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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Banken

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Banken (Lombardbanken).

Abgesehen von dem Einfluß, den die Sicherheit des Wechsels ausübt, ist der Diskontosatz je nach Ort- und Zeitverhältnissen ein mannigfacher. Er ist um so niedriger, je mehr flüssiges Kapital vorhanden ist, um Wechsel zu diskontieren, und je weniger Wechsel zur Diskontierung angeboten werden. Er ist daher niedrig einerseits in reichen Ländern, anderseits in Zeiten, in denen durch einen schleppendern Gang des Geschäfts wenig Forderungen entstehen. Das Kapital, das zu Diskontierungen verfügbar ist, wechselt auch nach den Zeitverhältnissen, da solches Kapital, das vorübergehend anderweitig nicht in Anspruch genommen ist, sich mit Vorliebe dem Ankauf von Wechseln zuwendet. Aus diesen Verhältnissen erklärt es sich, warum der Diskontosatz viel häufigern und bedeutendern Veränderungen ausgesetzt ist als der Zinsfuß bei andern Arten von Darlehen. Die wichtigsten Diskonteure sind die großen Notenbanken, und diese haben die Gewohnheit oder auch die gesetzliche Verpflichtung, den Satz, zu welchem sie diskontieren, öffentlich bekannt zu geben. Die Veränderungen, die hier eintreten, charakterisieren die allgemeinen Schwankungen des Diskontosatzes, da auch diese großen Institute den Verhältnissen am offenen Markt sich anbequemen müssen. Änderungen des Diskontosatzes sind für dieselben eine wichtige Handhabe, um ein richtiges Verhältnis zwischen Barvorrat und Krediten herzustellen, indem mit einer Erhöhung, wie sie in kritischen Zeiten am Platz ist, weniger, bei einer Erniedrigung mehr Wechsel zur Diskontierung gegen Noten und Münze angeboten werden. Da gleichzeitig im erstern Fall mehr, im letztern weniger Noten zur Einlösung präsentiert werden, so wächst im erstern Fall und mindert sich im zweiten die sogen. Banknotenreserve, d. h. der Betrag an nicht ausgegebenen Noten, deren Ausgabe gesetzlich zulässig oder durch Besteuerung nicht erschwert wird. Die Deutsche Reichsbank hat ihren offiziellen Diskontosatz 1877 sieben-, 1878 drei-, 1879 sechs-, 1880 fünf-, 1881 dreimal geändert, abgesehen von den Ungleichheiten, die noch unter den einzelnen Kunden eintreten, von denen manche zu günstigern Bedingungen als den regelmäßig festgehaltenen diskontieren. Auch die äußersten Grenzen des Diskontosatzes liegen selbst innerhalb eines Volks und eines kurzen Zeitraums weit auseinander. Im J. 1876 fiel der Diskontosatz der Deutschen Reichsbank allmählich von 6 auf 3½ Proz., betrug 1879 sogar nur 3 Proz., Anfang 1882 wieder 6 Proz. Auch der durchschnittliche Diskontosatz der einzelnen Jahre ist ziemlich ungleich, er war bei der Deutschen Reichsbank seit ihrem Bestehen:

^[Liste]

1876: 4,16 Proz. 1880: 4,24 Proz.

1877: 4,42 " 1881: 4,42 "

1878: 4,34 " 1882: 4,54 "

1879: 3,70 " 1883: 4,047 "

Da die Beziehungen der Handeltreibenden aller Kulturvölker in der Gegenwart sehr innige sind, so beeinflussen die verschiedenen Länder einander in Bezug auf die Höhe des Diskonts. Vollkommene Gleichheit aber findet nicht statt, da doch die Kapitalisten regelmäßig der Anlage im eignen Lande den Vorzug geben, auch Kapitalübertragungen von einem Land in ein andres immer mit gewissen Kosten wegen der Entfernung und der Verschiedenheit der Münzsysteme verknüpft sind. So war z. B. Ende 1883 der Bankdiskont in London und Paris 3, in Brüssel und Amsterdam 3½, in Berlin 4, in Petersburg 6 Proz. Reine Diskontobanken kommen selten vor. Vielmehr bildet das Diskontieren regelmäßig nur einen Zweig der Thätigkeit eines Instituts neben dem Betrieb andrer Bankgeschäfte. Namentlich sind die Noten- und Depositenbanken gleichzeitig Diskontobanken, indem die Kapitalien, welche durch die andern Geschäftszweige der Anstalt zufließen, auf den Ankauf von Wechseln verwendet werden. Aber auch fast alle andern B. betreiben das Diskontogeschäft wenigstens zeitweise, um ihre müßigen Barbestände vorübergehend nutzbringend anzulegen.

