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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Fette - Fettgeschwulst.

Man unterscheidet danach Mono-, Di- und Triglyceride; in der Natur kommen aber nur Triglyceride vor und niemals einzeln, sondern stets in Mischungen. Die meisten F. bestehen aus Tristearin, Tripalmitin und Triolein (vgl. Glyceride); außerdem kommen häufiger vor Triglyceride der Buttersäure, Kapronsäure, Pelargonsäure, Laurostearinsäure, Myristinsäure, Krotonsäure, Hypogäasäure, Erucasäure. Das Mischungsverhältnis der genannten Glyceride bedingt die Konsistenz der F.: die starren sind reich an Stearin und Palmitin, die flüssigen an Olein. Die F. von verschiedenen Körperstellen desselben Tiers differieren in ihrer Zusammensetzung nur um 0,5 Proz. Kohlenstoff und 0,3 Proz. Wasserstoff, aber trotzdem ist ihr Gehalt an flüssigem und starrem Fett sehr verschieden. Nierenfett ist im allgemeinen am festesten, das Fett aus dem Panniculus adiposus am flüssigsten. Der Einfluß des Mästungszustandes auf die Beschaffenheit der F. ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt, doch scheinen anfangs die flüssigen F. vorzuherrschen. Die Zersetzung der F. durch Alkali nennt man Verseifung, das bei derselben erhaltene Gemisch von fettsauren Alkalien bildet die Seife, und wenn man Fett mit Bleioxyd verseift, so entsteht ein Gemisch entsprechender Bleisalze, das Bleipflaster; in beiden Fällen tritt als Nebenprodukt Glycerin auf. Auch durch Schwefelsäure und überhitzten Wasserdampf kann man die F. in Fettsäuren und Glycerin zerlegen. Über die Entstehung der F. in den Pflanzen ist wenig bekannt, auch die Fettbildung im Tierkörper bietet noch viele dunkle Stellen dar. Hierüber und über die Rolle des Fettes bei der Ernährung s. d. Man benutzt die F. als wichtige Nahrungsmittel, manche auch als Arzneimittel; in der Technik dienen sie als Leuchtmaterialien, zur Darstellung von Seifen, fetten Säuren, Salben, Pflastern, Firnissen, Ölfarben, Leuchtgas, als Schmiermittel, in der Gerberei und Färberei etc. Vgl. Stammer, Öle und F. Leipz. 1858); Chateau, Traité complet des corps gras (2. Aufl., Par. 1864); Buff, Über die F. (Götting. 1863); Perutz, Industrie der F. und Öle (Berl. 1866); Mulder, Chemie der austrocknenden Öle (deutsch bearbeitet von Müller, das. 1867); Deite, Industrie der F. (Braunschw. 1878); Schädler, Technologie der F. und Öle des Pflanzen- und Tierreichs (Berl. 1882).

Fette in der Baukunst, s. Pfette.

Fettembolie, Anfüllung der Haarröhrchen, besonders in den Lungen, mit Fetttropfen, die bei Knochenbrüchen oder Quetschung fetter Weichteile ins Blut gelangt sind, bedingt zuweilen Atemnot und Tod.

Fette Säuren, diejenigen aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff bestehenden einbasischen Säuren, welche der allgemeinen Formel CnH2nO2^[C_{n}H_{2n}O_{2}] entsprechen. Sie bilden eine homologe Reihe, aus welcher folgende Glieder am wichtigsten sind:

^[Liste]

Ameisensäure CH2O2^[CH_{2}O_{2}]

Essigsäure C2H4O2^[C_{2}H_{4}O_{2}]

Propionsäure C3H6O2^[C_{3}H_{6}O_{2}]

Buttersäure C4H8O2^[C_{4}H_{8}O_{2}]

Baldriansäure C5H10O2^[C_{5}H_{10}O_{2}]

Kapronsäure C6H12O2^[C_{6}H_{12}O_{2}]

Kaprylsäure C7H14O2^[C_{7}H_{14}O_{2}]

Pelargonsäure C8H16O2^[C_{8}H_{16}O_{2}]

Kaprinsäure C9H18O2^[C_{9}H_{18}O_{2}]

Laurinsäure C10H20O2^[C_{10}H_{20}O_{2}]

Myristinsäure C12H24O2^[C_{12}H_{24}O_{2}]

Palmitinsäure C13H26O2^[C_{13}H_{26}O_{2}]

Stearinsäure C14H28O2^[C_{14}H_{28}O_{2}]

Arachinsäure C15H30O2^[C_{15}H_{30}O_{2}]

Behensäure C16H32O2^[C_{16}H_{32}O_{2}]

