Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Botanik'
Anmerkung: Fortsetzung von Nummer 3)
wohnenden Fähigkeiten der Vererbung und Anpassung in steter Konkurrenz mit den jedesmaligen
innern und äußern Lebensbedingungen sich zu einer vielfach verzweigten Kette von näher oder
entfernter verwandten und dem entsprechend untereinander zeugungsfähigen oder unfruchtbaren
Individuen entwickelt haben. Die engern oder weitern Verwandtschafts- und Zeugungsgruppen
werden durch die Begriffe Rasse, Varietät, Art, Gattung u. a. nur unvollkommen bezeichnet.
Innerhalb der einzelnen Arten hat die beschreibende B. auch die verschiedenen Grade der
Varietätenbildung zu berücksichtigen, auch die durch Bastardierung zwischen verschiedenen Arten
entstehenden Formen, soweit sie wirklich in der Natur vorkommen, in Betracht zu ziehen. Da
die Unterscheidung der Pflanzenarten voneinander vor allem eine von allen Botanikern anerkannte
und verstandene Benennung derselben erheischt, so hat die spezielle B. auch allgemein gültige
wissenschaftliche Regeln, nach denen dies geschieht, aufzustellen, womit sich die
botanische Terminologie beschäftigt. Dagegen lehrt dann die
botanische Charakteristik die Regeln, welche bei Ausstellung
der Gattung und Art zu beobachten sind, d. h. sie gibt an, von welchen Pflanzenteilen diejenigen
Merkmale, auf welche wir eine Gattung, und von welchen diejenigen Merkmale entlehnt werden
müssen, auf welche wir eine Art basieren sollen. Daraus folgt dann, wie unter Anwendung der
botanischen Terminologie der Charakter für Gattung und Art darzulegen ist. Darunter versteht man
nämlich die Zusammenstellung aller der Merkmale, durch welche die betreffende Gattung oder Art
hinreichend charakterisiert, d. h. so weit beschrieben wird, daß sie mit keiner andern Gattung
oder Art verwechselt werden kann. Handelt es sich nur um Unterscheidung der Gattung von ihren
nächstverwandten Gattungen oder der einzelnen Arten einer und derselben Gattung, so genügt eine
kürzere Zusammenstellung weniger Merkmale, die man Diagnose
nennt. Da eine und dieselbe Pflanze oft verschiedene botanische Namen erhalten hat, so sind
Verzeichnisse dieser sogen. Synonyme erforderlich, welche auf den jedesmaligen allgemeiner
gangbaren Namen verweisen, bez. bei der Beschreibung der Arten diesem beigegeben sind; hiermit
beschäftigt sich die botanische Synonymik. Somit hat die
spezielle B. bei der Beschreibung der Arten zu geben: den botanischen Namen, die etwanigen
Synonyme, den Charakter oder die Diagnose der Art, woran sich noch Bemerkungen über die Heimat,
den Standort und die Blütezeit anzuschließen haben. Bei den ca. 8000 Gattungen, die man kennt,
ist es unerläßlich, dieselben zur leichtern Übersicht wieder in größere Gruppen zu vereinigen,
wozu wir auch vielfach schon durch die Natur getrieben werden wegen der unverkennbar nahen
Verwandtschaft, die viele untereinander zeigen. Dies führt zur Aufstellung eines Pflanzensystems,
und es ist der Gegenstand der botanischen Systematik
(Systemkunde oder Taxonomie),
die Versuche, welche zur wissenschaftlichen Anordnung des Pflanzenreichs gemacht worden sind,
aufzuführen.
4) Die Paläontologie des Pflanzenreichs
(Paläophytologie) ist die Lehre von den vorweltlichen oder
fossilen Pflanzen; sie hat einerseits zu untersuchen, in welchen Teilen und in welchen
Erhaltungszuständen die Reste der vorweltlichen Pflanzen gefunden werden, anderseits aber eine
Aufzählung und naturhistorische Beschreibung der fossilen Pflanzenarten, soweit eine solche aus
den erhaltenen Resten sich entnehmen läßt, zu liefern, dabei aber auch die Gebirgsformationen,
in denen diese gefunden
↔
werden, zu berücksichtigen, um hieraus Schlüsse auf das allmähliche Erscheinen der Pflanzenarten
auf der Erde ableiten zu können.
