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Heinrich (Frankreich).
seinem Palast, dem Louvre, durch Barrikaden eingeschlossen, fand aber Gelegenheit, nach Chartres zu entfliehen, und unterschrieb 19. Juli einen Vergleich, wonach dem Herzog von Guise die Würde eines Generalstatthalters, dem Kardinal von Bourbon das Recht der Thronfolge zugesichert und der Ligue das Versprechen der Ketzervertilgung gegeben ward. Diesen Vergleich beschwor der König sogar im Oktober in der Versammlung der Reichsstände zu Blois auf die Hostie; 23. Dez. aber wurde der Herzog von Guise im Vorzimmer des Königs ermordet, und sein Bruder, der Kardinal von Lothringen, erlitt am folgenden Tag dasselbe Schicksal im Gefängnis. Da erhoben sich Paris und andre Städte des Reichs im offenen Aufstand, während die Sechzehner das Parlament vertrieben und ein neues aus ihrer Mitte bildeten. Der König floh nach Tours und warf sich (3. April 1589) dem König von Navarra in die Arme, ward aber dafür vom Papst in den Bann gethan. Beide Könige zogen mit dem Heer der Hugenotten gegen Paris, aber im Lager zu St.-Cloud stieß ein junger fanatisierter Dominikanermönch, Jacques Clément, den König 1. Aug. 1589 nieder. Am folgenden Tag verschied H., nachdem er den König von Navarra zum Thronerben eingesetzt. Mit ihm erlosch das Haus Valois im Mannesstamm. Vgl. de la Barre-Duparcq, Histoire de Henri III (Par. 1882).
30) H. IV., König von Frankreich, der erste König aus dem Haus Bourbon, Sohn Antons von Bourbon und der Johanna d'Albret, Tochter und Erbin Heinrichs von Navarra und Béarn, geb. 13. Dez. 1553 zu Pau. Seine frühste Jugend brachte er auf einem öden Pyrenäenschloß in ländlicher Einfachheit zu, die seinen Körper stählte. Er wurde im protestantischen Glauben erzogen, dem seine Mutter und sein Oheim, Prinz Condé, mit Eifer anhingen. Trotz des Unterrichts durch gelehrte und würdige Männer lernte H. wenig, und der wiederholte Aufenthalt am Pariser Hof gab früh seinem lebhaften, scharfen Geist eine frivole und ironische Richtung. Der Tod seines Vaters vor Rouen 1562 machte ihn schon im neunten Jahr zum König von Navarra. Aber erst beim Ausbruch des zweiten Religionskriegs (1567) wurde er nominelles und nach dem Tod Condés bei Jarnac (13. März 1569) wirkliches Oberhaupt der Hugenotten. Nach dem Frieden von St.-Germain (1570) sollte er sich mit Karls IX. Schwester Margarete vermählen und diese Heirat die Aussöhnung besiegeln. Sechs Tage nach derselben, 24. Aug. 1572, fand das furchtbare Gemetzel statt, das unter dem Namen der Bluthochzeit oder Bartholomäusnacht bekannt ist. Dem stündlich erwarteten Tod konnte sich H. nur durch den Besuch der Messe entziehen; nachher am Hof in ehrenvoller Gefangenschaft zurückgehalten, gewann er durch die Maske eines gutmütigen, harmlosen Menschen das Vertrauen König Heinrichs III., ja selbst Heinrichs von Guise. Aber bei der ersten Gelegenheit (3. Febr. 1576) entfloh er aus Paris und stellte sich an die Spitze der Hugenotten, deren Glauben er auch wieder annahm, die er aber, selbst ohne tieferes religiöses Gefühl, nur als eine politische Partei betrachtete und zur Erlangung einer einflußreichen Stellung ausnutzte. Er erwirkte auch 1580 den vorteilhaften Frieden von Fleix. Indes schon 1585, als der Tod Franz' von Anjou (10. Juni 1584) H. zum legitimen Thronerben machte und die katholische Ligue, von Papst Sixtus V. und Philipp II. von Spanien unterstützt, Heinrichs Oheim, den altersschwachen Kardinal von Bourbon, als Thronfolger proklamierte, brach