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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Großbritannien

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Großbritannien (Geschichte: römische Zeit).

genwart (3. Aufl., das. 1884, 3 Bde.); Derselbe, Das englische Parlament (das. 1886); Sir E. Creasy, The imperial and colonial constitutions of the Britannic empire (Lond. 1872); Chalmers, Local government (das. 1883); R. S. Wright und H. Hobhouse, An outline of local government and local taxation in England and Wales (das. 1884); Blackstone, Commentaries on the laws of England (zuletzt hrsg. von Kerr, 4. Aufl., das. 1876); Stephen, New commentaries on laws of England (9. Aufl., das. 1883, 4 Bde.); Chitty, Collection of the statutes (3. Aufl., seit 1875, mit jährlichen Supplementen); F. Pollock, The land laws (das. 1883); weitere Litteratur über Verfassung, soziale Verhältnisse etc. s. unter Geschichte (S. 840). Dann die Reisebeschreibungen von Kohl, Venedey, Scherer, Ghillany, Fontane, Rodenberg u. a.; die Reisehandbücher von Murray, Bädeker, Ravenstein (3. Aufl., in "Meyers Reisebüchern").

Kartenwerke: Eine topographische Landeskarte (Ordnance map, in 1:63,360) ist vollendet, eine größere Karte (1:12,500) geht der Vollendung entgegen, und Kirchspielskarten (Parish maps, in 1:2500) sind in großer Anzahl erschienen; in mittlerm Maßstab sind die Indexkarten zur Ordnance map und den County maps angelegt, außerdem Stanford, Library map of England and Wales (1:381,000); eine Generalkarte liefert Keith Johnston in seinem Handatlas in 5 Blättern; geologische Übersichtskarte von Ramsay (1:728,600, Lond. 1878).

Geschichte Englands, bez. Großbritanniens.

Übersicht der Regenten.

I. England unter den Römern 55 v. Chr. bis 410 n. Chr.

II. England unter den Angelsachsen 450-1066.

(1017-1042 Alleinherrschaft der Dänen.)

III. Normännische Könige 1066-1154.

1066-1087 Wilhelm I., der Eroberer

1087-1100 Wilhelm II.

1100-1135 Heinrich I.

1135-1154 Stephan von Blois.

IV. Haus Anjou oder Plantagenet 1154-1485.

1154-1189 Heinrich II.

1189-1199 Richard I., Löwenherz

1199-1216 Johann ohne Land

1216-1272 Heinrich III.

1272-1307 Eduard I.

1307-1327 Eduard II.

1327-1377 Eduard III.

1377-1399 Richard II.

Haus Lancaster.

1399-1413 Heinrich IV.

1413-1422 Heinrich V.

1422-1461 Heinrich VI.

Haus York.

1461-1483 Eduard IV.

(1483) Eduard V.

1483-1485 Richard III.

V. Haus Tudor 1485-1603.

1485-1509 Heinrich VII.

1509-1547 Heinrich VIII.

1547-1553 Eduard VI.

1553-1558 Maria (die Blutige)

1558-1603 Elisabeth.

VI. Haus Stuart 1603-1714.

1603-1625 Jakob I.

1625-1649 Karl I.

1649-1660 Die Republik (Protektor Oliver Cromwell 1651-1658, Richard Cromwell 1658 bis 1659)

1660-1685 Karl II.

1685-1688 Jakob II.

1689-1702 Wilhelm III. von Oranien u. Maria

1702-1714 Anna.

VII. Haus Hannover (seit 1714).

1714-1727 Georg I.

1727-1760 Georg II.

1760-1820 Georg III.

1820-1830 Georg IV.

1830-1837 Wilhelm IV.

1837- Viktoria.

Vorgeschichte; römische und angelsächsische Zeit (bis 1066).

