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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Chalcophora; Chaldäa; Chaldäische Christen; Chaldäische Periode; Chaldäischer Sintflutbericht; Chaldäische Sprache und Litteratur

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Chalcophora - Chaldäische Sprache und Litteratur.

ü. M., liegt 33 km von der Hauptstadt, am östlichen Ende des gleichnamigen, von einem schiffbaren Kanal durchschnittenen seichten Sees und hat (1877) 3493 Einw. Auf dem See findet man noch immer, wie zur Zeit der Azteken, "schwimmende Gärten" (Chinampas), auf denen Früchte, Gemüse und Blumen für den Bedarf der Hauptstadt gebaut werden.

Chalcophora, s. Prachtkäfer.

Chaldäa, Landschaft in Vorderasien, südöstlich von Babylon, am untern Euphrat und bis an den Rand der Arabischen Wüste reichend, bewohnt von dem Volk der Chaldäer (assyr. Kaldi, bei den hebräischen Propheten Kasdîm genannt), welches seinen erhaltenen Schriftdenkmälern nach zu den Semiten gehörte. Ihr Name erscheint in den Inschriften etwa seit 900 v. Chr. unter den Titeln der assyrischen Könige, und noch später wird das ganze babylonische Reich als "Land der Kasdîm" bezeichnet; doch ist der Name weit älter und mag ursprünglich vielleicht einen einzelnen Stamm der vorsemitischen Akkadier bezeichnet haben. Mißbräuchlich werden dann schon im Buch Daniel und später bei den Griechen und Römern eine einzelne Klasse oder die gesamten babylonischen Gelehrten als Chaldäer bezeichnet, weil das Land am untern Euphrat Sitz und Ursprung der orientalischen Astronomie und Astrologie gewesen ist. Jahrhundertelang müssen die Chaldäer Beobachtungen angestellt haben, um die Periode Saros zu finden, welche gewöhnlich die Chaldäische Periode (in neuern Zeiten auch die Halleysche Periode) genannt wird und nach Suidas chaldäischen Ursprungs ist. Dieselbe umfaßt einen Zeitraum von 6585 1/3 Tagen oder von 18 julianischen Jahren und 11 Tagen (zu 365¼ Tagen), in denen der Mond 223 synodische Umläufe zurücklegt, und diente zur Zeitrechnung und zur Bestimmung der Sonnen- und Mondfinsternisse, welche nach Verlauf dieser Zeit in derselben Ordnung und Größe wiederkehren. Nach dem arabischen Astronomen Albategnius bestimmten die Chaldäer die Länge des Sternjahrs zu 365 Tagen 6 Stunden 11 Minuten, woraus hervorgehen würde, daß sie bereits die Vorrückung der Nachtgleichen kannten, was aber in neuester Zeit aus gewichtige Gründe hin in Abrede gestellt wird. Ein chaldäischer Astrologe, Osthanes, der im Gefolge des Xerxes war, soll die Astrologie nach Griechenland gebracht haben, wo sie bereits um 400 v. Chr. sehr beliebt war. - Die alte Hauptstadt des Landes war Ur (einheimisch Uru, "Stadt"); ihr gegenüber nördlich vom Euphrat lag Uruku (jetzt Warka), weiter landeinwärts Nipur (jetzt Niffer). C. war in alten Zeiten sehr reich bebaut, was daraus hervorgeht, daß der assyrische König Sarjukin dort 704 v. Chr. nicht weniger als 89 feste Städte und 820 kleinere Ortschaften eroberte, und zahllose noch jetzt deutlich erkennbare, aber längst ausgetrocknete Kanäle, teils zur Schiffahrt, teils zur Bewässerung dienend, durchschnitten das Land zwischen Euphrat und Tigris und auf dem rechten, südlichen Ufer des erstern Stroms. Später teilte C. die Geschicke Babyloniens (s. d.). In den drei ersten christlichen Jahrhunderten stand C. unter den Partherkönigen und genoß unter ihrer Herrschaft großer Ruhe. Bald darauf bemächtigte sich indes für 41 Jahre der persische König Sapores II. des Landes. C. fing kaum wieder an aufzublühen, als die Glaubenskämpfe der drei christlichen Parteien: der Orthodoxen, Nestorianer und Eutychianer (Jakobiten), im 5.-6. Jahrh. neue Verwirrung brachten. Die letztern blieben die zahlreichern und breiteten sich über ganz Asien aus. Die Osmanen waren den Chaldäern anfangs günstig gesinnt und bedienten sich ihrer als Statthalter, Geheimschreiber und Ärzte; bald aber teilten diese das Los der andern Christen unter türkischer Herrschaft, nur behielten sie ihre Patriarchen und Oberhäupter. Gegenwärtig versteht man unter dem Namen Chaldäer (Kaldani) oder chaldäische Geister eine Religionspartei in Vorderasien, welche aus den Nachkommen derjenigen Nestorianer (s. d.) besteht, die sich mit der römisch-katholischen Kirche vereinigt, aber wie die übrigen unierten orientalischen Kirchen viele ihrer orientalischen Gebräuche beibehalten haben.

