Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Frankreich

548

Frankreich (Geschichte: Heinrich III., Heinrich IV.).

Condé 11,000 deutsche Protestanten zu Hilfe führte, mußte der Hof im Frieden von Longjumeau (März 1568) den Hugenotten neue Zugeständnisse machen. Allein Katharina und Karl IX. selbst, welche nunmehr die Protestanten bitter haßten, fachten schon nach wenigen Monaten den Streit wieder an, der zunächst eine für die Hugenotten sehr ungünstige Wendung nahm. Condé fiel bei Jarnac (März 1569) gegen des Königs Bruder, den Herzog Heinrich von Anjou. Auch Condés Nachfolger, der unerschrockene greise Admiral Coligny, wurde bei Moncontour (Oktober 1569) von Anjou geschlagen. Da indes die Hugenotten sich immer wieder mutig erhoben, mußte ihnen Karl IX. durch den angeblich "ewigen und unverbrüchlichen" Frieden von St.-Germain en Laye (8. Aug. 1570) völlige Gleichberechtigung mit den Katholiken zugestehen. Im Gegenteil zeigte sich jetzt der König Coligny und seinen Freunden, die er an den Hof zog, überaus freundlich bis seine Mutter, erschreckt über den drohenden Sieg der von ihr tödlich beleidigten Protestanten, ihn von deren Gefährlichkeit zu überzeugen wußte. Nun gab der leidenschaftliche Jüngling die Einwilligung zu der Niedermetzelung der Hugenotten, zuerst in Paris in der Bartholomäusnacht (23.-24. Aug. 1572), dann auch in den Provinzen: mindestens 30,000 Hugenotten wurden ermordet. Aber der Rest derselben ließ sich dadurch nicht entmutigen, sondern erhob sich zu heldenmütigem Widerstand.

Mitten in dem hierdurch herbeigeführten neuen Kampf starb Karl IX., von Gewissensbissen gequält (30. Mai 1574). Es folgte ihm sein Bruder Heinrich III. (1574-89), der erst im vorigen Jahr zum König von Polen erwählt worden war, ein körperlich und geistig träger Fürst, nur dem Wohlleben ergeben. Alle ernstern und tüchtigern Männer entfernte er von seiner Person und zog unbedeutende Stutzer ("Mignons") in seine Nähe, mit denen er teils kindischen, teils sittenlosen Vergnügungen nachging, die dann wieder durch Übungen bigotter Frömmelei unterbrochen wurden. Sehr feindselig stellte er sich zunächst gegen die Hugenotten, an deren Spitze Heinrich von Bourbon, König von Navarra, stand. Der Bürgerkrieg dauerte fort, nur von kurzen Friedensschlüssen unterbrochen. Die Katholiken schlossen der Einigung der Hugenotten gegenüber 1576 die katholische Ligue, deren Führung Herzog Heinrich von Guise übernahm. Der Streit der Häuser Bourbon und Guise gab dem ganzen Kampf ein mehr politisches als religiöses Gepräge. 1580 wurde ihm endlich durch den Frieden von Fleix auf längere Zeit ein Ende gemacht. Da aber 1584 der vierte Sohn Heinrichs II., Franz von Anjou, starb und Heinrich III. keine Kinder hatte, so war das Haus Bourbon und mit ihm der ketzerische Heinrich von Navarra zur Thronfolge in F. berufen. Dies beschloß die Ligue nicht zu dulden und begann 1585 im Bund mit Spanien einen offenen Aufstand. Der schwache König mußte sich dem neuen Kampf gegen die Hugenotten anschließen, geriet aber in völlige Abhängigkeit von den Häuptern der Ligue, denen namentlich das niedere Volk der größern Städte mit Fanatismus anhing. Durch den sogen. Barrikadentag (12. Mai 1588) zwang sogar Heinrich von Guise den König zur Flucht aus Paris. Die Generalstände, die Heinrich III. einberief, zeigten sich den Guises durchaus ergeben, so daß der König, von Haß und Furcht erfüllt, den Herzog Heinrich und seinen Bruder, den Kardinal von Guise, ermorden ließ. Dann begab er sich mit seinen persönlichen Anhängern und seinen Truppen zu dem Hugenottenheer unter dem König von Navarra, wurde aber von dem fanatischen Dominikaner Jakob Element ermordet (er starb 2. Aug. 1589), der letzte des Hauses Valois (1328-1589).

