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Baden (Rechtspflege, Finanzen, Militär etc.; Geschichte).
von Freiburg, zugleich Metropolit der oberrheinischen Kirchenprovinz; unter ihm stehen 35 Landkapitel mit je einem Dekan und 660 Pfarreien. Die Israeliten haben einen Oberrat in Karlsruhe und 16 Bezirksrabbiner.
Was die Rechtspflege betrifft, so gilt für das bürgerliche Recht das 1810 eingeführte "badische Landrecht", eine mit Abänderungen versehene und durch spätere Gesetze ergänzte Übersetzung des Code civil. Sodann gelten die sämtlichen Reichsgesetze nebst dem deutschen Handelsgesetzbuch und der Wechselordnung und die dazu erlassenen Einführungsgesetze. Seit 1857 sind Justiz und Verwaltung getrennt.
Die Finanzen des Staats befinden sich in guter Ordnung, dank einer tüchtigen Verwaltung und einer ausdauernden Steuerkraft des Landes. Für 1885 betragen nach dem Voranschlag die Einnahmen 41,168,960 Mk., die Ausgaben 39,280,083 Mk. Die bedeutendsten Posten von beiden sind:
Einnahmen.
Direkte Steuern: Mark
Grund- und Häusersteuer 5854282
Erwerbsteuer 3048108
Kapitalrentenst. 1337539
Verschiedenes 309211
Indirekte Steuern:
Weinsteuer 1716591
Biersteuer 3558440
Branntweinsteuer 657768
Schlachtviehsteuer 592401
Von Liegenschaftskäuf., Erbsch. etc. 2443066
Domänen u. Forsten 6681222
Justiz- und Polizeigefälle 3837497
Anteil an den Zöllen und Stempelabgaben des Reichs 3274305
Aus der Reichskasse 1381676
Salinenverwaltung 998516
Ausgaben.
Mark
Großherzogl. Haus 1739126
Erhebungskosten der Einnahmen 9427549
Rechtspflege u. Strafanstalten 5507568
Matrikularbeiträge 5005269
Wasser- u. Straßenb. 4212262
Bezirksverwaltung u. Polizei 3268532
Unterrichtswesen 2878856
Pensionen 1955453
Zuschuß zur Verzinsung der Eisenbahnschuld 1750000
Milde Fonds, Heilanstalten 1283200
Zentralbehörden 745036
Kultus 260554
Wissensch. u. Künste 146768
Justizministerium 108016
Die Staatseisenbahnen werden gesondert verrechnet. Die Einnahmen sind auf 40,107,450 Mk., die Ausgaben auf 27,373,403 Mk. (einschließlich der Bodenseedampfschiffahrt und Main-Neckarbahn) veranschlagt, der Reinertrag von 12,734,047 Mk. dient zur Verzinsung der Eisenbahnschuld. Die Staatsanleihen sind nahezu ganz getilgt; sie betragen (1884) noch 1,552,984 Mk. Den sonstigen Verbindlichkeiten des Staats im Betrag von 38,814,599 Mk., worunter 20½ Mill. Mk. unverzinsliche Schuld der Staatskasse an den Domänengrundstock, stehen Aktiva im Betrag von 28,970,866 Mk. gegenüber, so daß in Wirklichkeit eine Staatsschuld nicht besteht. Die reine Eisenbahnschuld beläuft sich auf 327,305,308 Mk.
Das badische Militär bildet nach der mit Preußen abgeschlossenen Konvention seit 1871 einen Teil des preußischen Heers und zwar den größten Teil des 14. Armeekorps. Die badischen Truppen bestehen aus 6 Infanterieregimentern (Nr. 109-114), 3 Dragonerregimentern (Nr. 20-22), 2 Feldartillerieregimentern (Nr. 14 und 30), 1 Pionier- und 1 Fußartilleriebataillon (beide Nr. 14) und 5 Landwehrregimentern (Nr. 110-114). Festungen des Landes sind Rastatt und Kehl (letzteres als Teil der Festung Straßburg). Zur Handhabung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit besteht ein Gendarmeriekorps, dessen Organisation militärisch ist.