Chaldäische Christen, s. Chaldäa.

Chaldäische Periode, s. Chaldäa.

Chaldäischer Sintflutbericht, ein in Keilschrift auf assyrischen Thontäfelchen befindlicher und erst in jüngster Zeit (1872) von dem englischen Assyriologen George Smith entzifferter ausführlicher Bericht über die Sintflut, der uns mit der Version der Sage bekannt macht, wie sie in einer frühern chaldäischen Periode erzählt wurde. Der Bericht bildet eine Episode eines Epos, das den Helden Istubar verherrlicht, aber nur zum Teil erhalten zu sein scheint. Istubar, ein gewaltiger Krieger und Jäger (Nimrod?), erobert Reiche und Länder, verschmäht aber die Liebe der Göttin Istar und wird mit einer Krankheit gestraft, zu deren Heilung er den König Sisit aus Surripah aufsucht. Dieser erzählt ihm nun die Geschichte der Sintflut und seiner eignen Errettung durch den Gott Hja, der ihm den Entschluß Bels, die Menschen wegen ihrer Verruchtheit zu verderben, angekündigt und ihm befohlen habe, eine Arche zu bauen und in dieser seine Familie, seine sämtlichen Sklaven und alle Tiere des Feldes zu bergen. Hierin wie noch in manchen Einzelheiten (z. B. in dem Aussenden von Vögeln, um zu erkunden, ob das Wasser gefallen sei) klingt die Erzählung an die biblische Überlieferung an, wie sie anderseits auch mit dem Bericht des Berosos (s. d.) über den König Xisuthros (Sisit) mannigfache Übereinstimmung zeigt. Dagegen herrscht in andern Punkten, z. B. in der Angabe der Dauer der Flut, über den Namen des Bergs, auf dem die Arche geruht haben soll, etc., Verschiedenheit. Im allgemeinen ist der chaldäische Bericht ausführlicher als der des Berosos. Vgl. G. Smith, Chaldean account of the deluge (Lond. 1873; deutsch von Delitzsch, Leipz. 1877); Oppert im "Appendice" zu Ledrains "Histoire d'Israël" (Par. 1879).

Chaldäische Sprache und Litteratur. Die chaldäische Sprache, zur nördlichen Gruppe der semitischen Sprachen gehörig, bildet mit Syrisch und Mandäisch zusammen die aramäische Abteilung derselben (s. Aramäische Sprachen und Semiten). Ihr Name rührt von ihrem Ursprung aus Chaldäa her, wo die Juden während der babylonische Gefangenschaft die chaldäische Sprache annahmen und später in ihre Heimat mitbrachten, wo sie zur Zeit der Makkabäer das Hebräische auch als Schriftsprache verdrängte; doch ist die chaldäische Sprache nur verwandt, nicht identisch mit der neuerdings entzifferten semitischen Sprache der in Chaldäa aufgefundenen babylonisch-assyrischen Keilschriften. Die ältesten Überreste der chaldäischen Sprache sind einige Abschnitte in den kanonischen Büchern (Esra 2, 4-6, 18 und 8,12-26; Dan. 2, 4-7, 28; Jer. 10, 11). Gegen den Anfang der christlichen Zeitrechnung beginnen dann die chaldäischen Übersetzungen alttestamentlicher Bücher (Targums), die aus sehr verschiedenen Zeitaltern herrühren und hinsichtlich ihres linguistischen und exegetischen Charakters bedeutend voneinander abweichen. Im allgemeinen weisen ihre Spracheigentümlichkeiten

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