Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bonitur; Bonitz; Bonivard; Bonizo; Bon jour!; Bonmot; Bonn

196

Bonitur - Bonn.

sen und Ackerland zuerst diejenigen Grundstücke ausgeschieden wissen, welche sich dazu (für lohnende Kultur) überhaupt nicht eignen, dann bei den Wiesen die Momente: Krume, Untergrund, Lage, Bestand, Meliorationsaufwand, Heuertrag, bei den Äckern die Momente: Mächtigkeit, Untergrund, Zusammenhalt der Krume, Bearbeitungsfähigkeit, Absorption, Feuchtigkeit (Wärme), Bestandsmischung, Reichtum, Kulturzustand, Anbaubeschränkung (Hauptfrüchte) und Meliorationsaufwand berücksichtigt haben. Er zeichnet für jedes dieser Momente das Normale (Klasse 1) und dann die Abstufungen bis zum ungünstigsten Verhältnis (Klasse 10). Bei jedem Grundstück kann dann mit Leichtigkeit die Klasse für jedes Moment bestimmt werden, und schließlich bestimmt die Durchschnittszahl die Klasse, in welche die Wiese oder der Acker (Weinberg etc.) einzuschätzen ist. In den einzelnen Ländern hat man besondere Instruktionen für die Boniteure. Eine vollständige Zusammenstellung über die wichtigsten Klassifikationen findet sich in Kirchbach-Birnbaums "Handbuch für Landwirte" (9. Aufl., Berl. 1880). Vgl. außerdem: Pabst, Landwirtschaftliche Taxationslehre (3. Aufl., Wien 1880); Knop, B. der Ackererde (2. Aufl., Leipz. 1871); Birnbaum, Landwirtschaftliche Taxationslehre (Berl. 1877); Derselbe, Taschenbuch zum Bonitieren (Leipz. 1884).

Bonitur (lat.), im Wollhandel Beurteilung eines Vlieses in seinen einzelnen Teilen mittels technischer Ausdrücke und Zeichen, also kunstgerechte Beurteilung eines Vlieses.

Bonitz, Hermann, verdienter Schulmann und Philolog, geb. 29. Juli 1814 zu Langensalza, besuchte Schulpforta, studierte seit 1832 in Leipzig unter G. Hermann, dann zu Berlin unter Böckh und Lachmann, wurde 1836 Lehrer am Blochmannschen Institut in Dresden, 1838 Oberlehrer am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium zu Berlin, 1840 am Gymnasium zum Grauen Kloster daselbst, 1842 Professor am Gymnasium zu Stettin, 1849 Professor an der Universität zu Wien, gleichzeitig Mitdirektor des philologischen Seminars und Mitglied der Prüfungskommission, 1854 Mitglied der kaiserlichen Akademie und 1864 Mitglied des Unterrichtsrats. Sein bereits 1849 mit Exner ausgearbeiteter "Organisationsentwurf für die österreichischen Gymnasien" wurde 1854 angenommen und ist noch jetzt in Geltung. 1867 kehrte er als Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster nach Berlin zurück, wurde daneben Direktor des pädagogischen Seminars für gelehrte Schulen, auch Mitglied der Akademie der Wissenschaften und trat 1. Okt. 1875 an Stelle Wieses als vortragender Rat für das höhere Schulwesen in das preußische Unterrichtsministerium. In wissenschaftlicher Beziehung hat sich B. besonders durch bedeutende Leistungen zu Aristoteles und Platon verdient gemacht. Seine Hauptwerke sind die Ausgabe von Aristoteles' "Metaphysica" (Bonn 1848-49, 2 Bde.), vorbereitet durch "Observationes criticae in Aristotelis libros metaphysicos" (Berl. 1842), und die Ausgabe von "Alexandri Aphrodisiensis commentarius in libros metaphysicos Aristotelis" (das. 1847); außerdem erschienen zu Aristoteles "Über die Kategorien des Aristoteles" (Wien 1853), "Aristotelische Studien" (1862-67, 5 Tle.) und "Index Aristotelicus" (Berl. 1870). Über Platon veröffentlichte er "Disputationes Platonicae duae" (Dresd. 1837) und "Platonische Studien" (Wien 1858-60, 2 Hefte; 2. Aufl., Berl. 1875). Sonst nennen wir: "Beiträge zur Erklärung des Thukydides" (Wien 1854); "Beiträge zur Erklärung des Sophokles" (das. 1855-1857, 2 Hefte); "Über den Ursprung der Homerischen Gedichte" (das. 1860, 5. Aufl. 1881; engl. durch Packard, New York 1880) und "Zur Erinnerung an F. A. Trendelenburg" (Abhandlungen der Berliner Akademie 1872). Er gründete 1850 die "Zeitschrift für österreichische Gymnasien" und war 1869-75 Mitredakteur der Berliner "Zeitschrift für das Gymnasialwesen".

