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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Genual - Genußmittel.

15. Nov. 1822, vermählt 1850 mit der Prinzessin Elisabeth von Sachsen (geb. 4. Febr. 1830, seit 1856 mit dem Marchese Rapallo vermählt), gest. 10. Febr. 1855; dann seines Sohns Thomas Albert Viktor, geb. 6. Febr. 1854, welchem 1869 die Krone von Spanien angetragen wurde; derselbe ist Marineoffizier und seit 1883 mit der Prinzessin Elisabeth von Bayern vermählt.

Genual (lat.), das Knie betreffend; Genuflexion, Kniebeugung.

Genucius, Gnäus, röm. Volkstribun 473 v. Chr., betrieb mit besonderer Energie die Verteilung von Staatsländereien an die Plebejer und war im Begriff, die Konsuln des letzten Jahrs wegen Nichtausführung des Ackergesetzes vor den Tributkomitien anzuklagen, wurde aber in der Nacht vor der dazu berufenen Volksversammlung in seinem Haus ermordet.

Genueser Spitzen, geklöppelte Spitzen auf Netzgrund mit sechseckigen Maschen, meist mit Seiden-, bisweilen auch mit Gold- und Silberfäden hergestellt. S. Spitzen.

Genugthuung (Satisfaktion), Vergütung des durch eine gesetzwidrige Handlung angerichteten Schadens. Diese G. kann eine zivilrechtliche sein und ist dann gleichbedeutend mit Schadenersatz (s. d.), oder eine strafrechtliche. In den Anfängen der Kultur jedes Volkes finden wir, daß das Strafrecht von der Idee der vergeltenden Rache ausgeht, daher die G. für ein Vergehen dem unmittelbar Verletzten oder dessen Familie zu leisten ist; dahin gehört das altdeutsche Institut der Satisfaktion (compositio), Wergeld, Sühnegeld, wodurch der Verbrecher gewissermaßen die Fehde und Selbstrache abkaufte. Jede bestimmte Verletzung hatte auch ihre bestimmte Genugthuungstaxe. Erst auf einer entwickelten Kulturstufe tritt die Ansicht hervor, daß der Staat selbst sich als den durch das Verbrechen Verletzten ansieht und von dem Übertreter des Gesetzes und Störer des Friedens im Staat G. verlangt (s. Strafrecht). In einem besondern Sinn versteht man unter G. die Erklärung, durch welche der Beleidiger seine Beleidigung formell aufhebt oder vernichtet, was auf dem Weg der Abbitte oder der Ehrenerklärung oder des Widerrufs geschehen kann (s. Zweikampf). Auch wird der Ausdruck G. als gleichbedeutend mit Buße (s. d.) gebraucht. Die katholische Kirche bezeichnet als G. (satisfactio operum) die Bedingung, unter welcher dem Beichtenden die Absolution erteilt wird.

Genugthuung Christi, s. Versöhnung.

Genuin (lat.), angeboren, natürlich; unverfälscht, echt; Genuinität, Lauterkeit, Echtheit.