ein neuer Krieg aus, in dem H. die ganze Spannkraft seines Geistes, seine glänzenden militärischen und politischen Fähigkeiten bewies. Am 20. Okt. 1587 schlug er das königliche Heer bei Coutras. Eine entscheidende Wendung trat dann ein, als Heinrich III. nach der Empörung von Paris und der Ermordung Heinrichs von Guise (23. Dez. 1588) in sein Lager flüchtete und beim Zuge gegen die aufrührerische Hauptstadt 1. Aug. 1589 ermordet wurde. Nun war H. nach dem Salischen Gesetz König von Frankreich, indessen die Behauptung des Throns war schwierig. Zwar gewann G. die Partei der Politiker für sich und wußte sich die Anhänglichkeit seiner katholischen und protestantischen Freunde durch kluges und liebenswürdiges Benehmen zu erhalten. Aber die Ligue unter Guises Bruder, dem Herzog von Mayenne, und Paris blieben unversöhnliche Gegner und wurden von Spanien mit Geld und Truppen versehen. Indes erlitten sie 14. März 1590 bei Ivry eine fruchtbare Niederlage, die H. selbst durch einen Kavallerieangriff auf das beste feindliche Korps entschied. H. begann nun die Belagerung von Paris, jedoch dies wie nachher Rouen wurden von spanischen Heeren entsetzt. Seine Armee verlief sich nach dem erfolglosen Feldzug von 1592, und Mayenne wagte es, für Januar 1593 die Generalstände des Reichs behufs einer neuen Königswahl nach Paris zu berufen. Ehe es aber zu dieser kam, welche durch die Rivalität Spaniens und Mayennes erschwert war, gewann H. durch seinen abermaligen Übertritt zur katholischen Religion (in St.-Denis 23. Juli 1593) die Schwankenden für sich, beugte durch dies bei seinem religiösen Indifferentismus leichte Opfer einer dauernden Spaltung Frankreichs vor und ermöglichte die Herstellung des Friedens. Sogleich fielen ihm die meisten noch rebellischen Provinzen und Städte zu; 27. Febr. 1594 wurde er in Chartres gekrönt, und 22. März öffnete ihm Paris die Thore. Zwar machte ein junger Pariser, Châtel, der, aufgeregt durch die Lehren der Jesuiten, ein lasterhaftes Leben durch eine gottgefällige That sühnen wollte, 27. Dez. 1594 noch einen Mordanfall auf H. und verwundete ihn an der Oberlippe, worauf durch Parlamentsbeschluß die Gesellschaft Jesu aus Frankreich verbannt wurde. Indes sprach Papst Clemens VIII. 15. Sept. 1595 den König von allen kirchlichen Strafen los, 1596 unterwarf sich die Liga und ihr Haupt Mayenne zu Folembray, 2, Mai 1598 schloß auch Philipp II. von Spanien zu Vervins Frieden; das Edikt von Nantes (13. April 1598) aber sicherte den frühern Glaubensgenossen Heinrichs ihre Gleichstellung mit den Katholiken.
Einen kurzen Krieg mit Savoyen um Saluzzo (1600), in dem H. die Provinz Bresse erwarb, und einige Aufruhrversuche abgerechnet, hatte der König nun zwölf Jahre Ruhe, die er zur Reorganisation des durch die Bürgerkriege arg zerrütteten Reichs verwendete. Mit rastloser Thätigkeit arbeitete er daran und wurde dabei durch seinen klaren, raschen Blick, sein treffliches Gedächtnis und durch seine Räte unterstützt, die er vortrefflich auszuwählen wußte, und denen er die allgemeine Direktion selbst gab. Zunächst galt es, die Autorität der Staatsgewalt wiederherzustellen und ein starkes Königtum zu errichten. Er erhielt die katholische Kirche in ihrer Abhängigkeit von der königlichen Gewalt, entzog dem Adel das Recht, Truppen zu halten, vernichtete die Macht der Gouverneure der Provinzen und beseitigte die munizipale Selbständigkeit; die Generalstände wurden nie zusammenberufen, die Provinzialstände in enge Schranken gewiesen. Eine kleine stehende