B. hat drei Ritterorden: den Orden der Treue, 1715 gestiftet, mit einer Klasse; den militärischen Karl Friedrich-Verdienstorden, 1807 gestiftet, mit drei Klassen (früher mit Pension verliehen), und den Orden vom Zähringer Löwen (s. Tafel "Orden"), 1812 gestiftet, jetzt mit sechs Klassen, deren oberste den besondern Namen "Orden Bertholds I." führt. Außerdem gab es ein militärisches Dienstauszeichnungskreuz für 40- und 25jährige Dienstzeit der Offiziere, eine Felddienstauszeichnung, eine Gedächtnismedaille für 1849 und eine Militärverdienstmedaille; gegenwärtig gibt es noch eine goldene und eine silberne allgemeine Verdienstmedaille. Die badischen Landesfarben sind Rot und Gelb. Das Wappen (s. Tafel "Wappen") hat einen schrägen goldenen Balken im roten Feld oben rechts und wird von zwei Greifen gehalten. Haupt- und Residenzstadt ist Karlsruhe.
Vgl. "Das Großherzogtum B. in geographischer, naturwissenschaftlicher, geschichtlicher, wirtschaftlicher und staatlicher Hinsicht dargestellt" (von mehreren bearbeitet und hrsg. von Bielefelds Verlag, Karlsr. 1885); "Statistisches Jahrbuch für das Großherzogtum B." (erscheint seit 1868); "Statistische Mitteilungen über das Großherzogtum B." (seit 1869); "Beiträge zur Statistik der innern Verwaltung des Großherzogtums B." (seit 1855, 43 Bde.); Fraas, Geognostische Beschreibung von B., Württemberg und Hohenzollern (1883). Von Kartenwerken sind erschienen: "Topographische Karte von B. im Maßstab von 1:50,000" (1838-49) und "Neue topographische Karte von B. im Maßstab 1:25,000" (in 170 Meßtischblättern, wovon bisher 110 veröffentlicht).
Geschichte.
Baden im Mittelalter.
Das jetzige Großherzogtum B. ist allmählich aus verschiedenen Gebietsteilen des ehemaligen Herzogtums Alemannien oder Schwaben (s. d.) entstanden, welche das alte Breisgauer Grafengeschlecht der Zähringer (s. d.) besaß, das seinen Ursprung von dem alten alemannischen Herzogshaus herleitete, und dessen Stammburg bei Freiburg lag. Graf Berthold I. erhielt vom Kaiser Heinrich III. (1052) die Anwartschaft auf das Herzogtum Schwaben und nahm den herzoglichen Titel an. Aber nach Heinrichs III. Tod verlieh dessen Witwe Agnes das Herzogtum Schwaben an den Grafen Rudolf von Rheinfelden und entschädigte 1061 den Grafen Berthold mit dem Herzogtum Kärnten, welches derselbe aber 1073 unter Heinrich IV. wegen seines Abfalls von dessen Sache wieder verlor. Bertholds ältester Sohn, Berthold II., nahm nach seines Vaters Tod (1078) den Titel eines Herzogs von Zähringen an; seine Nachkommen erloschen im Mannesstamm 1218. Bertholds I. zweiter Sohn, Hermann I., welcher von seinem Vater die Markgrafschaft Verona erhalten und durch seine Gattin die Ebersteinsche Burg B. über den Trümmern des römischen Bades Aurelia geerbt hatte, nahm den Titel eines Markgrafen an, der seitdem bei dem badischen Fürstenhaus blieb. Er ist der Stammvater des badischen Fürstenhauses und hinterließ seinem Sohn Hermann II. (gest. 1130) 1074 die Herrschaft Hochberg im Breisgau und das Dorf Backnang an der Murg. Dessen beide Nachfolger Hermann III. (gest. 1160) und Hermann IV. waren treue, ritterliche Anhänger der Hohenstaufen. Der letztere begleitete den Kaiser Friedrich Barbarossa 1189 auf dessen Kreuzzug und fand seinen Tod in Antiochia (1190). Seine Söhne Hermann V. und Heinrich I. teilten sich in die badischen Lande und zwar so, daß der erstere B., die Besitzungen im Breisgau, die Ortenau und Backnang, der letztere die Markgrafschaft Hochberg