende bei der Wahl seines Gesichtspunktes verfahren ist. - Im physikalischen (optischen) Sinn bedeutet A. das Bild, das ein sichtbarer Gegenstand unter einem bestimmten Gesichtswinkel