Bonivard (spr. -war), Franz von, der "Gefangene von Chillon", aus einer angesehenen savoyischen Familie 1496 geboren, war seit 1513 Prior zu St.-Victor in Genf. Neben Philippe Berthelier und Bezanson Hugues eins der Häupter desjenigen Teils der Genfer Bürgerschaft, welcher die Selbständigkeit der Stadt gegen den Herzog von Savoyen verteidigte, wurde er 1519 von diesem gefangen genommen, erhielt aber 1520 durch die Vermittelung des Bischofs Pierre de la Beaume die Freiheit und sein Priorat wieder. Da er sich durch die lockenden Anerbietungen des Herzogs nicht gewinnen ließ, bemächtigte sich dieser 1530 seiner zum zweitenmal und warf ihn in die unterirdischen Kerker des Schlosses Chillon, aus denen er erst 1536, als die Berner das Schloß eroberten, befreit wurde. Statt seines mittlerweile durch die Reformation aufgehobenen Stiftes erhielt der durch die lange Kerkerhaft an Leib und Geist geschwächte Mann das Genfer Bürgerrecht samt Jahrgeldern und schrieb im Auftrag der calvinischen Regierung seine "Genfer Chronik" ("Les chroniques de Genève", Genf 1831, 2 Bde.), in welcher er die Gegner Calvins möglichst schwarz malte. 1551 legte er dadurch, daß er seine Büchersammlung der Stadt vermachte, den Grund zur Genfer Stadtbibliothek und starb 1570. B. ist der Gegenstand von Byrons "The prisoner of Chillon". Erst neuerdings ist sein geschichtliches, weniger erbauliches Bild wieder ans Licht getreten. Vgl. Merle d'Aubigné, Geschichte der Reformation, Bd. 1 (a. d. Franz., Elberf. 1863).

Bonizo (Bonitho), seit 1078 Bischof von Sutri, 1082 durch Heinrich IV. von dort verjagt, schrieb 1085 ein der Markgräfin Mathilde von Tuscien gewidmetes Werk: "Liber ad amicum", auch "De persecut one Ecclesiae" genannt, worin er als eifriger Anhänger Papst Gregors VII. alle Bedrückungen der Kirche durch die weltlichen Mächte von 312 bis 1085 zusammenstellt und, wenn auch entschieden parteiisch für seine Zeit, doch über die ihr vorausgehende Epoche wertvolle Nachrichten überliefert; dasselbe ist neuerdings abgedruckt in Jaffés "Bibliotheca rerum germanicarum", Bd. 2 (Berl. 1865, auch Separatdruck). 1089 wurde B. von den Patarenern zum Bischof von Piacenza erwählt, aber alsbald von seinen Gegnern verjagt und verstümmelt. Er starb in Cremona, die Zeit ist unbekannt.

Bon jour! (franz., spr. bong schuhr), guten Tag!

Bonmot (franz., spr. bongmoh), ein gutes, d. h. treffendes, Wort, Witzwort.

Bonn, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Köln, liegt in reizender Gegend, 44 m ü. M., am linken Ufer des Rheins (hier 560 m breit) und an den Eisenbahnen Köln-Bingerbrück, B.-Euskirchen und B.-Oberkassel (mit Trajekt über den Rhein im Anschluß an die Linie Niederlahnstein-Speldorf), hat 2 evangelische (seit 1872) und 5 kath. Kirchen, 1 englische Kirche und 1 Synagoge (1877-78 erbaut). Unter den katholischen Kirchen ist das Münster, ein imposanter Tuffbau mit fünf Türmen (der Mittelturm 95 m hoch), die älteste und ausgezeichnetste. Es ist teils im romanischen, teils im sogen. Übergangsstil