Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Harmoniemusik; Harmonieren; Harmōnik; Harmonĭka; Harmonische Hand; Harmonische Reihe; Harmonische Teilung

165

Harmoniemusik - Harmonische Teilung.

("Lehrbuch der Harmonik", Leipz. 1880); doch sind dieselben durch die Beibehaltung der Generalbaßmethode und Generalbaßterminologie an einem glücklichen weitern Verfolg der anfänglich aufgestellten grundlegenden Sätze verhindert. Was der H. not thut, ist aber eine neue Methode, welche gestattet, die Fortschritte in der Erkenntnis der Prinzipien der Harmonie beim Unterricht nutzbringend zu verwerten. Die H. soll dem Schüler das musikalische Denken erleichtern, d. h. sie soll ihm nicht nur sagen, daß diese oder jene Akkordfolge möglich, üblich und korrekt ist (das zu "beweisen", gibt jede H. vor), sondern soll ihm das Verständnis des innern Wesens derselben erschließen, so daß er in den Stand gesetzt wird, dieselbe selbst an rechter Stelle und mit guter Wirkung zu schreiben; dazu gehört aber ein ganz andrer Aufbau des Lehrmaterials, eine andre Bezifferung, eine andre Terminologie. Daß wir auf dem Weg zu einer derartigen neuen Methode der H. sind, dafür fehlen die Anzeichen nicht. Bereits Gottfried Weber ("Theorie der Tonsetzkunst", 1817-21) machte einen Anlauf dazu; den Kern seines Systems bildet die Bezifferung der Dreiklänge und Septimenakkorde nach ihrer klanglichen Natur (G, g, g^{0}, G^{7}, g^{7}, G^{?}, ^{0}g^{7} = g h d, g b d, g b des, g h d f, g b d f, g h d fis, g b des f). Daß er die Generalbaßbezifferung nicht für ein brauchbares Vehikel der H. hielt, spricht er (S. 563, Anm.) unzweideutig genug aus; er sieht in ihr nur eine abbreviierte Notenschrift, was sie historisch auch ist. Vervollständigt wurde Webers Bezifferungsart durch E. F. Richter, welcher auch den übermäßigen Dreiklang als selbständigen Akkord aufnahm (G' = g h dis, G'^{7}= g h dis f, g^{?} = g b d fis, G'^{?} = g h dis fis, ^{0}g7^{0} = g b des fes). Richter macht auch bereits den Versuch, diese Bezifferungsart für die praktischen Arbeiten zu verwerten, und hebt damit die Einseitigkeit auf, daß der Harmonieschüler nur mit gegebener Baßstimme arbeiten lernt; in der letzten Auflage seiner "H." enthalten die Schlußkapitel eine erhebliche Anzahl von Aufgaben, in denen eine gegebene Sopran- oder Mittelstimme in der hier angedeuteten Weise beziffert ist. Damit ist der Anfang zur Beseitigung der Generalbaßmethode gemacht; es wird nur darauf ankommen, diese Bezifferung noch weiter ins Detail auszuarbeiten und sich ihrer nicht erst gegen Ende des Kursus, sondern von Anfang an und durchweg zu bedienen. Diesen Weg hat H. Riemann in der oben genannten "Skizze einer neuen Methode der H." eingeschlagen.

Harmoniemusik, eine nur mit Blasinstrumenten besetzte Instrumentalmusik, s. Orchester.

Harmonieren (franz.), in Harmonie fein, zusammenstimmen; harmonisch, zusammen-, übereinstimmend, Harmonie bewirkend.

Harmōnik (griech.), die Kunst der Harmonie- oder Akkordbildung, s. Harmonielehre. Vgl. Musik (Einleitung).

Harmonĭka, s. v. w. Glasharmonika (s. d.). Auch heißt so ein Kinderinstrument, bestehend aus einem kleinen Kasten, dessen obere Decke einen ungefähr drei Finger breiten Einschnitt hat, unter welchem verschieden große, in einer Skala abgestimmte Glasplättchen oder Metallstäbe auf zwei straff angezogenen Bändern liegen, die mit kleinen Hämmerchen geschlagen und so zum Klingen gebracht werden. Verwandt damit ist die Strohfiedel (s. d.). Vgl. auch Ziehharmonika und Mundharmonika.

