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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Antiochīa; Antiochianer; Antiŏchos

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Antiochia - Antiochos.

das Fürstentum an deren Gemahl Raimund I., Grafen von Poitiers, der 1137 den byzantinischen Kaiser Johannes als Lehnsherrn anerkennen mußte und 1149 gegen Nureddin von Aleppo fiel, und dann an den zweiten Gemahl, Rainald von Châtillon. Unter seinen Nachfolgern Bohemund III. (1163-1201), Raimund II. (bis 1233), Bohemund IV. (bis 1251) mehrten sich die Gefahren, die das Bestehen des Fürstentums von Jahr zu Jahr zweifelhafter machten, bis es 1268 unter Bohemund VI. an Bibars, Sultan von Ägypten, verloren ging.

Antiochīa (Antiocheia), Name mehrerer Städte des Altertums, von denen die merkwürdigsten folgende sind: 1) A. Epidaphnes (ad Daphnem, so genannt nach dem unfern gelegenen Apollohain Daphne), Hauptstadt von Syrien und Residenz der Seleukiden, am Orontes, 22 km vom Meer, in überaus fruchtbarer Thalebene, die prächtigste der 16 von Seleukos Nikator zum Andenken seines Vaters Antiochos erbauten gleichbenannten Städte. Ihre Gründung fällt in das Jahr 301 v. Chr.; der Zudrang von neuen Kolonisten machte aber wiederholt neue Anlagen nötig, so daß A. zuletzt aus vier Quartieren bestand (daher Tetrapolis), deren jede mit besonderer Mauer umgeben, zugleich aber in die allgemeine starke Befestigung eingeschlossen war. Die höchste Blüte Antiochias fällt in die Zeit Antiochos' d. Gr. und mehr noch in die der römischen Kaiser des 1.-3. Jahrh., welche hier oft Hoflager hielten. Damals zählte A. über 500,000 Einw. und wurde wegen seiner Pracht und Größe mit Rom verglichen. Unter der römischen Herrschaft war A. auch stehende Residenz des Prokonsuls von Syrien, in christlicher Zeit aber Sitz eines der vier ältesten und einflußreichsten Patriarchen des Römerreichs und eine berühmte Pflegestätte antiker, namentlich aber christlich-theologischer Wissenschaft. In A. war es, wo die erste größere Christengemeinde außerhalb Palästinas sich bildete, wo der Name Christen zuerst genannt wurde (Apostelgesch. 11, 26), und wo der Heidenapostel Paulus die Weihe erhielt. Von 252 bis 380 wurden hier zehn wichtige Kirchenversammlungen gehalten. Der Verfall von A. datiert seit dem 5. Jahrh.; Verwüstungen durch Erdbeben vereinigten sich mit der Zerstörungswut östlicher Barbaren, um die Prachtbauten der Stadt in Schutt zu verwandeln. Der Perserkönig Chosroes legte 538 den größten Teil Antiochias in Asche und führte die wohlhabendsten Bürger als Sklaven hinweg. Justinian ließ zwar auf den Trümmern eine neue Stadt, Theūpolis, erstehen, vermochte indes die alte Größe nicht wieder zurückzuführen. Römer, Perser, byzantinische Griechen und Sarazenen hatten unter den Mauern Antiochias bereits wiederholt um den Besitz der Stadt gestritten und die letztern sich schon seit 1084 in ihr als Gebieter behauptet, als das erste Kreuzheer vor A. erschien. Nach neunmonatlicher Belagerung fiel A. endlich 3. Juni 1098, und Bohemund von Tarent pflanzte das Christenbanner an die Stelle des Halbmondes und wurde Fürst von A. unter griechischer Lehnsherrlichkeit. Das anrückende persische Entsatzheer wurde geschlagen, nachdem Peter von Amiens die heilige Lanze aufgefunden und die Kreuzfahrer dadurch begeistert hatte. Noch öfters wechselten die Schicksale der Stadt, bis sie 1268 von dem ägyptischen Sultan Bibars erobert ward. Seitdem ist A. aus der Geschichte so gut wie verschwunden. Auf seiner Trümmerstätte steht jetzt die Stadt Antakije, ein zum syrischen Wilajet Aleppo gehöriger Ort mit niedrigen und ärmlichen Häusern, 14 unbedeutenden Moscheen und 17,500 Einw., größtenteils Türken, welche Seidenzucht, Öl- und Getreidebau sowie Aalfischerei treiben; Sitz eines deutschen Konsulats. Die neue Stadt nimmt nur einen kleinen Teil im NW. der alten ein; der übrige Raum ist mit Trümmerhaufen angefüllt und in der Ebene mit Maulbeer-, Feigen- und Olivenpflanzungen bestanden. Das einzige große, noch erhaltene Denkmal aus der Zeit des alten Glanzes sind die römischen Befestigungen, bestehend in einer Mauer, die von einem Graben umgeben und mit 130 bis zu 25 m hohen Türmen versehen war, von denen noch 50 (viereckig und rund) vorhanden sind. Auch von den alten Thoren sind noch einige in leidlichem Zustand erhalten. Im SW. von A. lag der von den Alten in glänzenden Farben geschilderte Hain von Daphne (s. d.). Nordöstlich in der Ebene El Omk liegt der See von A. (auch Ak Denis genannt), fast 100 m ü. M. und von verschiedener Ausdehnung je nach der Jahreszeit (im Durchschnitt 30 km lang und 5,5 km breit.). Er ist seicht und bei Stürmen sehr gefährlich für die Flöße und Barken, welche ihn befahren. Von A. bis zum Meer erstreckt sich die vom Orontes durchströmte, höchst fruchtbare Antiochenische Ebene, ehemals einem Fruchtgarten vergleichbar, jetzt wenig angebaut, noch immer aber eine der freundlichsten Thalebenen Syriens.

