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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Färberflechte - Farbhölzer.

oxyd ersetzt. Um die vegetabilische Faser der stickstoffhaltigen tierischen ähnlicher zu machen, behandelt man sie oft mit stickstoffhaltigen Substanzen, wie Eiweiß, Käsestoff etc. (Animalisieren), und erreicht dadurch, daß der Farbstoff bedeutend leichter aufgenommen wird. Man kann z. B. zu diesem Zweck die Baumwolle mit einer Mischung aus Präpariersalz und Milch behandeln und darauf eine Alaunlösung auf dieselbe einwirken lassen.

Geschichtliches.

Die Geschichte der F. erstreckt sich in das graueste Altertum; aber während man heute die prächtigsten Farben, allen zugänglich, selbst auf den billigsten Stoffen findet, waren gefärbte Stoffe früher äußerst kostbar und wurden zu den vorzüglichsten Schmuckgegenständen gezählt. Seit undenklichen Zeiten beschäftigten sich die Inder, Perser, Ägypter und Syrer mit dieser Kunst. In den Büchern Mosis werden häufig blau, purpurn, scharlachen gefärbte Zeuge erwähnt. Die Ausschmückung des Allerheiligsten und die Kleider des Hohenpriesters sollten nach göttlichem Befehl aus purpurnen Stoffen gefertigt sein. Vorzugsweise wurde in Tyros die F. und der Handel mit gefärbten Stoffen in größerer Ausdehnung betrieben, namentlich soll der Purpur, der in jenen Zeiten als das Symbol priesterlicher und fürstlicher Würde galt, in Tyros erfunden worden sein. In Griechenland wurde die F. wenig geübt, um so mehr aber bei den Römern. Bei den circensischen Spielen unterschieden sich die verschiedenen Parteien durch die Farbe ihrer Anzüge, und Plinius spricht von Grün, Orange, Grau und Weiß. Man benutzte im Altertum als Farbmaterialien Alkanna, verschiedene Flechten, Ginster, Krapp, Galläpfel, Waid, die Samen des Granatapfels und einer ägyptischen Akazie, Eisen- und Kupfervitriol und Alaun. Die Entwickelung der F. wurde, wie alle andern Künste in Europa, durch die Invasionen im 5. Jahrh. erstickt, blühte aber im Osten weiter und gelangte im 12. oder 13. Jahrh. nach Europa zurück. Damals war namentlich Florenz wegen der Anzahl und Vollkommenheit seiner Färbereien berühmt; auch die Flechtenfarbstoffe wurden hier zuerst in Europa angewandt. Die Entdeckung Amerikas beförderte die F. durch das Bekanntwerden von Blauholz, Rotholz, Quercitron, Orlean, Kochenille etc. Cornelius Drebbel führte 1650 bei der F. mit Kochenille das Zinnsalz ein und lieferte damit Fabrikate, welche den alten Purpur an Schönheit übertrafen. Vorzüglich aber leisteten die Italiener in der F. Ausgezeichnetes; in Venedig erschien 1540 das erste Werk über F. von Giovanni Ventura Rosetti, welches in ganz Europa das Interesse für die F. anregte. Namentlich die Flamänder kultivierten und verpflanzten die F. nach Deutschland, Frankreich und England. In der Mitte des 16. Jahrh. führte man den Indigo und das Blauholz in England ein; allein auf Anstiften der einheimischen Waidfabrikanten wurde die Einfuhr beider Droguen in mehreren Ländern wieder verboten und der im Land befindliche Vorrat zerstört. In der Mitte der letzten Hälfte des 18. Jahrh. wurde die Türkischrotfärberei in Frankreich eingeführt und zu gleicher Zeit die Quercitronrinde von Bancroft. Die neueste Zeit hat die F. durch das Studium des Verhaltens der Beizen gegen die Farbstoffe sehr gefördert. Außerdem häuften sich die Entdeckungen neuer Farbstoffe aus dem Mineralreich, und in neuen Verbindungen der organischen Chemie lernte man die wertvollsten Rohmaterialien für glänzende Farben kennen. Erregte in dieser Beziehung schon das Murexid aus Harnsäure große Aufmerksamkeit, so wurden doch alle bisherigen Erfolge seit 1859 durch die Teerfarben weit übertroffen. Diese beherrschen jetzt vollständig namentlich die Woll- und Seidenfärberei und werden auch noch lange beliebt bleiben, da stets neue und glänzendere Nüancen aufgefunden werden. Die organische Chemie hat sich in den letzten Jahren auch mit großem Glück der künstlichen Darstellung von Pflanzenfarbstoffen zugewandt: es gelang namentlich die Darstellung des Alizarins und des Indigos. Das Alizarin wurde alsbald fabrikmäßig dargestellt und hat auf die Krappfärberei bedeutenden Einfluß gewonnen.

