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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Handarbeiten, weibliche

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Handarbeiten, weibliche (als Gegenstand des Unterrichts).

Renaissance", herausgegeben vom Österreichischen Museum; J. ^[Julius] Lessing, Altorientalische Teppichmuster (Berl. 1877); Derselbe, Muster altdeutscher Leinenstickerei (das. 1879-80, 3 Sammlungen); "Muster altitalienischer Leinenstickerei" (hrsg. von Frieda Lipperheide, das. 1880-83, 2 Hefte); "Album für Stickerei" von Friedr. Fischbach (s. d.); Gayette-Georgens, Die Schulen der weiblichen Handarbeit (3. Aufl., Leipz. 1884, 12 Hefte); Cocheris, Stickmuster des 16. Jahrhunderts (2. Aufl., Par. 1873); Sibmacher, Musterbuch von 1597 (neue Ausg., Wien 1882) und Musterbuch von 1604 (neue Ausg., Berl. 1880, in Farben, und 1881); Drahan, Stickmusterbuch; Stassow, L'ornement russe; Lay, Ornamente südslawischer Haus- u. Kunstindustrie (Agram 1878-83, 20 Hefte); Hoffmann, Spitzenmusterbuch von 1607 (neue Ausg., Wien 1876); Pallisser, History of lace (3. Aufl., Lond. 1875); Ilg, Geschichte der alten Spitzen (Wien 1876); Teschendorff, Kreuzstichmuster für Leinenstickerei (Berl. 1879-83); E. v. Manteuffel, Album altdeutscher Leinenstickerei (Harb. 1883); M. Clasen-Schmid, Handbuch für Frauenarbeiten (2. Aufl., Leipz. 1883); G. Hirth, Album für Frauenarbeit (Münch. 1880).

Handarbeit als Gegenstand des Unterrichts.

