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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Boden

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Boden (Analyse, Temperatur).

gehalt und findet sich fast nur als Kreideboden: in Deutschland auf der Insel Rügen, in Frankreich in ausgedehntern Flächen (Champagne), ebenso in England, Dänemark, Italien etc. Die Mehrzahl der Kalkböden in Deutschland findet sich im Jura und Muschelkalkgebiet sowie in den Gliedern Quadersandstein und Pläner der Kreideformation. Mit überwiegendem Thongehalt geht der Kalkboden in den Mergelboden über, mit feinsandigem Vorkommnis des Kalkes in den Sandboden; meistens ist er reich an Steinen, welche aber gutes Verwitterungsmaterial bilden; in den Thalsohlen findet er sich als fruchtbarer Aueboden von homogenerer Mischung. Während der Sand mehr nur als Lockerungs- und Verdünnungsmittel im B. dient und die Thonerde als Trägerin der Absorptionsthätigkeiten eine nicht minder hochwichtige Rolle spielt, ist der Kalk direkt als Nahrungsmittel der Pflanze zu betrachten, aber auch durch seine gesamten Eigenschaften beachtenswert. Er entzieht der Atmosphäre nur wenig Wasserdampf, nimmt aber viel tropfbarflüssiges Wasser auf und läßt es ziemlich rasch wieder verdunsten. Kreideboden sind wahre Wassersauger und nur fruchtbar in feuchter Lage, Kalkfelder immer vorzugsweise trocken. Sie erwärmen sich rasch und strahlen die Wärme rasch aus. Angenäßt werden sie breiartig, zusammenhängend, krustierend, Schollen bildend; beim Abtrocknen lockern sie sich aber von selbst wieder. Der Kalk vermag sich mit den thonigen Bestandteilen der Feinerde zu inkrustieren und verdrängt schwächere Basen, Magnesia, das Eisenoxyd und die Thonerde, aus ihren Verbindungen mit der Kieselsäure des Thons. In saurem B. wirkt der Kalk neutralisierend und auf pflanzlichen und tierischen Dünger in hohem Grad zersetzend, so daß alle Kalkböden viel und vorzugsweise speckig-feuchten Mist brauchen. Beschattende Pflanzen sind auch hier am Platz, und es gedeihen namentlich Klee und verwandte Futterpflanzen vorzüglich. Farbenpracht der Blüten, Arom und Wohlgeschmack der Früchte (des Obstes), Feinhülsigkeit und Mehlreichtum der Körner sowie Üppigkeit der Futterpflanzen und aller Leguminosen (Erbsen etc.) kennzeichnen den Kalkboden in guter Mischung und Lage. Gräser dagegen kommen weniger gut auf ihm fort. Zur Korrektur bedarf er des Gründüngers, der Kalisalze, thoniger Erde und vor allem des Humus (Moder, Torf etc.).