Vgl. außer den ältern Werken von Chevreul und Persoz: Schützenberger, Die Farbstoffe, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Anwendung in der F. und Druckerei (a. d. Franz. von Schröder, Berl. 1868, 2 Bde.); Reimann, F. der Gespinste und Gewebe (das. 1867); Derselbe, Jedermann eigner Färber, Fleckenreiniger etc. (das. 1873); Spirk, Praktisches Handbuch der gesamten F. und Druckerei (2. Aufl., das. 1874); Bolley, Chemische Technologie der Spinnfasern (Braunschw. 1867-80); Schrader, Der Färber nach den Anforderungen der Gegenwart (3. Aufl., Leipz. 1874); v. Laer, Recueil des principaux procédés de teintures à mordant (Verviers 1871); Meißner, Die Maschinen der Appretur, F. und Bleicherei, deren Bau und praktische Behandlung (Berl. 1873); Crookes, A practical handbook of dyeing and calico printing (Lond. 1874); Derselbe, Dyeing and tissue printing (das. 1882); Prüfer, Die Wollen- und Halbwollenstückfärberei (Leipz. 1878); Kielmeyer, Die Entwickelung der F., Druckerei und Bleicherei (Augsb. 1879); D. Smith, The English dyer (Lond. 1882). Zeitschriften: "Färberei-Musterzeitung" (35. Jahrg. 1886, Leipz.); "Färberzeitung", herausgegeben von Geyer (22. Jahrg. 1886, Dresd.); "Reimanns Färberzeitung" (17. Jahrg. 1886, Berl.); "The chemical technolagist devoted to the arts and manufacturers relating to dyeing, calico printing, bleaching, finishing, sizing, alkali and vitriol making etc." (Manchester); "Bulletin de la société industrielle de Mulhouse" (Mülhausen i. Els.); "Bulletin de la société industrielle de Rouen" (Rouen); "Wagners Jahresberichte über die Leistungen der chemischen Technologie" (Leipz.). Vgl. auch die Litteratur bei Appretur und Bleicherei.

Färberflechte, s. Roccella.

Färberkamille, s. v. w. Anthemis tinctoria.

Färberknöterich, s. v. w. Polygonum tinctorum.

Färberkroton, s. Crozophora.

Färberröte, s. v. w. Rubia tinctorum.

Färberscharte, s. v. w. Serratula tinctoria.

Färberwaid, s. Isatis.

Färberwau, s. Reseda.

Farbhölzer, Holzarten, welche einen zum Färben benutzbaren Farbstoff enthalten, wie namentlich das Blauholz (Kampescheholz), Fisettholz (Fustik), Gelbholz, Rotholz und Sandelholz. Sie werden mit Ausnahme des Fisettholzes von außereuropäischen Gehölzen geliefert und in Blöcken ohne Emballage verladen. Die Zerkleinerung erfolgt in eignen Etablissements (Hamburg, Berlin, Leipzig etc.) auf sogen. Farbholzmühlen, welche Späne, Locken, Nadeln oder Pulver liefern. Die zerkleinerte Ware läßt man in dunkeln, luftigen Räumen unter häufigem Benetzen mit Wasser und zeitweiligem Umschaufeln mehrere Wochen liegen (Fermentieren), um den Farbstoff, der nicht fertig gebildetem Farbholz enthalten ist, aus dem Chromogen zu entwickeln. Diese fermentierten Hölzer haben lebhafteres Aussehen und sind beim Färben er-^[folgende Seite]