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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Heizung

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Heizung (Lokalheizung: verbesserter Kamin).

ten. Auf diese Weise sollen die Zimmer, durch welche das Rauchrohr geht, hinreichend geheizt werden, um als Schlafzimmer zu dienen. Bei der Verwendung derartiger verlängerter Rauchrohre ist aber zu beachten, daß sich in denselben bei sehr starker Abkühlung der Feuerungsgase Kondensationsprodukte (Teer, ammoniakalisches oder saures Wasser) ansammeln, welche das Eisen zerstören, ferner, daß die Entfernung von Ruß aus den langen Rohren sehr lästig ist, und endlich, daß dem Schornstein eine bestimmte Menge Wärme zugeführt werden muß, wenn der Zug im Ofen hinreichend stark bleiben soll. Die Abführung des Rauches wird um so eher eine Störung erleiden, als ohnedies zur Überwindung des größern Widerstandes in dem langen, meist gewundenen Rohr der Zug stärker sein muß. Die Heizgase dürfen auf 120° abgekühlt in den Schornstein übertreten. Es gilt aber nicht als rationell, dieselben mit einer höhern Temperatur als 200° abziehen zu lassen.

Die den Heizraum umschließenden Wände sollen die Wärme aufnehmen und an ein wärmetragendes Medium (Luft, Wasser, Dampf) abgeben. Diese Wärmeaufnahme und Wärmeabgabe hängt im wesentlichen von der Leitungsfähigkeit des Materials und von der Natur des wärmeabgebenden und des wärmeaufnehmenden Mediums ab. Bei 1° Temperaturdifferenz und 1 qm Fläche überträgt eine 1 cm starke Thonplatte aus Luft oder Rauch in Luft stündlich 5 Wärmeeinheiten, eine Wand von Gußeisen oder Eisenblech 7-10 Wärmeeinheiten, eine gußeiserne oder schmiedeeiserne Wand dagegen aus Luft und Rauch in Wasser (und umgekehrt) 13-20 Wärmeeinheiten und aus Wasserdampf in Luft 11-18 Wärmeeinheiten. Da auch die innere und äußere Oberfläche dieser Umschließungen des Heizraums von Belang ist, so muß jede Auflagerung von Ruß, Asche, Staub, welche die Wärmeeaufnahme ^[richtig: Wärmeaufnahme] und Wärmeabgabe behindert, möglichst vermieden werden. Zur Erleichterung der Wärmeabgabe seitens der Heizfläche, bez. zum Schutz vor Überhitzung wird der äußern Oberfläche des Heizkörpers entweder eine große Ausbreitung gegeben, wodurch der Heizapparat viel Raum beansprucht, oder man vergrößert dieselbe ohne merkliche Volumvermehrung, indem man sie mit vertikalen Rippen versieht. Eine durch Dampf erhitzte gußeiserne Röhre mit acht Rippen von 4,5 cm Höhe gibt im Vergleich zu einer glatten Röhre von gleicher Länge, lichter Weite und Wandstärke 9,55 Wärmeeinheiten (auf 1° Temperaturunterschied und 1 Stunde) mehr ab.

Bei den Heizanlagen unterscheidet man Lokal- und Zentralheizung. Bei der ersten heizt jedes Zimmer ein besonderer Ofen, welcher in dem Zimmer selbst steht, während bei der Zentralheizung ein mehreren Zimmern gemeinsamer Ofen gewöhnlich im Keller des Hauses aufgestellt ist, von wo die Wärme durch Vermittelung von Luft, Wasser oder Dampf an die einzelnen Zimmer übertragen wird.

Lokalheizung.

Die Lokalheizung geschieht durch zweierlei Heizvorrichtungen: durch den Kamin oder durch den Ofen. Der Kamin bildet den Übergang vom offenen Herdfeuer zum Ofen. Er besteht aus einer halb offenen Feuerstelle, für welche in der Wand eine Nische ausgespart ist, und von der die Verbrennungsgase fast direkt in einen weiten Schornstein gelangen. Die Erwärmung des Zimmers erfolgt also vorwiegend durch Strahlung, und bei Holzfeuerung, bei der das Strahlungsvermögen sehr gering ist, wird nur 1/16 der vom Brennmaterial entwickelten Wärme verwertet. Überdies verursacht der Kamin eine ungemein kräftige Ventilation, die warme Luft strömt lebhaft ab, und die durch alle Fugen als Ersatz eintretende kalte Luft wird oft als Zug empfunden. Außerdem ist der Kamin gegen Witterungseinflüsse sehr empfindlich und raucht leicht. Die ursprüngliche Form des Kamins ist aber vielfach vervollkommt worden. Bei Einfügung eines Rostes kann man mit Steinkohlen und Koks heizen, die mehr strahlende Wärme geben; man heizt aber auch mit Gas und verdeckt die Brennermündungen durch Ziegelstücke, welche glühend werden und viel Wärme ausstrahlen. Ferner wurde der Feuerherd aus der Wand hervorgerückt, um die strahlende Wärme besser auszunutzen. Die Kaminöffnung und die Abzugsöffnungen für die Verbrennungsgase erhielten kleinere Querschnitte, um vollkommnere Verbrennung und langsameres Abströmen der Gase zu erreichen. Der Feuerherd ist stabil oder auf Rollen beweglich, als Rost nimmt man einen Feuerkorb (Korbrost), welcher durch eine Vergitterung das Herausfallen von Brennmaterial verhindert. Der Kamin erhält eine Rückwand aus Schamottesteinen oder aus einer eisernen Platte; die Schamottewand steht frei und ist durchlöchert, damit

^[Abb.: Fig. 1. Querschnitt. Fig. 2. Vorderansicht. Fig. 1 u. 2. Kaminofen von Wille.]