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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Basel

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Basel (Stadt).

selbständige Halbkantone: Baselstadt und Baselland. Baselstadt (Bâle-Ville), 35,8 qkm (0,7 QM.) groß mit 65,101 Einw., bildet gemäß der Verfassung vom 10. Mai 1875 einen demokratischen Freistaat und ein Bundesglied der schweizerischen Eidgenossenschaft. Das Volk übt seine Souveränität durch Abstimmung über Bundes- und Kantonalverfassung, durch Wahl seiner Stellvertreter in die gesetzgebende Behörde, durch ein bedingtes Gesetzreferendum und Initiative. Die Landeskirche ist die evangelisch-reformierte; jeder andre Kult ist gewährleistet. Der Große Rat ist das Organ der Gesetzgebung, bestimmt Steuern und Anleihen, übt das Begnadigungsrecht, überwacht die Landesverwaltung etc. Er wird je auf 3 Jahre gewählt nach einer den bisherigen Anschauungen angepaßten Weise, die nicht einfach nach der Volkszahl normiert ist. Die vollziehende Gewalt übt ein Regierungsrat von 7 Mitgliedern; diese wählt der Große Rat auf je 3 Jahre. Die höchste richterliche Instanz bildet das Appellationsgericht, dessen 9 Mitglieder auf je 9 Jahre ebenfalls vom Großen Rat gewählt werden. Die Staatsrechnung für 1883 ergibt Einnahmen: 4,241,630 Fr., Ausgaben: 4,760,830 Fr. Die Hauptposten der Einnahmen bilden die Einkommen- und Gewerbsteuer mit 1,013,611 und die Vermögenssteuer mit 467,942 Fr. Die Hauptposten der Ausgaben bilden Erziehungswesen mit 1,074,438 Fr., Bauwesen mit 1,178,401 Fr., Verzinsung und Amortisation der Staatsschuld mit 1,252,048 Fr. Der Vermögensstand betrug Ende 1883 an Aktiven 11,020,551 Fr., an Passiven 23,684,852 Fr.

Baselland (Bâle-Campagne), 421,6 qkm (7,7 QM.) groß mit 59,271 Einw. (141 auf 1 qkm), bildet nach der Verfassung vom 6. März 1863 eine rein demokratische Republik und ein Glied der schweizerischen Eidgenossenschaft. Sie proklamiert die üblichen Grundrechte. Der Primärunterricht ist obligatorisch. Der Advokatenstand ist aufgehoben. Kirchen-, Schul- und Armenvermögen des neuen (ehemals bischöflichen) Kantonteils Birseck bleibt von demjenigen des alten Gebiets getrennt. Die oberste Behörde, als Organ des souveränen Volks, ist der "Landrat", der direkt durch das Volk gewählt wird und zwar in Wahlkreisen, je 1 Mitglied auf 800 Seelen, je auf 3 Jahre. Der Landrat wählt alljährlich seinen Präsidenten. Die Mitglieder beziehen Tagegelder. Alle vom Landrat erlassenen Gesetze sowie allgemein verbindliche Beschlüsse und Verträge unterliegen, je im Frühling und Herbst, der Volksabstimmung (Referendum). Auch die Initiative bei der Gesetzgebung ist dem Volk eingeräumt. Der Landrat kann abberufen werden; auf Verlangen von 1500 Stimmfähigen ist über die Frage abzustimmen. Der Landrat wählt das Mitglied in den schweizerischen Ständerat sowie verschiedene Behörden und Beamten, beaufsichtigt die Verwaltung des Staatsvermögens, übt Begnadigungsrecht etc. Ein Todesurteil kann erst vollzogen werden, wenn wenigstens drei Viertel der Versammlung die Umwandlung der Todesstrafe in 20-24jährige Kettenstrafe versagen. Der Regierungsrat, die oberste vollziehende Behörde, aus 5 Mitgliedern bestehend, wird frei vom Volk gewählt, je auf 3 Jahre. Präsident und Vizepräsident der Regierung werden alljährlich vom Landrat erwählt. Das Obergericht von 7 Mitgliedern, durch den Landrat je auf 3 Jahre ernannt, bildet die oberste richterliche Behörde. Die Verfassung kann jederzeit revidiert werden, sobald 1500 Stimmfähige oder der Landrat es verlangen. Nach der Staatsrechnung für 1883 betragen die Einnahmen 814,183 Fr., die Ausgaben 784,992 Fr. Die Hauptposten der Einnahmen bilden das Salzregal (156,746 Fr.) und die Abgaben (350,500 Fr.). Die Erziehung nimmt nur 36,642 Fr. in Anspruch, da das Schulwesen, nach Primär- und Bezirksschulen (letztere nach Art von Progymnasien), zunächst Sache der Gemeinden ist, im übrigen aus besondern Fonds bestritten wird. Zu Ende 1883 belief sich das Staatsvermögen an Aktiven auf 5,475,317 Fr., an Passiven auf 3,293,467 Fr. Daneben bestehen noch Spezialfonds. Hauptort von Baselland ist Liestal. Das Wappen des Kantons B. (s. Abbildung) ist der sogen. Baslerstab, ein Bischofstab, mit dem Schifferstachel in Verbindung gebracht, schwarz in weißem Feld.