Wenn schon früher einzelne Stimmen auf die praktische und pädagogische Wichtigkeit der Anleitung zu allerlei Handarbeit hingewiesen hatten, so war es doch wesentlich das vorige Jahrhundert mit seinem auf das Gemeinnützige gerichteten Sinn, welches dieser Anregung in weiterm Umfang Folge gab und die Handarbeit geradezu als Unterrichtsgegenstand in die Schulen und Erziehungsanstalten einführte. Anfangs wurde in dieser Hinsicht zwischen Knaben und Mädchen kein grundsätzlicher Unterschied gemacht. Wie G. Locke für den jungen Edelmann Gartenarbeit und Tischlerei empfiehlt, wie dem entsprechend A. H. Francke in seinen hallischen Anstalten die Knaben hobeln, drechseln, schnitzen ließ und J. Möser die Unterweisung der Gymnasiasten in einem Handwerk verlangt, so ist seit jener Zeit immer wieder angeregt worden, die Handarbeit auch in Knabenschulen allgemein einzuführen. Bei den höhern Schulen suchte man darin mehr ein Gegengewicht gegen die geistige Arbeit und verfolgte allgemein pädagogische Zwecke. In der Volksschule und den ihrem Standpunkt entsprechenden Erziehungsanstalten herrschte dagegen der praktische Zweck der Vorbereitung für die Aufgaben des Berufslebens, Anregung zu gewerblicher Thätigkeit etc. vor. Trotz aller Bemühungen hat sich jedoch die Handarbeit der Knaben in den Schulen, namentlich in den deutschen Schulen, nicht allgemein einzubürgern vermocht. Die Freunde derselben finden sich darauf angewiesen, neben der Lernschule besondere Arbeitsschulen zu begründen. Über die in den letzten Jahren dazu vom skandinavischen Norden aus gegebene Anregung und die Bestrebungen des 1881 begründeten Allgemeinen deutschen Vereins zur Beförderung des Handfertigkeitsunterrichts s. Arbeitsschulen. - Weit allgemeiner ist der Handarbeitsunterricht in den Mädchenschulen durchgedrungen. Für die Einführung desselben wirkten im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts namentlich der Dekan Kindermann zu Kaplitz in Böhmen (später Ritter von Schulstein und Bischof von Leitmeritz; starb 1801) und der Pastor Wagemann zu Göttingen. Herzog Peter Friedrich Ludwig von Holstein-Oldenburg führte 1796 den Industrieunterricht, wie er damals meistens genannt ward, in den Schulen seiner Herrschaften ein. Friedrich Wilhelm III. von Preußen empfahl ihn 1799 zur Einführung an den Garnisonschulen; das von demselben erlassene Schulreglement für die katholischen Schulen in Schlesien vom 18. Mai 1801 schreibt auch für die Landschulen die Einrichtung von Industrieunterricht vor, in dem Spinnen, Stricken und Nähen gelehrt werden sollen. Im Lauf dieses Jahrhunderts ist denn allmählich der Unterricht in weiblichen Arbeiten fast ganz allgemein als notwendiger Unterricht der Mädchenschulen gesetzlich anerkannt worden. Seit 1835 der Kanton Aargau vorangegangen war, geschah dies zunächst überhaupt in der Schweiz, dann in einzelnen deutschen Staaten. Für Österreich wurde der Unterricht obligatorisch durch das Unterrichtsgesetz vom 14. Mai 1869. In Preußen erfolgte die allgemeine Einführung durch die Allgemeine Verfügung des Ministers Falk vom 15. Okt. 1872, wo es in § 38 heißt: "Der Unterricht in weiblichen Handarbeiten wird, wenn thunlich, schon von der Mittelstufe an in wöchentlich zwei Stunden erteilt". Es ist seitdem daran festgehalten worden, daß dieser Unterricht einen unerläßlichen Teil des Schulunterrichts bildet, von dem darum eine einzelne Schülerin ohne zwingende Gründe nicht entbunden werden kann. Das auf dem Land noch immer nicht ganz geschwundene Vorurteil, das sich namentlich auf die Befürchtung stützt, die weibliche Jugend werde durch die Ausbildung mit der Nadel der Landarbeit entzogen und in die Städte gelockt, könnte höchstens gegenüber einseitigen Übertreibungen Grund haben, denen die Unterrichtsverwaltung, wo sie sich zeigen, entgegentritt. Die Methode des Handarbeitsunterrichts, der früher meist als Einzelunterricht mit sehr schwankendem Erfolg erteilt ward, ist wesentlich verbessert durch die Berliner Lehrerin Rosalie Schallenfeld (1857), welche denselben als Klassenunterricht behandeln lehrte, die dazu nötigen Hilfsmittel (Wandtafeln etc.) herausgab und eine gehörige Stufenfolge der Fertigkeiten aufstellte. Der Handarbeitsunterricht beschränkt sich in einfachen ländlichen Verhältnissen auf Stricken, Stopfen, Nähen (Flicken); unter günstigern Umständen treten noch hinzu: Häkeln, Namensticken, Zuschneiden. In größern Orten hat sich demgemäß ein eigner Berufsstand der Handarbeitslehrerinnen gebildet, für deren Vorbildung bereits eine Anzahl eigner Anstalten (Seminare) besteht. Die Zulassung als Handarbeitslehrerin für mittlere und höhere Mädchenschulen ist in Preußen seit 1. April 1886 von dem Bestehen einer Prüfung abhängig, für die der Minister v. Goßler 22. Okt. 1885 eine eigne Ordnung erlassen hat, und die in jeder Provinz vor einer dazu bestellten Kommission abgelegt werden kann. In ähnlicher Weise hat sich fast überall der Handarbeitsunterricht in den Mädchenschulen entwickelt. Bevorzugte Pflege findet er namentlich auch in Süddeutschland (Württemberg) und der Schweiz. Vgl. A. Schallenfeld, Praktische Anweisung zur Erteilung des Handarbeitsunterrichts (1. bis 4. Stufe, 6. Aufl., Frankf. a. M. 1885); R. u. A. Schallenfeld, Der Handarbeitsunterricht in Schulen (7. Aufl., das. 1885); A. Schallenfeld und A. Hall, Wandtafeln für den Handarbeitsunterricht (das. 1876, 3 Abtlgn.); Müller, Elementarunterricht in weiblichen Handarbeiten (2. Aufl., Zür. 1878); Weißenbach, Arbeitsschulkunde (4. Aufl., das. 1885, 2 Bde.); Götz, Anleitung zum Handarbeitsunterricht (Darmst. 1882); Krause, Geschichte des Unterrichts in weiblichen Handarbeiten (in Kehrs "Geschichte der Methodik", Bd. 3, Gotha 1879).