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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fischerei

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Fischerei (Reusen, Aalfänge etc.; Angeln, Stechen etc.; zahme F.).

zusammengesetzt, die miteinander mittels enger durch Einkehlen gebildeter Öffnungen in Verbindung stehen. Solche Bundgarne oder Großreusen werden für längere Zeit an zahlreichen Pfählen befestigt und durch Verankerung gesichert aufgestellt. Die Fischer fahren, um den Fang herauszunehmen, mit ihren Booten hinein und heben den Boden der Kammern oder bedienen sich der Käscher.

Die Reusen oder Fischkörbe unterscheiden sich von den Fischsäcken nur durch das zu ihrer Herstellung verwandte Material. Sie werden in den verschiedensten Formen aus Holzstäben, Weidenruten, Rohr, Binsen oder Drahtgeflecht hergestellt und mit einem oder mehreren trichterförmigen Eingängen versehen.

Die mit den Freischleusen der Wassermühlen verbundenen Aalfänge sind große Kasten mit geneigtem Lattenboden, durch welchen bei Öffnung der Schleuse das Wasser hindurchläuft, während die Aale in einen sichern Behälter gleiten oder auch einfach auf dem Lattenrost liegen bleiben. In dunkeln und stürmischen Sommernächten geraten oft Hunderte der zum Laichen nach dem Meer ziehenden Aale in eine solche Fangvorrichtung. Die Lachs- und Forellenfänge werden vielfach an solchen Stellen von Bächen und kleinen Flüssen angebracht, wo das Wasser durch ein Wehr um etwa 0,5 m gestaut ist. Die Vorrichtung besteht in einem abschützbaren Holzgerinne, durch welches das Oberwasser herabfließt. Dasselbe ist an seinem über dem Unterwasser liegenden Ende und einige Meter weiter oberhalb durch Gitter gesperrt, welche nur das Wasser durchlaufen lassen. Die auf dem Zug nach den Laichstellen stromaufwärts ziehenden Fische springen in das Gerinne, aus welchem sie der starken Strömung und des flachen Wasserstandes wegen nicht wieder herausspringen können.

Die Angelfischerei der gewerbsmäßigen Fischer, zum Unterschied von der Sportangelei auch als Leinenfischerei bezeichnet, wird in verschiedener Weise auf Aal, Lachs und namentlich in sehr großem Umfang auf verschiedene Dorsch- und große Plattfischarten betrieben. Der Anwendung nach unterscheidet man den Gebrauch der Handleinen, das Aussetzen der einzelnen Angeln und die Anwendung der Langleinen. Die Handleinen sind lange, starke Schnüre, welche, am untern Ende mit einem schweren Bleigewicht versehen und mit einigen starken, mit Fischen oder Muscheln geköderten Haken bewaffnet, vom Boot aus bis auf den Meeresgrund herabgelassen und dann fortwährend ruckweise gehoben und gesenkt werden, um die Fische anzulocken. Namentlich der Dorschfang ist oft außerordentlich ergiebig; da diese Fische gewöhnlich in Schwärmen leben, so werden sie häufig, ohne anzubeißen, an verschiedenen Stellen von den Haken gefaßt und in die Höhe gezogen. Lachsangeln werden an manchen Küsten, namentlich in der Ostsee, 10-12 km weit vom Land in größerer Menge angewandt. Es wird immer nur ein Haken an jeder Angel gebraucht. Derselbe ist meistens von Messing und mit Heringen oder Plötzen geködert und wird mittels einer 4-5 m langen Schnur (Vorlauf) an dem einen Ende einer stärkern langen Leine befestigt, die durch Flotthölzer schwimmend erhalten, und deren andres Ende mittels eines schweren Steins verankert wird. Diese Angeln werden, wenn es das Wetter erlaubt, täglich revidiert und frisch besteckt. Die Langleinen, deren man sich zum Aal-, Heilbutt- und Dorschfang bedient, werden bald schwimmend, bald am Grund liegend angewandt. Die Leinen sind 80-100 m lang, tragen in Abständen von je 60 cm bis 3 m nach der Art der zu fangenden Fische die an kurzen Schnüren (Vorläufen) befestigten, mit Fischen oder Muscheln geköderten Haken, und es werden meistens mehrere Leinen zusammengeknüpft. Bei der Binnenfischerei pflegt man auf Aal mit 600 Haken zu angeln, während bei der großen Dorschfischerei im Meer ein Fahrzeug 14-19,000 m Leine mit 2-10,000 Haken aussetzt. Andre Angelarten werden nur in der Klein- und Sportfischerei benutzt.