Die Stadt Basel,

nächst Zürich und Genf die bevölkertste Stadt der Schweiz, liegt 248 m ü. M. zu beiden Seiten des Rheins, der sie in zwei Hälften teilt: Großbasel, am erhöhten linken Rheinufer längs des schönen Stroms halbmondförmig ausgedehnt und vom Birsig durchflossen, und Kleinbasel, niedriger und flach auf dem rechten Ufer gelegen. Beide Teile sind durch drei Brücken, jetzt auch durch eine Eisenbahnbrücke, verbunden. Seitdem die alten Schanzen demoliert wurden, ziehen sich Promenaden um die Stadt herum. Bemerkenswerte Gebäude sind: das doppeltgetürmte Münster (das Portal s. Tafel "Baukunst IX", Fig. 8), das zur bischöflichen Zeit (bis 1528) Domkirche war (1010-19 im byzantinischen Stil erbaut, später, nachdem es 1356 beim großen Erdbeben zum Teil eingestürzt war, gotisch restauriert), und die neue gotische Elisabethenkirche; der sogen. Konziliumsaal (am Münster, mit Sammlungen von Kunstwerken der Plastik und Malerei, Geräten etc.); das Rathaus (1508 erbaut), das Spital (ehemals markgräflicher Hof), die Bibliothek und das Museum mit großer Gemäldegalerie (darin 32 Bilder von H. Holbein dem jüngern), das Universitätsgebäude (ehemaliges Augustinerkloster), der Fischmarkt- und der Holbeinbrunnen etc. Verschwunden ist der berühmte Totentanz, eine Reihe von Freskogemälden an einer (gegenwärtig abgetragenen) Mauer, gefertigt zum Andenken an eine große Pest. Die Zahl der Einwohner beträgt (1880) 61,399, darunter 18,556 Katholiken und 801 Juden. B. unterhält eine großartige Industrie (s. oben) und ist die erste Handelsstadt der Schweiz. Hier, wo der Rhein, das Gebirgsland verlassend, die Ebene betritt, laufen mehrere Hauptbahnen zusammen, deren Warenverkehr 5 Mill. metr. Ztr. übersteigt. Mehr als die Hälfte der schweizerischen Ausfuhr passiert B.; ein beträchtlicher Teil kommt hier zur Umladung und bildet die Quelle eines einträglichen Speditionshandels. Dazu gesellen sich eine entsprechende Personenfrequenz sowie zahlreiche Bankgeschäfte, welche den Wechselverkehr der Baseler Kaufleute mit entfernten Plätzen besorgen oder als Kreditanstalten, Hypothekenbanken, Handwerksbanken etc. fungieren. B. ist der wichtigste Knotenpunkt der Schweizer Eisenbahnen und steht mit Baden und dem Elsaß durch die auf beiden Ufern des Rheins sich hinziehenden Linien, ferner mit Paris, Genf, Bern, Luzern, Zürich und Waldshut durch Eisenbahnen in Verbindung. Daher ist denn auch der Reichtum Basels berühmt und hat in der Schweiz

^[Abb.: Wappen von Basel.]