Wiederherstellung der innern Ruhe und äußern Macht.

Mit Heinrich, bisher König des kleinen Restes von Navarra, der nördlich der Pyrenäen lag, jetzt Heinrich IV. (1589-1610), gelangten die Bourbonen auf den französischen Thron. Heinrich hatte zunächst mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, da selbst zahlreiche gemäßigte Katholiken nichts von dem ketzerischen Herrscher wissen wollten und sich der Ligue anschlossen, die jetzt von Guises Bruder, dem Herzog von Mayenne, geführt wurde. Heinrichs Siege bei Ivry (1590) und Pont d'Arques blieben fruchtlos, da Philipp II. seinen trefflichen General Alexander Farnese aus den Niederlanden der Ligue wiederholt zu Hilfe sandte. Heinrich IV., überhaupt von religiösen Bedenken wenig berührt, sah kein andres Mittel, sich den ungestörten Besitz des Throns und dem französischen Volk Ruhe zu verschaffen, als (Juli 1593) zur katholischen Kirche überzutreten. Nun wurde der Abfall von der Ligue allgemein unter den gemäßigtern Katholiken, zumal das französische Volk der lange dauernden Unruhen herzlich satt war. Im März 1594 eröffnete ihm der Gouverneur von Paris, Brissac, die Thore der Hauptstadt, und seitdem unterwarfen sich bis 1598 alle aufständischen Städte, Provinzen und Gouverneure, die letztern freilich nicht, ohne sich bedeutende Vorteile auf Kosten des Staatsschatzes erwirkt zu haben. Schon 1595 fühlte Heinrich sich kräftig genug, dem spanischen König, welcher fortwährend der Ligue Unterstützung gewährt hatte, den Krieg zu erklären; derselbe wurde von beiden Seiten mit wechselndem Erfolg geführt und 2. Mai 1598 durch den Frieden von Vervins beendigt, durch welchen das bisher streitige Cambrai in spanischem Besitz blieb. Ebenso, wie nun mit den innern und äußern Feinden der Friede hergestellt war, suchte Heinrich IV. auch seinen protestantischen Unterthanen Genüge zu schaffen durch das Edikt von Nantes (1598), durch welches zum erstenmal der Versuch gemacht wurde, die verschiedenen Konfessionen angehörigen Bürger eines Staats gleichberechtigt und doch unter gleicher staatlicher Aufsicht nebeneinander zu stellen. Freilich mußte schon Heinrich selbst erfahren, daß die Zeit zu einer so weisen Einrichtung noch nicht reif sei.

Des Königs Fürsorge galt nun vor allem der innern Hebung des durch die langen Bürgerkriege erschöpften Reichs, wobei ihm unter vielen andern ausgezeichneten Männern besonders sein vortrefflicher Finanz- und Handelsminister Maximilian von Sully behilflich war. Trotz der mannigfachen Empörungsversuche der großen Kronbeamten und Provinzialgouverneure, welche Heinrich noch niederzuwerfen hatte, widmete er sich mit außerordentlichem Erfolg der innern Reorganisation des Landes, dessen Bevölkerungszahl, Wohlstand und nationale Entwickelung unter seiner segensreichen Einwirkung bedeutend gefördert wurden. Dabei suchte er durch eine bedächtig vorschreitende Politik nach außen F. zahlreiche Bundesgenossen zu gewinnen und dem Haus Habsburg Schwierigkeiten und Verlegenheiten aller Art zu schaffen, um zunächst F. der österreichisch-spanischen Macht gleich mächtig gegenüberzustellen und endlich den Entscheidungskampf gegen diese beginnen zu können. 1609 glaubte er dazu hinreichend kräftig zu sein; er wollte den in Deutschland um die jülich-klevesche Erbschaft ausgebrochenen Streit als Hand-^[folgende Seite]