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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hand; Handalphabet; Handänderungsabgaben; Handarbeiten, weibliche

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Hand - Handarbeiten, weibliche.

verlaufen die Streck-, in letzterer die Beugemuskeln. An einer gut geformten, schlanken H. ist der Zeigefinger meist ein wenig länger als der Ringfinger. Wegen des Unterschiedes zwischen der H. des Menschen und des Affen s. Daumen.

Als Rechtssymbol war die H. im Mittelalter das Zeichen der Gewalt und infolgedessen auch der Münzgerechtigkeit, wie sie sich als solches auf alten Hellern und Kreuzern (Händleinsheller, Händelpfennige) findet. Der Handschlag war seit alten Zeiten die allgemeine Bekräftigung aller Verträge und Gelübde, sofern die Sitte kein feierlicheres Symbol vorschrieb; durch ihn verbanden beide Teile gegenseitig ihre Gewalt. Bei Huldigungen nach dem Lehnrecht legte der Mann beide Hände zusammen, und der Herr nahm sie zwischen die seinigen, oder jener kniete nieder, seine Hände dem sitzenden Herrn auf die Füße faltend. Mit der H. schwur man auch den Eid, und zwar war es Sitte, daß der Schwörende mit der Rechten etwas hielt oder berührte, Männer den Schwertgriff, später die Reliquie, Frauen die linke Brust und den Haarzopf, Geistliche und späterhin Fürsten Brust und Herz. Traf jemand sein Vieh in fremdem Besitz und wollte es wiedererlangen, so war Handauflage nötig: er berührte vor Gericht mit der Rechten die Reliquie, mit der Linken faßte er das linke Ohr des Viehs. Auch der heimliche Schöffengruß beim Femgericht wurde dadurch ausgesprochen, daß der eintretende Schöffe die rechte H. erst auf seine linke Schulter, dann auf die des andern Schöffen legte. Nicht selten wird auch (wie z. B. beim Eide) die der H. beigelegte symbolische Verrichtung genauer durch Finger bezeichnet. - Eine blutrote H. ist die unterscheidende Wappenzier des englischen Baronets. Endlich wird H. gleichbedeutend mit Arbeiter gebraucht, besonders im Matrosenwesen ("alle H. auf Deck"). Vgl. Bell, The human hand, its mechanism and vital endowments (7. Aufl., Lond. 1865; deutsch, Stuttg. 1851).

Hand, Ferdinand Gotthelf, Philolog, geb. 15. Febr. 1786 zu Plauen im sächsischen Vogtland, vorgebildet zu Sorau, studierte seit 1803 in Leipzig, habilitierte sich 1809 daselbst, wurde 1810 an Passows Stelle Professor am Gymnasium zu Weimar, 1817 außerordentlicher und noch in demselben Jahr ordentlicher Professor der Philosophie und griechischen Litteratur sowie Mitdirektor des philologischen Seminars in Jena, unterrichtete seit 1818 an wöchentlich zwei Tagen die Prinzessinnen Marie und Auguste von Sachsen-Weimar, welche er auch 1824 auf ein Jahr nach Petersburg begleitete, erhielt 1837 den Hofratstitel und starb 14. März 1851 in Jena. Sein Hauptwerk ist: "Tursellinus, seu de particulis latinis commentarii" (Leipz. 1829-45, 4 Bde.; unvollendet). Wir nennen noch: "Lehrbuch des lateinischen Stils" (Jena 1833; 3. Aufl., bearb. von Schmitt, 1880); "Praktisches Handbuch für Übungen im lateinischen Stil" (das. 1838, 2. Aufl. 1850); seine mit reichen Anmerkungen versehene Ausgabe von Gronovs "Diatribe in Statii Silvas" (Leipz. 1812, 2 Bde.) sowie die des Statius selbst (das. 1817, Bd. 1; unvollendet). Auch eine "Ästhetik der Tonkunst" (Jena 1837-41, 2 Bde.) gab er heraus. Vgl. Queck, F. G. H. nach seinem Leben und Wirken (Jena 1852).

Handalphabet, s. Gebärdensprache.

Handänderungsabgaben, s. Verkehrssteuern.

