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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Genossenschaften

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Genossenschaften (Rohstoff-, Magazin- etc., Baugenossenschaften).

Vorschuß- und Kreditvereine Konsumvereine

Provinz Brandenburg 157 26

" Preußen 130 10

" Sachsen 129 69

" Schlesien 127 96

" Hessen-Nassau 119 16

" Posen 97 -

" Rheinland-Hohenzollern 93 37

" Pommern 63 8

" Schleswig-Holstein 50 7

" Hannover 49 46

" Westfalen 27 35

Königreich Preußen: 1041 350

Bayern 159 55

Sachsen, Königreich 138 103

Württemberg 115 18

Baden 184 24

Hessen 109 8

Mecklenburg (beide) 44 4

Sächsische Herzogtümer 87 33

Oldenburg 13 1

Braunschweig 14 26

Anhalt 16 6

Schwarzburg (beide) 22 13

Lippe und Waldeck 10 2

Reußische Fürstentümer 3 4

Freie Städte 9 5

Elsaß-Lothringen 1 26

Deutsches Reich: 1956 678

Die aus eingetragenen Genossenschaften hervorgegangenen Aktiengesellschaften betragen 46 3

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[Rohstoffgenossenschaften.] Die Rohstoffgenossenschaften (Rohstoffvereine) beschaffen durch die Geschäftsanteile und sonstige Einzahlungen der Mitglieder, im Bedarfsfall durch aufgenommenes fremdes Kapital oder durch Ankauf auf Kredit die Rohstoffe im großen und verkaufen sie im einzelnen an die Mitglieder gegen einen entsprechenden, zur Deckung der Geschäftsunkosten erforderlichen und zugleich einen Nettogewinn erzielenden Aufschlag (4-8 Proz.) über den Einkaufspreis. Der Nettogewinn wird an die Mitglieder nach Höhe der von ihnen entnommenen Waren verteilt. Ein eigner Vereinsfonds in Geschäftsanteilen der Mitglieder und Reserve (Gesamtvermögen des Vereins) wird durch Innebehaltung von Gewinnanteilen und durch Monatssteuern der Mitglieder gebildet. Die Vorteile dieser Vereine bestehen darin, daß sie bei dem Einkauf im großen nicht allein billigere, sondern auch bessere Waren erhalten können. Grundsätzlich sollten diese G. gegen bar verkaufen und auf Kredit nur dann, wenn entsprechende Deckung gegeben ist. Der kreditierte Kaufpreis ist zu verzinsen, Buchschulden sind möglichst bald in Wechselschulden umzuwandeln. Der Anwaltschaft waren Rohstoffvereine bekannt in den Jahren

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1875: 1880: 1884:

industrielle 168 150 139

landwirtschaftliche 56 68 354

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[Magazingenossenschaften u. a.] Die Magazingenossenschaften (Magazinvereine, Absatzgenossenschaften), denen Handwerker eines wie auch verschiedener Gewerbe angehören können, bezwecken die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Verkaufsladens (Gewerbehalle), in welchem jedes Mitglied berechtigt, bez. verpflichtet ist, die in seinem Privatgeschäft gefertigten Waren für seine eigne Rechnung zum Verkauf aufzustellen. Mit dem gemeinschaftlichen Verkaufsladen ist oft noch ein Rohstoffgeschäft für die Mitglieder verbunden. Für den Verkauf ist meist ein besonderer Geschäftsführer angestellt, der auch Bestellungen auf nicht vorrätige Waren annimmt, deren Ausführung entweder den Mitgliedern auf deren Rechnung übertragen, oder auf gemeinsame Rechnung und Gefahr übernommen wird. Im letztern Fall erweitert sich die Magazingenossenschaft zur Produktivgenossenschaft. Die Vorteile der Magazingenossenschaften bestehen darin, daß an Ladenmiete und Verkaufskräften gespart, ein Laden in guter Geschäftslage aufgesucht und reichlich ausgestattet werden kann. Dagegen leiden sie öfters an dem Übelstand, daß der Verkäufer seine eignen Interessen nicht voll wahrnehmen (Bevorzugungen durch den Geschäftsführer) und sich keine ständige Kundschaft bilden kann. Infolgedessen haben diese G. auch keine große Verbreitung gefunden. Vielfach stehen die Magazingenossenschaften mit Vorschußvereinen oder auch Privatbankhäusern in einer derartigen Geschäftsverbindung, daß letztere die im Magazin stehenden Waren den Eigentümern beleihen. Es gab industrielle Magazingenossenschaften 1862: 12, 1870: 38, 1875: 55, 1881: 53, 1884: 59, ferner landwirtschaftliche Magazin- und Produktivgenossenschaften 1875: 95, 1881: 142, 1884: 5.

Die Werkgenossenschaften (Werkzeug- und Maschinengenossenschaften) schaffen auf gemeinschaftliche Rechnung Maschinen, besonders landwirtschaftliche, an, um sie an ihre Mitglieder zu verkaufen oder gegen eine gewöhnlich nach der Zeit der Verwendung oder (bei Säemaschinen) auch nach der Fläche bemessene Vergütung zu verleihen.

Die Produktivgenossenschaften verfertigen und verkaufen Waren auf gemeinschaftliche Rechnung, um durch diese innige, das ganze Geschäft umfassende Verbindung möglichst vollständig die Vorteile des Großbetriebes zu erzielen. Diese Innigkeit fördert jedoch auch die oben erwähnten Schwierigkeiten. Aus diesem Grund sind diese G. nur in beschränktem Maß anwendbar, insbesondere in Unternehmungen, welche wenig Kapital und spekulatives Talent, dagegen gute und einander gleichstehende Arbeitskräfte erfordern. Sie erheischen wie keine andre Genossenschaft echt genossenschaftlichen Geist und wirtschaftliche Zucht. Es bestanden

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1862: 1870: 1875: 1880: 1884:

industrielle 18 74 199 131 144

landwirtschaftliche - - 95 92 226

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[Baugenossenschaften.] Die Baugenossenschaften, die jüngsten unter den deutschen G., bezwecken, das Wohnungsbedürfnis auf genossenschaftlichem Weg zu befriedigen. In England kommen sie vielfach vor in Form von Bausparvereinen unter dem freilich nicht immer passenden Namen Benefit building societies. Diese Vereine, deren rechtliche Stellung dort 1836 gesetzlich geregelt wurde, erheben von ihren Mitgliedern monatliche Beiträge, welche verzinslich angelegt werden. Nach Verlauf einer festgesetzten Zeit löst sich die Gesellschaft auf, und jedes Mitglied erhält einen entsprechenden Anteil des Vermögens (Beiträge nebst Zinsen), um mit Hilfe desselben eine Wohnung zu bauen. Doch werden auch gegen Bestellung hypothekarischer Sicherheit schon vorher Vorschüsse auf Bauten gegeben. Viele dieser Gesellschaften wurden schon frühzeitig dem genossenschaftlichen Zweck entfremdet. Indem sie Darlehen von Nichtmitgliedern annahmen und nicht alle Mitglieder wirklich Wohnungen bauten, nahmen sie den Charakter reiner Realkreditanstalten an. 1870 zählte man 2000 Gesellschaften mit 800,000 Mitgliedern. Die deutschen Baugenossenschaften tre-^[folgende Seite]