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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ausstellungen

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Ausstellungen (Weltausstellungen bis 1873).

die Teilnahme an der 1854 zu München abgehaltenen allgemeinen Ausstellung deutscher Industrie- und Gewerbserzeugnisse, bei welcher neben Bayern (2331 Aussteller) namentlich Österreich (1477 Aussteller) vertreten war.

Paris 1855. Die Weltausstellung zu Paris 1855 sollte allen Nationen geöffnet sein, aber in gleichmäßigerer Weise als vorher in London. Die Zahl der Ausstellenden stieg auf 21,779, darunter 2175 Deutsche. In London hatte man die ausgestellten Objekte unter 6 Gruppen gebracht, jetzt nahm man eine Einteilung in 30 Klassen an. Nächst der französischen war hier die deutsche und österreichische Industrie am glänzendsten vertreten. Vgl. den "Offiziellen Bericht des Zollvereins" von Viebahn und Schubart (Berl. 1856). Einen mehr lokalen Charakter trug die 1857 in Bern eröffnete schweizerische Industrieausstellung.

London 1862. Viel weiter als ihre gleichartigen Vorgänger ging die große Ausstellung aller Nationen in London 1862. Nicht nur war die Zahl der Teilnehmer überhaupt (24,864) größer, die Beteiligung erstreckte sich auch auf weitere Kreise. England freilich war durch eine geringere Zahl von Ausstellern vertreten als 1851, die andrer Länder hatte sich aber mehr als verdoppelt; Bewerber aus vorher nicht vertretenen Gebieten waren erschienen. England wurde durch 7189, Deutschland durch 2875 Namen repräsentiert. Als ein ganz neues Moment muß das Zurückgreifen um 100 Jahre bei den Schöpfungen der Malerei und Skulptur bezeichnet werden, man wollte dadurch "den Fortschritt und gegenwärtigen Stand der modernen Künste beleuchten". Alle Gegenstände waren in 4 große Abteilungen gebracht worden, welche zusammen 40 Klassen bildeten. Vgl. den "Offiziellen Bericht des Zollvereins" (Berl. 1863-65, 18 Hefte) und den durch das k. k. österreichische Zentralkomitee herausgegebenen Bericht (Wien 1869, 4 Bde. mit Atlas).

Paris 1867. Die bisherigen A. hatten rein praktische Ziele verfolgt, die internationale Ausstellung zu Paris 1867 ging erheblich weiter. Hier wurden zum erstenmal die Anstalten vorgeführt, welche sich mit der Hebung der physischen und moralischen Lage des Volks beschäftigen, die Methode des Unterrichts, Wohnungen, Hausgeräte, Hausinstrumente etc. Neu war auch der Versuch, das Verfahren der Herstellung gewisser Artikel praktisch vorzuführen. Damit verband sich eine kulturgeschichtliche Abteilung: die Geschichte der Arbeit. Das aus Eisen und Glas auf steinernem Fundament errichtete Ausstellungsgebäude war nach einem neuen, ganz besondern Plan erbaut. Scheidewände teilten dasselbe in sieben elliptische, von oben beleuchtete Ringe, in deren Mitte sich ein gartenartiger Hof mit Werken der plastischen Kunst befand. Jeder Rundgang bildete eine besondere Abteilung für eine spezielle Art von Erzeugnissen, und sämtliche konzentrische Ringe waren durch 16 radiale Straßen in breitere oder schmälere, den einzelnen Ländern zugewiesene keilförmige Sektoren geteilt. Durchschritt man somit die Ringe in radialer Richtung, so befand man ich immer in demselben Land, während man, wenn man sie peripherisch durchwanderte, in einem Rundgang die von allen Nationen der Welt ausgestellten Produkte einer und derselben Gattung zu besichtigen Gelegenheit hatte. Dadurch wurde die vergleichende Übersicht der verschiedenen Erzeugnisse wesentlich erleichtert. Freilich konnte das Prinzip nicht strikte durchgeführt werden, indem die zugemessenen Räume den aufzustellenden Gegenständen häufig durchaus nicht entsprachen, so daß viele Gegenstände ihren Platz in den besonders errichteten 13 Annexen fanden. Eine der größten Eigentümlichkeiten dieser Ausstellung bildete der Park, in welchem alle Länder, teilweise in verschiedenen geschichtlichen Perioden, durch charakteristische Bauten repräsentiert waren. Kioske, maurische Paläste, altägyptische Tempel, türkische Bäder, gotische Kirchen, Schulhäuser, Arbeiterhäuser, Kolossalmonumente u. a. waren hier errichtet. Der Katalog umfaßte 10 Gruppen, welche in 95 Klassen zerfielen. Die Zahl der Aussteller betrug 42,217, davon aus Frankreich und seinen Kolonien 11,645, aus England und seinen Kolonien 3609, Deutschland 3388, Österreich 3072. Die Beteiligung deutscherseits war unvollständig, sie zeigte aber dennoch den großen industriellen Fortschritt der letzten Jahre. Der deutsche Gußstahl war unerreicht, Glas und Papier standen auf der höchsten Stufe, in chemischen Produkten schlug Deutschland englische und französische Konkurrenz. In Garnspinnereimaschinen hatte der deutsche Maschinenbau der ausländischen Industrie den Rang abgelaufen. Die deutschen mechanischen Webstühle, Werkzeugmaschinen, Lokomotiven standen englischen und amerikanischen zum mindesten gleich. Den schönsten Preis aber hatten das Unterrichtswesen und das Unterrichtsmaterial Deutschlands davongetragen.