Chemische H. heißt ein von Higgins 1777 angegebener Tonerzeugungsapparat, welcher aus einer kleinen Gasflamme (von Wasserstoff, Leuchtgas, Kohlenwasserstoff, Kohlenoxyd oder Schwefelwasserstoff) und einem senkrecht über dieselbe gestülpten Rohr besteht. Der Ton wird nur dann erzeugt, wenn sich die Flamme innerhalb des Rohrs in einer gewissen Höhe befindet, und ist immer einer von denen, welche dieselbe Luftsäule gibt, wenn sie auf andre Weise in Schwingungen versetzt wird; er wird durch Verlängern der Röhre, durch Decken und Halbdecken auf dieselbe Weise wie beim Anblasen abgeändert, und wenn man eine Flöte, an welcher man das Mundloch verstopft und den Pfropfen herausgezogen hat, statt des Glasrohrs nimmt, so kann man mit der Flamme Melodien blasen. Die Luftschwingungen, welche in der chemischen Harmonika den Ton erzeugen, werden erregt, indem der Wasserstoff den Sauerstoff der zuströmenden Luft nicht gleichmäßig, sondern stoßweise, wie Ofenfeuer bei lebhaftem Zug, aber in viel rascherm Tempo, verzehrt. Es werden sich deshalb kleinere Quantitäten Wasserstoff nach jedesmaliger Verbrennung ansammeln und erst plötzlich unter Verpuffung mit dem nachgeströmten Sauerstoff verbinden. Diese Erschütterungen folgen sehr schnell aufeinander und erzeugen mit dem ungleichmäßigen Luftstrom die Schwingungen, welche ihrerseits dann wohl das Tempo bestimmen mögen, in welchem die Verpuffungen stattfinden. Wenn diese Erklärung richtig ist, so sollte die Flamme Schwankungen erkennen lassen, während sie scheinbar ganz ruhig brennt. Läßt man aber nach dem Vorschlag von Wheatstone (1834) vor der Flamme einen Würfel rotieren, dessen vier vertikale Seiten mit Spiegelglas belegt sind, so erblickt man in der That ein leuchtendes Bild, welches etwas einer groben Säge mit sehr langen Zähnen gleicht. Zwischen den leuchtenden Zungen befinden sich dunkle Intervalle, welche auf die successiven Explosionen hindeuten. Ein in der Nähe einer chemischen Harmonika erregter musikalischer Ton, der mit dem der Harmonika nahezu im Einklang steht oder um eine Oktave höher ist, übt nach Schaffgotsch (1857) auf die schwingende Luftsäule im Rohr einen so mächtigen Einfluß aus, daß die Flamme in lebhafte Bewegung gerät und bei genügender Stärke des Tons erlischt. Eine noch schweigende Röhre kann durch einen äußern Ton zum Singen gebracht werden, wenn letzterer nur geringen Unterschied in der Tonhöhe von dem zu erzeugenden Ton besitzt.

Harmonische Hand (Guidonische Hand), ein der Sage nach von Guido von Arezzo (s. d.), in Wahrheit aber erst von den Schülern desselben erfundenes mechanisches Hilfsmittel für die Schüler der Solmisation (s. d.), das darin bestand, daß jedem Fingergelenk und auch den Spitzen der Finger die Bedeutung eines der 20 Töne des dermaligen Systems von Γ (Gamma, unserm großen G) bis e e (unserm e'', vgl. Buchstabentonschrift) beigelegt wurde, von denen der 20. (ee) über der Spitze des Mittelfingers schwebend gedacht wurde (er kam selten vor). Hatten die Schüler die Hand inne, so konnten sie im vollen Sinn des Wortes die Intervalle und Skalen an den Fingern abzählen.

Harmonische Reihe, die Reihe der reciproken Zahlen 1, ½, ⅓, ¼ etc.; ihre Summe ist unendlich groß, obgleich die einzelnen Glieder beständig abnehmen, je weiter man in ihr fortschreitet.

Harmonische Teilung. In der Geometrie wird eine geradlinige Strecke AB von dem zwischen A und B liegenden Punkt C und dem auf der Verlängerung von AB gelegenen Punkte D harmonisch geteilt, wenn AB das harmonische Mittel zwischen AC und AD,