Das Stechen von Fischen mit widerhakigen Speeren wird im Winter vielfach auf den Stellen geübt, wo die Aale in Schlammbecken sich zum Winterschlaf versammelt haben, ist aber, da es große Massen derselben vernichtet, ohne sie in den Besitz des Stechers zu bringen, und da namentlich auch zahllose junge, noch kaum zur Nahrung taugliche Fische dabei getötet werden, ein ganz verwerfliches Verfahren. Weniger läßt sich gegen das Stechen der auf dem Zug zum Laichen befindlichen Quappen einwenden, die oft in ungeheuern Schwärmen auftreten, da hier die gestochenen auch erbeutet werden und alle erwachsen sind. Das Stechen der großen, an der Oberfläche des Wassers stehenden Hechte könnte unbedenklich erlaubt werden, ist aber bei uns ebenso wie das Schießen von Fischen verboten.

Mißbräuchlich wird häufig von Unberechtigten durch Hineinwerfen von ungelöschtem Kalk oder grob zerkleinerten Kockelskörnern in das Wasser eine große Menge von Fischen betäubt, so daß sie matt an die Oberfläche kommen und mit Käschern aufgenommen werden können. Das Gleiche erzielt man in Bergwerksgegenden durch Hineinwerfen einer Dynamitpatrone, deren Explosion im Wasser viele Fische vernichtet. Natürlich ist ein derartiges Fischen verboten.

Zahme Fischerei (Teichwirtschaft).

Die zahme F. oder Teichwirtschaft wird in besonders eingerichteten Teichen betrieben, in denen für die Vermehrung und das Gedeihen der Fische besonders gesorgt ist. Teiche sind stehende Gewässer, die man willkürlich ablassen und wieder mit Wasser füllen kann. Sie erhalten ihr Wasser aus Flüssen oder Bächen (Fluß- oder Bachteiche), die sie durchfließen, oder mit denen sie durch Gräben verbunden sind, oder aus Quellen (Quellteiche), die in ihrem Grund oder am Rand gelegen sind, oder nur durch die atmosphärischen Niederschlage (Himmelsteiche). Die Teichwirtschaft hat sich seit Jahrhunderten besonders mit der Zucht des Karpfens beschäftigt; sehr großartige Anlagen dieser Art bestehen in der Mark, in der Lausitz, in Schlesien und Böhmen. Neuerdings werden auch Zander, Forellen und Saiblinge in Teichen gezogen. Für die Karpfenzucht sind mehrere Arten verschiedener Teiche erforderlich, die man als Streich-, Streck-, Abwachs- und Winterteiche unterscheidet. In den Streichteichen soll die Vermehrung der Fische stattfinden. Sie müssen klein, flach, warm und reich an niedern Tieren sein, die den jungen Fischen zur Nahrung dienen. Die Zuchtkarpfen sollen nicht über 2-3 kg schwer, gut gewachsen und gesund sein; sie werden erst, wenn das Wasser sich im Frühjahr schon erwärmt hat, in die Streichteiche gebracht, zu einem Weibchen (Rogener) gewöhnlich ein gleichgroßes Männchen (Milchner) und ein kleineres als sogen. Anhetzer. Ein Rogener legt 300,000 und mehr Eier ab, die an den Ufern an Wasserpflanzen geklebt werden. Die Fischchen kriechen in acht Tagen aus, und es bleiben gewöhnlich von der Nachkommenschaft eines Rogeners bis zum Herbst 800-1500 am Leben. Man kann eine ungleich größere Masse erhalten, wenn man sie schon in den ersten Wochen mit feinen Gazekäschern abfischt und in mehrere nahrungs-^[folgende Seite]