Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

437

Bastardagium - Bastardpflanzen.

bar oder schlagen doch, wenn sie fruchtbar sind, nach einigen Generationen in die mütterliche oder väterliche Art zurück. Indessen sind sichere Ausnahmen davon beobachtet worden, z. B. der B. zwischen Hase und Kaninchen, der sogen. Lapin (franz. liévre-lapin). Ebenso sind vollkommen fruchtbar die Bastarde von Anser cygnoides und der gewöhnlichen Gans, von Hund und Wölfin, von Eisbär und braunem Bären und wahrscheinlich auch die von Ziegenbock und Schaf. Unsre Haustiere scheinen zum größten Teil aus solchen Bastardierungen hervorgegangen zu sein, das Rind z. B. aus Bos primigenius und Bos brachyceros; in ähnlicher Weise sind auch frei lebende Tiere als Bastarde erkannt worden, z. B. der Rackelhahn (B. von Auer- und Birkhuhn) und mehrere Süßwasserfische. Über B. in der Botanik s. Bastardpflanzen.

Bastardagium (neulat.), ehedem die Verlassenschaft derjenigen unehelich gebornen Personen, welche, ohne Leibeserben zu hinterlassen, mit Tod abgingen. Eine solche Verlassenschaft fiel nach einem in manchen Staaten des Mittelalters üblichen Recht (jus bastardisae) dem Landesherrn zu.

Bastardeibisch, s. Abutilon.

Bastardeisen, s. v. w. Nickel.

Bastardierung, Erzeugung von Bastarden.

Bastardindigo, s. Amorpha.

Bastardisa (neulat.), s. v. w. Jus bastardisae, s. Bastardagium.

Bastardlorbeer, s. Viburnum.

Bastardnachtigall, s. Gartensänger.