Es muß dahingestellt bleiben, ob, wie man vermutet hat, in vorhistorischen Zeiten G. mit dem Festland von Europa zusammengehangen hat; so viel aber ist jedenfalls sicher, daß der Kanal, der es heute von dem Kontinent trennt, eine Völkerscheide niemals gewesen ist; jenseit wie diesseit desselben wohnte zur Zeit, da wir zuerst von der Insel hören, derselbe Volksstamm; Briten und Gallier waren in Sprache, Nationalität und Sitten nahe verwandt. In uraltem Handelsverkehr standen die Bewohner von G. mit den Karthagern und Phönikern, die von hier ein für die Alte Welt sehr wichtiges Metall, das Zinn, holten; den abendländischen Völkern aber ward die erste Kunde von der Insel durch denselben Mann, dessen Reisen auch zur Entdeckung der germanischen Welt führten, durch den gelehrten Pytheas von Massalia (Marseille, um 330 v. Chr.), dessen Landsleute sich später an dem britischen Zinnhandel lebhaft beteiligten. Die Römer kennen Albion (s. d.) als frühsten Namen für die Insel und berichten von einer Einwanderung der Belgier, welche sich an der Südküste niedergelassen hatten; diese Landstriche waren schon in früher Zeit einer reichen Kulturentwickelung teilhaftig geworden, während in den Hochlanden des Nordens und Westens noch andre britische Stämme in ursprünglicher Wildheit lebten. Bei dem innigen Zusammenhang, in dem die Inselkelten mit ihren festländischen Stammesgenossen lebten, kann es nicht befremden, daß die gallischen Kämpfe Cäsars auch auf G. ausgedehnt wurden; im Sommer 55 setzte Cäsar mit zwei Legionen nach der Küste von Kent über (am wahrscheinlichsten ist, daß seine Landung östlich von Dover bei Walmer Castle erfolgte), mußte aber, ohne bleibende Erfolge zu erzielen, zurückkehren. Im Frühling 54 wiederholte er den Zug mit fünf Legionen und 2000 Reitern, ging über die Themse, unterwarf den Stamm der Trinobanten im heutigen Essex und drängte den britischen Fürsten Cassivellaunus zurück, ohne aber eine dauernde Festsetzung auf der Insel zu bewirken. Fast ein Jahrhundert verging, bis Kaiser Claudius 43 n. Chr. die Unternehmungen gegen Britannien wieder aufnahm; nun wurden in vieljährigem Kampf wenigstens die Ebenen bezwungen, das keltische Wesen zog sich in unzugängliche Gebirge und auf das nahe Irland zurück; insbesondere unter der klugen und staatsmännischen Verwaltung des Gnäus Julius Agricola ward die Romanisierung des größern Teils der Insel vollendet, die in sechs Provinzen: Britannia prima und secunda, Flavia Caesariensis, Maxima Caesariensis, Valentia, Vespasiana, zerfiel. Reiche Städte erstanden hier: London, York, Lincoln u. a. O. sind römische Gründungen; der Handel blühte, der Ackerbau ward wohl gepflegt, Britannien galt als eine Kornkammer für die nördlichen römischem Provinzen, wie Sizilien für die südlichen. Trotz alledem und trotz der Verbreitung des Christentums auch in diesem fernsten Teil des Römerreichs war doch Britannien nie so vollständig römisch geworden wie andre Provinzen, wie namentlich das nahe und von stammverwandter Bevölkerung bewohnte Gallien. Die vornehmern der Briten nahmen römische Sprache und Sitten an, aber die eigentliche Masse des Volkes scheint von dem Einfluß der römischen Kultur weniger ergriffen worden zu sein, als anderswo der Fall war; zu einer wirklichen Verschmelzung von Siegern und Besiegten, aus der dann eine neue, nicht mehr römische, aber romanische Nationalität hervorgegangen wäre, ist es in G., soweit wir festzustellen vermögen, nicht gekommen.

Um 410 räumten die römischen Legionen das Land, um andre Gegenden des Reichs gegen die immer gefahrvoller werdenden Angriffe der germanischen Völkerstämme zu verteidigen. Auch G. hatte bereits seit langer Zeit deren Bekanntschaft gemacht. Schon seit dem Ende des 3. Jahrh. machten sächsische Seeräuber die Küsten Englands unsicher; um die Mitte des 5. Jahrh. nahmen diese gelegentlichen Raub- und Plünderungszüge den Charakter einer vollständigen Eroberung und Kolonisation der Insel