Genus (lat.), Geschlecht, in der Zoologie und Botanik s. v. w. Gattung, in der Mineralogie Inbegriff derjenigen Mineralspezies, die einander dem Ansehen nach am ähnlichsten sind. In der Grammatik ist das G. oder Geschlecht der Substantiva ein dreifaches: G. masculinum, männliches, G. femininum, weibliches, G. neutrum, sächliches. Ein Substantivum, das sowohl männlich als weiblich gebraucht werden kann, heißt in der griechischen und lateinischen Grammatik commune oder generis communis (z. B. lat. canis, "Hund" und "Hündin"); ein Tiername, der nur entweder als Maskulinum oder Femininum gebraucht werden kann, obschon er die Gattung im allgemeinen bezeichnet, heißt epicoenum. Die meisten Sprachen der Welt kennen das G. gar nicht; die Sprachen der Eskimo und andrer nordamerikanischer Stämme besitzen anstatt desselben eine Einteilung der Gegenstände in belebte und unbelebte; die Pulsprache in Zentralafrika teilt sie in menschliche oder vernünftige und in vernunftlose ein; die Bantusprachen Südafrikas unterscheiden eine viel größere Anzahl, manchmal bis zu 18 Klassen der Substantiva, mit denen die übrigen Satzteile (Verbum, Adjektivum etc.) in betreff ihrer grammatischen Form kongruieren müssen. Die semitischen Sprachen und die hamitischen Sprachen Nordafrikas (Altägyptisch, die Berbersprachen etc.) unterscheiden nur ein männliches und weibliches Geschlecht, bringen dasselbe aber auch an der dritten Person des Verbums zum Ausdruck. Auch in den indogermanischen Sprachen ist die Kategorie des sächlichen Geschlechts offenbar eine sekundäre, weshalb sie in den meisten Kasus mit dem männlichen formell zusammenfällt. Aus einer kindlichen Periode der Sprache stammend, in der man die am Menschen und Tier beobachtete Verschiedenheit der Geschlechter auf alle Objekte übertrug, wird das grammatische G. in allen neuern Sprachen als eine Last empfunden, deren man sich möglichst zu entledigen sucht; am weitesten sind bis jetzt in dieser Beziehung das Englische und das Neupersische gelangt. Auch am Verbum unterscheidet man nach dem Vorgang der alten Grammatiker zwei Genera, ein G. activum (ich schlage) und ein G. passivum (ich werde geschlagen), wozu im Griechischen noch als drittes G. das medium kommt, welches in der Regel eine reflexive oder intransitive Bedeutung hat (ich schlage mich, ich gehe).

Genus irritabile vatum, Citat aus Horaz' Episteln (II, 2, 102): "Das reizbare Geschlecht der Dichter".

Genuskauf, s. Gattungskauf.

Genußmittel (hierzu Tafel "Genußmittelpflanzen"), s. v. w. Nahrungsmittel, dann speziell diejenigen Produkte des Pflanzenreichs, welche wir nicht, wie die eigentlichen Nahrungsmittel, zum direkten Ersatz der durch den Stoffwechsel verbrauchten Körpersubstanz, sondern entweder nur des Wohlgeschmacks halber oder zur Erzielung einer bestimmten Wirkung auf das Nervensystem in sehr verschiedenartiger Zubereitung genießen oder benutzen. Die Nahrungsmittel enthalten in mehr oder minder ähnlicher Form die Stoffe, aus welchen auch unser Körper besteht, und durch den Verdauungs- und Ernährungsprozeß werden diese Stoffe in Körperbestandteile umgewandelt. Der Wert der Nahrungsmittel bemißt sich mithin in erster Linie nach dem Gehalt an Bestandteilen, welche dieser Umwandlung fähig sind (vgl. Ernährung). Zu den meisten Speisen fügt die Kochkunst aber Würzen hinzu, welche, wie Fett und Zucker, selbst Nahrungsstoffe sind oder, wie Kochsalz und Säuren, dem Verdauungs- und Ernährungsprozeß mehr oder minder zugänglich sind. Dagegen sind die Gewürze ausschließlich zu den Genußmitteln zu zählen; als G. im engern Sinn bezeichnet man aber jene Substanzen, die nicht den Speisen zugesetzt, sondern selbst zu besondern Speisen oder Getränken zubereitet oder in andrer Form genossen werden. Die Gewürze wirken meist durch ätherische Öle oder Harze, die eigentlichen G. dagegen enthalten in der Regel gewisse narkotisch wirkende Stoffe, und es ist sehr merkwürdig, daß der Mensch in den verschiedensten Ländern eine Reihe sehr verschiedener Pflanzenteile als narkotische G. benutzt, die einen und denselben wirksamen Stoff, das Thein oder Kaffein, enthalten, nämlich den Kaffee, Thee, Paraguaythee, die Guarana und die Kolanuß; auch kann man den Kakao hinzurechnen, weil das in demselben enthaltene Theobromin dem Kaffein sehr nahe steht. Das arabische Kath und die Kokablätter enthalten dagegen kein Kaffein. Diese G. sind sich in der Wirkung wohl ziemlich ähnlich, und auch die Be-^[folgende Seite]