Cerotinsäure C17H34O2^[C_{17}H_{34}O_{2}]

Diese Säuren finden sich zum Teil weit verbreitet im Pflanzen- und Tierreich, teils frei, teils in Salzen, Äthern (Obst) und Glyceriden (Fette). Die kohlenstoffärmern bis zur Kaprinsäure inklusive heißen flüchtige f. S.; sie sind bei gewöhnlicher Temperatur flüssig, riechen stechend, schmecken brennend, destillieren unzersetzt, sind zum Teil entzündlich und lösen sich in Alkohol und Äther. Die ersten Glieder der Reihe mischen sich mit Wasser, aber die Löslichkeit nimmt mit steigendem Kohlenstoffgehalt stark ab. Sie reagieren stark sauer und bilden meist lösliche, kristallisierbare Salze. Die kohlenstoffreichen Glieder der Reihe, die eigentlichen fetten Säuren, sind bei gewöhnlicher Temperatur starr, geruch- und geschmacklos, nur im Vakuum destillierbar, brennen mit leuchtender Flamme, sind unlöslich in Wasser, löslich in siedendem Alkohol, leicht löslich in Äther, reagieren sauer und bilden Salze, von denen nur die der Alkalien (die Seifen) in Wasser löslich sind. Die Schmelzpunkte und die Siedepunkte der fetten Sauren steigen regelmäßig mit dem Kohlenstoffgehalt. Man gewinnt die fetten Säuren meist aus den natürlichen Fetten, indem man diese mit Kalilauge zersetzt (verseift), wobei Glycerin und das Kalisalz einer oder, da die Fette Gemische von Glyceriden sind, mehrerer fetten Säuren entstehen. Dies Kalisalz zersetzt man mit einer Mineralsäure, wobei sich dann die fetten Säuren abscheiden. In der Technik werden Stearin-, Palmitin- und Oleinsäure auch durch Zersetzung der Fette mit Schwefelsäure oder überhitztem Wasserdampfgewonnen. Durch Reduktion erhält man aus den fetten Säuren Alkohole, welche eine entsprechende Reihe homologer Körper bilden. Der Ameisensäure entspricht der Methylalkohol, der Essigsäure der Äthylalkohol etc. Diese Alkohole können durch Oxydation wieder in f. S. verwandelt werden. Sie verlieren dabei zuerst Wasserstoff und geben Aldehyde, welche dann Sauerstoff aufnehmen. Mit den Alkoholen bilden die fetten Säuren zusammengesetzt Äther, wie den Essigsäureäthyläther (Essigäther) und viele andre, die als Fruchtäther eine Rolle spielen. Die fetten Säuren finden überhaupt ausgedehnte technische Verwendung; am wichtigsten sind die Essigsäure, die Stearin- und Palmitinsäure, dann auch Ameisensäure, Baldriansäure und Buttersäure.

Fette Schriften, s. Schriftarten.

Fettfell (Lidspaltenfleck, Fettfleck, Pinguecula), bedeutungsloser kleiner, gelber, aus Fettgewebe bestehender Fleck in der Bindehaut des Auges, meist nahe der Hornhaut.

Fettgans, s. Pinguin.

Fettgas, aus Fettabfällen bereitetes Leuchtgas.

Fettgeschwulst (Lipoma), eine häufig vorkommende Geschwulst, welche in ihrem Bau der Fettmasse entspricht, die sich bei wohlbeleibten Menschen normalerweise unter der Haut vorfindet. Die F. wächst außerordentlich langsam, wird nicht selten nach längerm Wachstum stationär und erreicht einen Durchmesser von mehr als 20 cm. Häufig ist sie scharf umschrieben, von einer dünnen Zellgewebshülle eingeschlossen und leicht ausschälbar; zuweilen aber stellt sie nur eine diffuse Fettgewebsanhäufung vor, welche sich von der Umgebung durchaus nicht abgrenzen läßt. Im erstern Fall hat sie gewöhnlich eine rundliche, etwas platt gedrückte Gestalt. Größere Fettgeschwülste pflegen gelappt, grob höckerig zu sein. Die F. kommt meist unter der äußern Haut und zwischen den Muskeln, ferner im Netz, sehr selten in den breiten Mutterbändern und der Fußsohle vor, am häufigsten an solchen Stellen, wo schon normalerweise das Fett besonders reichlich angehäuft ist, z. B. auf dem Gesäß, am Oberschenkel, am Bauch etc. Die unter der Haut gelegenen Geschwülste dieser Art heben die Haut empor, welche meist vollkommen gesund aussieht, und gewähren beim Betasten ein weiches, elastisches Gefühl. In der Regel machen die langsam wachsenden Fettgeschwülste