5) Die Pflanzengeographie handelt von der gegenwärtigen
Verteilung der Pflanzenarten auf der Erdoberfläche und erörtert daher zunächst die geographische
Verbreitung der einzelnen Arten sowohl in horizontaler Richtung als auch in vertikaler über dem
Meeresspiegel und weist die Ursachen derselben nach. Sie gelangt so dahin, die Erdoberfläche in
eine Anzahl Florengebiete, Pflanzenzonen und Pflanzenregionen zu zerlegen, die durch ihren
Vegetationscharakter sich unterscheiden, und deren allmähliche Entstehung nicht bloß durch die
Wirkung physikalischer Ursachen, sondern auch durch die Fortentwickelung der Pflanzenwelt in
aufeinander folgenden geologischen Epochen erklärbar wird.
Alle bisher genannten botanischen Fächer können zusammen als die eigentliche
oder reine B. bezeichnet werden. Ihr gegenüber steht die
angewandte B., die nicht mehr die wissenschaftliche Betrachtung
des Pflanzenreichs als solchen zur Aufgabe hat, sondern lediglich diejenigen Pflanzen, welche in
irgend einer Beziehung dem Menschen Nutzen oder Schaden bringen, betrachtet und zwar nur insoweit,
als an ihnen diese letztern Beziehungen in Betracht kommen. Sie gibt also eigentlich nur eine
Auslese derjenigen Kenntnisse aus der reinen B., welche einem bestimmten praktischen, Zweck im
menschlichen Leben dienen können. Auf diese Weise ergeben sich folgende einzelne Fächer: 1) die
medizinische oder pharmazeutische
B., welche sich mit den offizinellen oder Arzneipflanzen, zu denen auch die Giftpflanzen gerechnet
werden, beschäftigt; 2) die landwirtschaftliche oder
ökonomische B., welche sowohl alle diejenigen Gewächse, die für
die Zwecke der Landwirtschaft und des Gartenbaues kultiviert werden, als auch die diesen Kulturen
schädlichen Unkräuter betrachtet; 3) die Forstbotanik, welche
von den in der Forstwirtschaft angewendeten Gewächsen sowie von den bei der Forstkultur auftretenden
Unkräutern handelt; 4) die technische B., welche die Beschreibung
aller derjenigen Pflanzen gibt, deren Teile oder abgeleitete Produkte in den Gewerben und Künsten
angewendet werden oder Gegenstände des Handels sind; 5) die Zierpflanzenkunde
und Blumistik, welche die botanischen Kenntnisse in ihren Bereich
ziehen, insoweit sie auf die Kultur der Zierpflanzen und auf den dekorativen Gartenbau Bezug haben.
Über botanische Gärten, botanische Sammlungen und Institute, Exkursionen vgl. die besondern Artikel
(S. 262 u.
263).
Die Geschichte der Botanik
weist die allmähliche Entwickelung der wissenschaftlichen Kenntnisse vom Pflanzenreich nach. Die
einzelnen botanischen Fächer sind keineswegs zu gleicher Zeit begründet worden; vielmehr wurde vom
Altertum an bis in verhältnismäßig späte Zeit der beschreibenden B. so gut wie allein die Aufmerksamkeit
zugewendet, und die allgemeine B. ward erst in den letzten Jahrhunderten ausgebildet. Im Altertum ist
Aristoteles der erste Schriftsteller, der sich auch mit B.
beschäftigte; doch sind seine botanischen Schriften verloren gegangen. Diejenigen seines Schülers
Theophrast (300 v. Chr.) dagegen sind uns erhalten und scheinen
eine weitere Ausführung der Aristotelischen Werke zu sein. In ihnen sind etwa 500 Arten von Pflanzen
beschrieben; außerdem geben sie in rein philosophischem Geist Betrachtungen über das Wesen und die
Entstehung der Pflanzen. Im 1. Jahrh. n. Chr. schrieb Dioskorides
zu Rom seine "Materia
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 259.