Bastardpflanzen (Hybriden), Produkte geschlechtlicher Zeugung zwischen zwei verschiedenen Pflanzenarten. Eine solche Verbindung nennt man Hybridation oder Kreuzung und die gekreuzten Arten die Stammformen. Bei Bezeichnung der B. pflegt man die beiden Speziesnamen der Stammformen in der Weise zu verbinden, daß man den Namen des Vaters voransetzt. So bedeutet z. B. Digitalis purpureo-lutea eine Bastardpflanze, welche von D. lutea infolge der Befruchtung mit D. purpurea, wogegen D. luteo-purpurea eine solche bezeichnet, die von D. purpurea mittels Befruchtung mit D. lutea erzeugt ist. Hybridation ist vorzugsweise bei Phanerogamen bekannt. Unter den Kryptogamen, soweit hier geschlechtliche Zeugung stattfindet und daher Kreuzung denkbar ist, gibt es bis jetzt nur wenige einigermaßen sichere Fälle von Hybridation bei Tangen, Moosen und Farnkräutern. Die Samen, woraus B. hervorgehen, entstehen, wenn Blütenstaub einer Art auf die Narbe der andern durch Wind, Insekten etc. gelangt oder mittels eines Pinsels übertragen wird, in welchem Fall die Blüte ihrer eignen Staubbeutel, bevor sie aufgesprungen sind, beraubt werden muß. Durch solche künstliche Bastardierung sind zum großen Teil die zahlreichen Formen unsrer Zierpflanzen, der Aurikeln, Azalien, Pelargonien, Georginen, Levkojen etc., gewonnen worden. Im allgemeinen schlägt die Bastardbefruchtung am leichtesten an zwischen Varietäten derselben Spezies und demnächst zwischen zwei verschiedenen Spezies derselben Gattung. Erfolgreiche Kreuzung zwischen Arten aus verschiedenen Gattungen ist selten beobachtet worden, z. B. zwischen Lychnis und Silene, Rhododendron und Azalea; Hybridation zwischen Arten verschiedener Familien kommt nicht vor. Übrigens ist die Fähigkeit der Spezies, B. zu erzeugen, je nach Familien sehr verschieden. So sind von den 32 europäischen echten Weidenarten über 70 wild wachsende Bastarde bekannt. Andre der Kreuzung günstige Familien sind die Skrofulariaceen, Solaneen, Karyophylleen, Kakteen, Rosaceen, Önothereen etc. Umgekehrt ist eine Hybridation ganz unbekannt oder nur in ganz einzelnen Fällen beobachtet bei Gramineen, Papilionaceen, Kruciferen, Labiaten etc. Zwischen zwei kreuzungsfähigen Arten A und B ist in der Regel reciproke Hybridation möglich, d. h. sowohl A als B können die Rolle des Vaters spielen. Doch soll Nicotiana paniculata zwar mit dem Pollen von N. Langsdorfii, desgleichen Mirabilis Jalapa mit demjenigen von M. longiflora leicht befruchtet werden können, nicht aber die umgekehrte Hybridation möglich sein. Bastarde können auch unter sich gekreuzt werden, und man erzielt dann die abgeleiteten Bastarde, welche eine Vermischung der Merkmale von vier oder noch mehr Pflanzen an sich tragen. Wird eine Blüte gleichzeitig mit eignem und mit fremdem Pollen bestäubt, so befruchtet der erstere, der letztere aber bleibt unwirksam. Bringt man dagegen den eignen Blütenstaub einige Stunden später auf die Narbe, so daß inzwischen die Befruchtung mit fremdem Pollen erfolgt ist, so hat jener keine Wirkung mehr. Seinen Merkmalen nach hält der Bastard im allgemeinen die Mitte zwischen den Stammformen, und die reciproken Bastarde A B und B A sind äußerlich gleich, können jedoch innen Verschiedenheiten, z. B. in der Fruchtbarkeit, in der Neigung zum Variieren u. dgl., zeigen. Dieses intermediäre Verhalten spricht sich darin aus, daß die Merkmale der Stammformen am Bastard entweder wirklich vermengt sind, d. h., daß z. B. in den Verhältnissen der Größe, der Gestalt und der Färbung der Teile wirkliche Mittelbildungen zum Vorschein kommen, oder daß wechselsweise das eine Merkmal von der Mutter, das andre vom Vater unverändert angenommen wird. Nicht selten geschieht es dabei, daß in der Auswahl der Merkmale die einzelnen Individuen der aus einer und derselben Kreuzung hervorgegangenen B. sich verschieden verhalten. Dagegen gehen im allgemeinen die konstanten Merkmale, in denen die Stammformen übereinkommen, auch unverändert auf den Bastard über, und die variabeln Merkmale jener sind es auch an diesem. Indessen zeigen die B. doch auch merkwürdigerweise gewisse neue Eigenschaften, welche keiner der beiden Stammformen zukommen. Allgemein sind B. in ihrem Wuchs kräftiger als die Eltern, indem sie stärkere Stengel, zahlreichere Blätter bilden und bisweilen eine ungewöhnliche Menge von Blüten entwickeln, welche überdies oft größer, schöner gefärbt, wohlriechender sind und eine Neigung haben, sich zu füllen. Daher wird von Gärtnern und Blumenzüchtern oft die Kreuzung angewendet, um derartige Erfolge zu erzielen. Durch Kreuzung des europäischen Weinstocks mit amerikanischen Arten von Vitis hat man B. erhalten, die sich widerstandsfähiger gegen die Reblaus und Pilze zeigten als die europäische Art. Ferner zeigt sich bei B. eine Schwächung ihrer Sexualität. Sehr gewöhnlich erscheinen zwar die Staubgefäße äußerlich normal entwickelt, aber die Pollenkörner haben nicht die gehörige Ausbildung, oder es sind auch die Staubgefäße ganz verkümmert, bei gefüllten Blüten in Blumenblätter umgewandelt. In den weiblichen Organen bilden die Samenknospen bisweilen ihre wesentlichen Teile gar nicht aus, so daß die Befruchtung ganz unmöglich ist, oder die letztere findet zwar statt, allein der Embryo stirbt schon vor seiner völligen Ausbildung ab. Vielfach werden keimfähige Samen erzeugt, aber dann meistens in geringerer Menge als gewöhnlich, und wenn solche Bastardnachkommen wiederum sich selbst befruchten, so vermindert sich die Fruchtbarkeit mit jeder neuen