Der Humus endlich erscheint als das allgemeine Korrektiv für alle Bodenarten, ohne dessen Gegenwart ein freudiges Wachstum nur selten möglich ist. Der Landwirt unterscheidet Wald- oder wilden Humus im fruchtbaren B., reich an Alkalien, sauren Humus im Bruch- und Moorboden, kohligen Humus oder Torf, basisch trocknen Humus im Sand- und Kalkboden, pulverig, trocken, reich an unlöslichen Salzen, und trocknen Heidehumus mit viel Gerbsäure, Wachs und adstringierenden Stoffen. Humus findet sich oft in mächtigen Anhäufungen als Rückstand ehemaliger Lagunen. Er ist der leichteste Bestandteil des Bodens, absorbiert am meisten Feuchtigkeit aus der Luft, zieht das Wasser begierig an und gibt es nur allmählich wieder ab (Bedeutung des Waldes für Quellenspeisung), bläht sich bei der Aufnahme auf und zieht sich beim Austrocknen zusammen, erwärmt sich rasch, strahlt leicht aus, hindert aber als schlechter Wärmeleiter die Erhaltung der tiefern Schichten, lockert den B., erleichtert also das Eindringen der Luft und die Verbreitung der Wurzeln und verdichtet das Ammoniak der Luft, wie der Thon, hält es aber nicht zurück. Er liefert den Pflanzen im Maße seiner fortschreitenden Zersetzung eine stetig fließende Quelle von Kohlensäure und Ammoniak und in seinen Salzen, welche schließlich zu Karbonaten umgewandelt werden, die wichtigsten Nährstoffe, während zugleich die zahlreichen Umwandlungsprozesse im und durch den Humus zur Quelle von Wärme werden und den Mineralbestand des Bodens rascher in Pflanzennahrung umwandeln lassen. Er begünstigt die Verbreitung der von der Ackerkrume gebundenen (absorbierten) Nährstoffe in die Tiefe, die Ausscheidung der Kieselsäure aus ihren schwer löslichen Verbindungen als lösliches Hydrat und die Lösung und Verbreitung der Phosphorsäure im B. Er liefert und erhält in Summa den Pflanzen die notwendigen Bedingungen ihres Wachstums, wirkt stets verbessernd, den Thon lockernd, den Sand bindend, den Kalk kühlend, als Regulator für den Wechsel und die Verteilung von Luft und Feuchtigkeit im B. und nötigt schließlich auch die Atmosphäre zu größerer Mitwirkung beim Wachstum der Pflanzen. Er ist aber niemals direktes Nahrungsmittel, sondern nur nützlich durch die Verbindungen, in welche er sich auflöst, und durch seine hochwichtigen physikalischen Eigenschaften. Reine Thon- (Lehm-), Sand-, Kalk- (Gips-, Mergel-), Humusböden finden sich nur selten, in der Regel sind diese Bestandteile alle vertreten, aber in den mannigfachsten Mischungen; der Landwirt kombiniert die Bezeichnungen, z. B. als lehmiger Sand, sandiger Lehm etc. Derjenige Bestandteil, welcher in irgend einem B. vorherrscht, gibt ihm vorzugsweise seinen Charakter; solche Boden, in welchen alle Bestandteile so gemischt sind, daß keiner als solcher erkennbar ist und vorherrschen kann, bilden die fruchtbarsten Gründe (Marschboden). Analog sind die fruchtbaren Thalgründe (Aueboden). Besondere Vorkommnisse erklären sich schon mit den Namen: Salz-, Eisen-, eisenschüssiger, Torf-, Bruch-, Moor-, Letten- etc. B.

Bodenanalyse. Temperatur etc.

Die wissenschaftliche Forschung der Neuzeit zerlegt die Bestandteile des Bodens mittels der mechanischen Analyse in Skelett- und Feinerde. Das Skelett, nur das lockernde Element enthaltend, zerfällt in Grobkies, Mittelkies, Feinkies, Grobsand und Streusand; mit einem geeigneten Sieb- oder Schlämmapparat kann man jeden B. in diese Glieder zerlegen und das Prozentverhältnis jedes Gliedes mit Leichtigkeit feststellen. Die Feinerde zerfällt in

1) Thon als Thonerdegrundmasse, Eisenoxyd- und Thonerdehydrat, wasserhaltige Doppelsilikate und lösliche Kieselsäure;

2) absorbierte Stoffe der Feinerde (Alkalien und Säuren);

3) inkrustierende Stoffe der Feinerde (kohlensaurer Kalk, kohlensaure Magnesia, Eisenoxydulsalze, Gips, organische Materien);

4) tote Beimengungen der Feinerde (feinster Quarzsand, kohlensaurer Kalk, dolomitische Feinerde).

Durch Austrocknen entfernt man vorher das Wasser und durch Glühen an der Luft den Humus. Die Bestandteile der Feinerde lassen sich nur durch chemische Analyse ermitteln. Wichtig ist besonders das Verhältnis des Skeletts zur Feinerde.

Die Landwirte legen hohen Wert auf die Eigenschaften, die ein B. als Gesamtmasse bietet, bedingt vorzugsweise durch die vorherrschenden Bestandteile, jedoch moderiert unter dem Einfluß von Lage und Klima. Die ersten Untersuchungen über die physikalischen Eigenschaften des Bodens wurden von Schübler gemacht. Die Agri-^[folgende Seite]