2) (A. Pisidiä) Stadt auf der Grenze von Phrygien und Pisidien, wurde in der Seleukidenzeit von Magnesia (am Mäander) aus gegründet, nach Besiegung des Antiochos von den Römern für frei erklärt, unter Augustus unter dem Namen Cäsarea zur Kolonie erhoben und war in der spätern Kaiserzeit Hauptstadt der Provinz Pisidien. Ruinen bei Jalowatsch, unfern Akschehr.

Antiochianer, s. Ahasiten.

Antiŏchos, Name mehrerer Könige von Syrien aus dem Haus der Seleukiden:

1) A. I., Soter ("Retter"), geb. 323 v. Chr., Sohn des Seleukos Nikator. Als er von heftiger Liebe zu seiner Stiefmutter Stratonike ergriffen wurde und darüber schwer erkrankte, gab sein Vater, von der Ursache seiner Krankheit unterrichtet, ihm 293 Stratonike zur Gemahlin und trat ihm die Herrschaft über die Länder jenseit des Euphrat nebst dem Königstitel ab. Im J. 281, als sich Seleukos nach Makedonien zurückzog, wo er von Ptolemäos Keraunos ermordet wurde, überließ er A. die Herrschaft über das ganze syrische Reich. Wegen Unruhen in Asien schloß A. mit dem Mörder seines Vaters Frieden und ließ ihm Makedonien. Mit Eumenes von Pergamon kämpfte er erfolglos, dagegen nahm er wegen eines Siegs über die Gallier den Beinamen Soter an. Er starb 261 im Kampf gegen die Gallier.

2) A. II., Theos ("Gott"), Sohn und Nachfolger des vorigen (261-246 v. Chr.), kämpfte unglücklich gegen Ptolemäos Philadelphos von Ägypten und mußte den Frieden 250 dadurch erkaufen, daß er seine Gemahlin Laodike verstieß und des Ptolemäos Tochter Berenike heiratete. Nach dem Tode des Ptolemäos (248) rief er zwar Laodike zurück und ernannte ihren ältesten Sohn, Seleukos Kallinikos, zum Thronfolger; aber Laodike, vielleicht eine zweite Verstoßung befürchtend, ließ schon im folgenden Jahr (246) A. sowie die Berenike und deren Kind ermorden. Den Beinamen Theos gaben ihm die Milesier zum Dank für die Befreiung vom Tyrannen Timarchos.

3) A. III., der Große, zweiter Sohn des Seleukos Kallinikos, geb. 242 v. Chr., bestieg nach dem Tod seines Bruders Seleukos Keraunos 222 den Thron. Er fand das Reich, von dem sich Baktrien und Par-^[folgende Seite]