Wien 1873. Das Programm der Weltausstellungen erfuhr auf der fünften in Wien 1873 eine sehr bedeutende Erweiterung. Statt der 10 Gruppen von Paris unterschied man hier 26; man zog jetzt Gesichtspunkte in den Vordergrund, die man früher als nebensächlich behandelt hatte. Durch die Ausstellung von Objekten der Kunst und Kunstgewerbe früherer Zeiten, durch Kunstfreunde und Sammler (Exposition des amateurs) wollte man die Schätze der Privatkunstsammlungen den Kunstfreunden erschließen und dem Kunstgewerbe neue Ideen zuführen. Erziehungs-, Unterrichts- und Bildungswesen sollte in viel reichhaltigerm Maß zur Anschauung gebracht, eine Geschichte der Erfindungen durch Nebeneinanderstellung von Maschinen, Apparaten aus verschiedenen Zeiten, eine Geschichte der Gewerbe durch Ausstellung von gleichartigen, aus aufeinander folgenden Epochen stammenden Objekten, die Verwertung von Abfällen durch Gegenüberstellung der letztern und der daraus gewonnenen Fabrikate gegeben werden u. a. Manche der Versuche stellten sich allerdings in der Folge als Fehlschläge heraus; aber trotzdem war die Wiener Weltausstellung nicht allein die reichste, kostbarste und inhaltsvollste Sammlung, welche der Welt bis dahin geboten war, sie ist auch in dieser Hinsicht bis jetzt nicht übertroffen worden. Deutschland ragte in Wien namentlich hervor im Hüttenwesen, den chemischen Industrien, landwirtschaftlichen Produkten, der Industrie in Leder, Kautschuk, Guttapercha, in Maschinenwesen und Transportmitteln, wissenschaftlichen Instrumenten, dem Marinewesen, der bildenden Kunst und dem Erziehungs- und Unterrichtswesen. Die Zahl der Aussteller war geringer als in Paris. Von im ganzen 39,500 Ausstellenden entfielen 12,208 auf Österreich, 7524 auf Deutschland, 3564 auf Frankreich mit Kolonien, 1216 auf England und Kolonien. Während der Dauer der Ausstellung tagten zwölf verschiedene Kongresse: ein volkswirtschaftlicher, ein medizinischer, ein kunstwissenschaftlicher, ein meteorologischer u. a. Gegen Ende der Ausstellung fanden Vorträge über einzelne besonders beachtenswerte Zweige der Ausstellung statt. Um dieselbe des Kaiserreichs würdig zu machen,