Lombardbanken (Leihbanken),

so genannt, weil lombardische Kaufleute die Geschäfte derselben zuerst betrieben. Vorläufer derselben waren die öffentlichen Leih- und Pfandinstitute (Montes pietatis). Sie gewähren Darlehen gegen Verpfändung beweglicher Gegenstände. An einem beweglichen Gegenstand kann ein Pfandrecht nur bestellt werden oder wenigstens seine volle beabsichtigte Wirksamkeit nur haben, wenn derselbe in den Gewahrsam des Gläubigers gegeben wird. Daher ist das Lombarddarlehen ein Faustpfanddarlehen. Da es aber das Darlehen einer Bank ist, also zu produktiven Zwecken Kapitalien verschafft, so sind die Gegenstände, welche verpfändet werden, Effekten (Effektenlombard) oder Waren (Warenlombard) im weitesten Sinn, d. h. solche Gegenstände, welche nicht zum unmittelbaren Gebrauch dienen. Dieselben können während der Dauer des Darlehens ohne Nachteil beim Gläubiger sich befinden, da ihre Aufbewahrung nicht erforderlich ist, damit man von ihnen einen Nutzen ziehe. Durch das Darlehen wird der Eigentümer der Gegenstände von dem Zwang befreit, dieselben veräußern zu müssen, und er hat den Vorteil, eine von ihm erhoffte Preissteigerung derselben abwarten zu können. Der möglichen Wertschwankungen wegen kann die dargeliehene Summe immer nur einen bestimmten Bruchteil vom augenblicklichen Werte des Pfandes ausmachen. Am höchsten steigt die Beleihung bei Gold und Silber oder Münzen, da diese Objekte im Notfall am leichtesten in die Darlehnssumme selbst umzuwandeln sind. Ebenso kann auf sichere Wechsel, die diskontiert werden können, fast ihr voller Betrag geliehen werden. Es folgen dann Effekten, von denen die sichern und geringen Kursschwankungen ausgesetzten hoch, etwa zu drei Vierteln ihres Werts, mit voller Sicherheit beliehen werden können. Am meisten bleibt bei Waren das Darlehen hinter dem Werte des Pfandes zurück, schon deshalb, weil die Realisierung des Pfandes mit größern Schwierigkeiten verknüpft ist. Den vollen Wert des Pfandes erreicht das Darlehen auf Effekten in einem von dem Lombardgeschäft noch zu unterscheidenden Geschäft, der Prolongation oder dem Report (s. d.), das deshalb auch als ein gewagtes und unter Umständen gefährliches zu bezeichnen ist. Wie die Prolongation und der Effektenlombard die Effektenspekulation unterstützen, so der Warenlombard die Warenspekulation, die, wenn sie in vernünftigen Grenzen sich hält, sehr heilsame Folgen haben kann. Erleichtert wird der Warenlombard durch Einrichtungen, welche dem Gläubiger ersparen, die oft sehr voluminösen Pfandgegenstände in seine eignen Lager aufzunehmen, und ihm doch die gleiche Sicherheit verschaffen, als wäre dies geschehen. Das wichtigste Mittel dazu ist ein ausgebildetes Lagerhaus- und Warrantsystem (s. Lagerscheine), indem hier an die Stelle der Übergabe der Ware die Aushändigung eines bloßen Papiers tritt, welches der Rechtswirkung nach vollständig die Ware repräsentiert, aber natürlich leichter aufzubewahren ist.

Das Lombarddarlehen kann auf eine bestimmte Frist abgeschlossen sein, ist aber häufiger jederzeit von