Handarbeiten, weibliche, erstreckten sich ursprünglich in den einfachen Verhältnissen, welche unsrer jetzigen Kultur vorausgegangen sind, auf die gesamte Ausstattung des Hauses. Neben der Besorgung der Lebensmittel und Wartung der Kinder war die Arbeit der Frauen vorwiegend auf Herstellung der Kleidung gerichtet. In den frühsten Kulturepochen finden wir die Frauen mit Flechten, Spinnen, Weben, Verfertigen und Verzieren der Kleider beschäftigt. Bei Völkern, welche noch auf niedrigster Kulturstufe verharren, besteht dieser Zustand auch zur Zeit noch in vollem Umfang. Bei vorschreitender Entwickelung bilden sich einzelne Industriezweige, welche einzelne Teile dieser Handarbeit zum Gegenstand ihrer Thätigkeit machen. So entstehen allmählich die Innungen der Weber, Färber, Schneider, welche im Mittelalter nur ganz ausnahmsweise den Frauen die Mitarbeit gestatten, in den meisten Fällen die Frauenarbeit sogar durch ihre Zunftregeln direkt verbieten. Wenn sich daneben bis zum Anfang unsers Jahrhunderts immer noch in bescheidenern Verhältnissen die Hausarbeit erhalten konnte, Webstühle und Farbekessel noch in allen Dörfern zu finden waren, so verschwand auch dieser Rest, als die große Fabrikation mit ihrer Maschinenindustrie im Lauf unsers Jahrhunderts eintrat, welcher nicht einmal das von Männern systematisch betriebene Handwerk widerstehen konnte. In der Konkurrenz mit der Maschinenarbeit kann die Handarbeit heute nur dadurch bestehen, daß kunstverständige Leute den Wert der Manufaktur vor der Maschinenarbeit zu schätzen wissen und Handarbeiten die aufgewendete Mühe vergüten. Im allgemeinen ist der Gegensatz zwischen Maschinen- und Handarbeit eine der schwierigsten sozialen Fragen, deren Lösung noch nicht gefunden worden ist. Augenblicklich leidet die Handarbeit schwer unter der Massenproduktion durch Maschinen. Bei dieser Lage der Dinge ist es eine tadelnswerte Unsitte der Frauen aus höhern Ständen, H. für Geschäfte zu Preisen zu übernehmen, welche so niedrig sind, daß der auf den Ertrag ihres Fleißes angewiesenen Handarbeiterin die Konkurrenz erschwert oder ganz unmöglich gemacht wird. Durch diese Konkurrenz wird ein sozialer Schade geschaffen, welchem durch kein Gesetz Abhilfe werden kann. Man muß unter den gegenwärtigen Kulturverhältnissen darauf bedacht sein, der Maschinenthätigkeit das zu überlassen, was diese zu leisten vermag, und innerhalb der Handarbeit lediglich dasjenige Element zu pflegen, welches die Maschine nicht ausbilden kann. Dieses Gebiet verringert sich immer mehr; selbst die Anfertigung von Wäsche und fertigen Kleidern wird bereits fabrikmäßig betrieben, so daß für die Schneiderei meistens nur das Richtigstellen der auf den allgemeinen Normalmaßen basierten Kleidungsstücke übrigbleibt und es schließlich der Vorzug besser gestellter Kreise wird, Kleidungsstücke zu besitzen, welche eigens für das Maß ihres Körpers angefertigt sind. Auf weiten Gebieten der Damenschneiderei, besonders für alle schweren Stoffe, Mäntel und Umhänge, sowie ferner für den größten Teil der sogen. Putzarbeit ist die freie Handarbeit bereits so gut wie verdrängt. Die Herstellung männlicher Kleidungsstücke ist, höchstens mit Ausnahme der Wäsche und untergeordneter Gegenstände, wie der Krawatten, ebenfalls den Frauen vollständig abgenommen. Als w. H. im engern Sinn sind jetzt nur diejenigen Arbeiten zu bezeichnen, welche den Frauen eigentümlich sind und von ihnen ohne Zuhilfenahme des Maschinen- und Fabrikwesens im Haus ausgeführt werden können; hierbei bleibt nur diejenige Handarbeit übrig, die ein künstlerisches Element in sich birgt, mit welchem die Maschine bei ihrer einseitigen Richtung auf die Massenproduktion nicht konkurrieren kann.